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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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entgangen war, dass der Polizeiposten, den ich anrief, anscheinend nicht einmal das Telefon bediente. Ich hielt das Natel immer noch an mein Ohr gepresst, schnell nahm ich es herunter.
    «Man hat mir gesagt, ich soll den Bademeister, Pereira, ablenken und schauen, dass er eine Stunde später abschliesst als gewöhnlich. Sonst nichts.»
    «Wer hat gesagt, du sollst Pereira ablenken?»
    «Perren», sagte er nach kurzem Überlegen. «Perren hat mich darum gebeten. Und ich hatte keinen Grund, es nicht zu tun. Es ist nicht verboten, jemanden auf der Arbeit zu besuchen. Ich habe mich mit dem Portugiesen unterhalten. Ich habe ihn abgelenkt, das wollte Perren von mir. Sonst nichts. Dann bin ich weg, nach einer Stunde. Draussen habe ich Perren angerufen, um zu sagen, dass Pereira jetzt wieder alleine sei.»
    «Hast du irgendetwas gesehen? Andere Personen, ausser Pereira? Hast du etwas gehört?»
    Jetzt zögerte er.
    «Vom Massagezimmer aus», er unterbrach sich, musste schlucken, so langsam war seine Gleichgültigkeit verschwunden. Der Kerl war nicht nur zugedröhnt, er war auch sehr jung, das war mir inzwischen klar. «Als ich aus dem Massagezimmer rauslief, habe ich zwei Typen gesehen. Nur von weitem, aber es war jemand im Bad, ausser mir und dem Portugiesen, meine ich. Mehr weiss ich nicht.»
    «Hast du die zwei gekannt? Wie sahen sie aus? War Padun dabei, so heisst doch der Mann, dem das Auto gehört?»
    «Ich kannte die beiden nicht, und Padun war nicht dabei, nein, niemand von Leuk. Sie waren weit weg, ganz am Ende des Gangs. Nur einer der beiden hat sich umgedreht, ein hagerer Typ mit dunkeln Haaren. Den anderen habe ich nur von hinten gesehen. Auch schwarze Haare, zusammengebunden in einem Rossschwanz. Fremde.»
    Zwei Männer, keiner von beiden Juri, der ja lang und blond war. Ich quetschte den Jungen weiter aus. Perren hatte ihn an diesem Tag auf der Strasse aufgelesen, als er im Regen von Leuk nach Leukerbad hochlief. Es stimmte, dass er zu seiner Tante wollte, dass er kein Geld hatte und dass er nicht wusste, wo übernachten. Perren hatte ihn im Auto mitgenommen. Die beiden kannten sich, denn beide stammten aus Leuk. Dubach hatte schon ab und zu Hilfsdienste für Perren verrichtet. Perren bat ihn um einen Gefallen, vermutlich im Wissen, dass Dubach keine Fragen stellen würde, weil es ihm egal war, um was es ging. Solange Perren zahlte.
    Wir sassen nun seit einer halben Stunde im Auto, die Scheiben hatten sich beschlagen. Ich merkte, dass der Typ keine Angst mehr vor mir hatte, falls er die jemals gehabt hatte. Und ich hatte keine Angst mehr vor ihm. Er fragte mich, wer ich sei und was ich wollte, aber ich gab keine Antwort.
    «Eine Polizistin bist du nicht. Das habe ich keine Sekunde lang geglaubt. Weil die Schmier, die kenne ich», versuchte er, mich zu provozieren, aber ich reagierte nicht. Ich überlegte. Ich brauchte seine Zeugenaussage, sie war das einzige, was ich hatte. Er hatte zwei Männer im Bad gesehen. Zwei Männer, die nicht identisch waren mit meinen Verfolgern in der Schlucht, die beide helle kurze Haare gehabt hatten.
    Sobald Perren Druck machte, würde Dubach die Aussage zurücknehmen, das war das Problem. Ein zuverlässiger Zeuge war er nicht.
    «Was wolltest du an der Tankstelle?», fragte ich ihn.
    «Ich war mit Padun unterwegs. Ich sollte bei der Tankstelle im Auto auf ihn warten, er musste in der Gegend etwas erledigen.»
    «Wer ist eigentlich Padun?»
    «Einer, der für Perren arbeitet.»
    «Aus Leukerbad?»
    «Er kommt aus Visp, glaube ich.»
    «Warst du mit ihm an Juri Salnikows Begräbnis?»
    «Ja.»
    Padun also hiess einer der Verfolger aus der Schlucht, gut, das endlich zu wissen, und laut Fahrzeugpapieren sassen wir jetzt in seinem Auto.
    «Was wollte Padun in der Gegend erledigen? Und warum solltest du das Haus gegenüber der Tankstelle beobachten?»
    Einiges wusste er, da war ich mir sicher.
    «Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Mord am Russen und dem, was sie im Haus bei der Tankstelle suchen? Was suchen sie jetzt noch im Haus des toten Russen?»
    Dubach sah mich überrascht an.
    «Keine Ahnung. Hat der Russe dort gewohnt? Das wusste ich nicht. Was läuft jetzt? Lassen Sie mich noch lange so sitzen? Ich kann nicht mehr sagen, als ich weiss.»
    Er bewegte sich unruhig auf dem Autositz hin und her, seine Hände waren inzwischen ziemlich rot. Ich fasste sie an, sie waren eiskalt.
    «Hör mal, der Russe, Juri Salnikow, war mein Freund. Ich möchte wissen, um was es geht,

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