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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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Beispiel aus Ungarn, Polen, Tschechien, aus Zypern oder von einer Offshore-Bank. Die Mitglieder von russischen Mafia-Organisationen traten in der Schweiz als Geschäftsleute auf, sie gründeten Firmen und investierten hier ihr Geld. Lisa sagte, dass die organisierte Kriminalität aus der GUS über ein grosses Beziehungsnetz in der Schweiz verfügte, zu Anwälten, zu einflussreichen Wirtschaftsvertretern und zu Politikern.
    Je länger Lisa gesprochen hatte, umso mehr hatte ich das Gefühl, bei AdFin und auch bei Perren auf der richtigen Spur zu sein. Ich brachte die Sprache wieder auf die Möglichkeit, AdFin mit Juris Dateien etwas nachzuweisen.
    Lisa schüttelte den Kopf: «Unser Hauptproblem ist, dass Geldwäscherei nur gegeben ist, wenn eine strafbare Vortat vorliegt. Selbst bei Bankenmeldungen über verdächtige Geldtransaktionen müssen wir wissen, aus welchen kriminellen Vortaten das Geld stammt. Wenn die Vortat nicht ermittelt werden kann, was leider meistens der Fall ist, kann der Fall nicht vor Gericht gebracht werden.»
    Lisa rutschte, langsam ungeduldig, auf ihrem Stuhl herum.
    «Und noch etwas. Wenn an der Sache wirklich etwas dran ist, dann wäre es durchaus möglich, dass dein Freund umgebracht wurde. Du kannst dir vorstellen, was das für dich bedeutet. Das wären dann Profis. Ich glaube nicht, dass du etwas unternehmen kannst. Besser gesagt, du solltest nichts unternehmen. Die Augen offen halten vielleicht, und da bin ich froh, wenn du uns informierst. Ich meine, wenn du bei Juri Salnikow noch irgendetwas findest oder so.»
    Sie gab mir ihre Telefonnummer, auch die private. Der Schluss des Gespräches deprimierte mich. Lisa hatte recht, und mehr noch. Ich wusste gar nicht, was ich hätte unternehmen können. Ich sagte es ihr.
    «So bringst du dich wenigstens nicht in Gefahr», meinte sie. Sie lächelte mich noch einmal mit ihrem heimlich frechen Grinsen an und war verschwunden. Ich blieb alleine in der Gaststube zurück und rief zur Tür hinüber, dass ich bezahlen wollte. Achtlos steckte die Serviceangestellte das Geld, das ich ihr gab, ins Portemonnaie. Ich persönlich hatte gar kein Problem damit, schmutziges Geld in Umlauf zu bringen. Ohne jemals nach seiner Herkunft gefragt zu werden.

20
    Die Begegnung mit Lisa hatte mich gefreut, trotzdem war ich froh, dass dieser Tag vorbeiging. Tobias’ Computerinhalt war ein Reinfall gewesen. Die Stiftung Caris liess nichts mehr von sich hören. Als ich an der Tankstelle vorbeilief, dachte ich wieder einmal an meinen leeren Kühlschrank. Im Tankstellenshop war ich Stammgast. Wie schon oft stand ich vor dem Gestell mit Fertigsuppen, Ravioli in Dosen, Rösti im Beutel, die Auswahl war mir sattsam bekannt. Dann halt heute kein Abendessen, aber ein Bier; ich holte ein Sixpack vom Regal herunter. So langsam war sogar ich der Meinung, dass ich meine Ernährungsweise verbessern sollte. Ich nahm mir vor, morgen richtig zu kochen. Und für ein halbwegs gesundes Frühstück konnte ich sorgen, ich kaufte Milch, Orangensaft, in Plastik verschweisstes Schwarzbrot und ungarische Eier.
    Ich war an der Kasse angelangt, als mir der blaue Volvo auffiel, der etwas abseits der Zapfsäulen stand. Mit einer Walliser Autonummer. Ein Mann hinter dem Steuer, den Eingang zu meinem Wohnblock im Blick. Ich zahlte. Draussen vor dem Shop blieb ich hinter den Zeitschriftenständern stehen. Ich konnte die Person im Wageninnern nicht erkennen. Eine Frau ging quer über die Tankstelle zu ihrem Wagen und startete ihn. Als ihre Scheinwerfer aufleuchteten, erkannte ich den Mann. Es war der junge Tramper, von dem der Bademeister gesprochen hatte und den ich auf dem Friedhof gesehen und anschliessend verfolgt hatte. Ich suchte die Gegend ab nach einem zweiten Mann.
    Nichts. Nur der Jüngling im blauen Volvo. Ich trat in den Laden zurück. Sie beobachteten also mein Haus. In meine Wohnung konnte ich nicht. Ins Büro auch nicht, denn falls sie mich schon bemerkt hatten, würden sie mir dorthin folgen. Ich stand neben dem Gestell mit Autozubehör. Ich starrte auf Kabelbinder und spürte die Pistole, die ich seit dem Kauf manchmal mit mir herumschleppte, in meiner Manteltasche.
    Ich kaufte die Kabelbinder. Ich entsicherte die Waffe oder tat mindestens das, wovon ich annahm, dass es sie entsicherte. Wieder versteckte ich mich hinter den Zeitungsständern, bis ein neu angekommenes Auto Betrieb auf die Tankstelle brachte. Dann trat ich von hinten auf den Volvo zu und stieg ein. Ich weiss nicht, was ich

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