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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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zurecht machen; legt er sich auf dieses Bette, so ist er nicht Fürst Dardawan, sondern der Schuster Gorja.«
    Als der Abend kam, und es schon spät war, befahl Mistafor, dem Schuster sein gutes Bette zu schicken, und als sie das Bette brachten, sagte Mistafor zu dem vermeinten Zarewitsch, er würde sich nun bei Annäherung der Nacht entfernen und zur Ruhe begeben. Gorja ging in's Schlafgemach, sah, daß das nicht das Bette sei, von welchem ihm sein Diener Prituitschkin gesagt hatte, rief sogleich den, Prituitschkin, als wäre er in großem Zorne und schlug ihn sehr heftig in's Gesicht, indem er sagte: »Wenn du Schurke weißt, daß ich hier übernachte, warum hast du mir mein Bette nicht zurechtgemacht? Du weißt ja, daß ich immer auf meinem hundertpudigen Bette schlafe. Gehe schnell und bringe dieses Bette hierher.« – Prituitschkin lief eilig und brachte das hundertpudige Bette, welches er bei dem Fürsten Dardawan gestohlen hatte.
    Der Schuster Gorja entkleidete sich und legte sich auf das Bette, und Dogada befahl vorsätzlich eine Menge Lichter anzuzünden und in sein Schlafzimmer zu bringen; doch Gorja zauderte nicht, sie alle fortzujagen mit den Lichtern, und befahl dem Prituitschkin, ihm den Stein zu geben, welchen ihm dieser auch sogleich brachte, denn er hatte auch diesen leuchtenden Stein zugleich mit dem Bette dem Fürsten Dardawan gestohlen. Gorja stellte diesen Stein auf den Tisch und legte sich schlafen, und von diesem Stein verbreitete sich ein so helles Licht, daß es – wovor Gott behüte! – heller, als ein Feuerschein am Himmel glänzte. Mitten in der dunklen Nacht schickte Dogada zu dem Schuster Gorja in's Schlafgemach eine ihrer Mägde und befahl ihr, diesen leuchtenden Stein vom Tische zu stehlen. Kaum aber kam die Magd in's Schlafzimmer und wollte den Stein wegnehmen, so sprang plözlich der Diener Prituitschkin, welcher neben der Thüre lag, hervor und sagte: »Ist es nicht schändlich von dir, hübsches Mädchen, deinen zukünftigen Herrn zu bestehlen? Dafür mußt du mir jezt ein Pfand lassen.« Er zog der Magd die Jupe und das Wamms aus, nahm ihr das Kopftuch und entließ sie so. Die Magd ging zu ihrer Herrin Dogada, und erzählte ihr den ganzen Vorfall; doch Dogada verzagte nicht, und nach einer Stunde schickte sie in der Meinung, daß der Schuster Gorja und sein Diener Prituitschkin schliefen, ein andres Mädchen, den Stein zu stehlen. Als diese in das Schlafgemach kam, verfuhr Prituitschkin auf gleiche Weise, nahm ihr die Jupe, das Wamms und das Tuch vom Kopfe, und ließ sie wieder fort. Darauf abermals nach einer Stunde kam Dogada in der Meinung, daß sie endlich eingeschlafen wären, auf den Gedanken, selbst zu gehen und den Stein zu stehlen; aber kaum trat sie in das Schlafgemach zu dem Schuster Gorja und legte die Hand an den Stein, so sprang Prituitschkin auf, ergriff sie sogleich und sagte: »Wie? ist es nicht eine Schande für eure Gnaden, solches Unheil anzustiften? Es schickt sich nicht für die Tochter eines so angesehenen Vaters, zu solchem Geschäft auszugehen, und dafür, schönste Fürstin, bitte ich, mir ein Pfand zu lassen.« – Nach dem Gesagten, wie nach dem Geschriebenen, nahm Prituitschkin ihr die Jupe, das Wammes und das Kopftuch, und entließ Dogada mit Scham und Reue.
    Als den folgenden Tag früh der Schuster Gorja Krutschinin aufstand, erzählte ihm sein Diener Prituitschkin, was in der Nacht vorgegangen war, und gab dem Schuster Gorja den Rath, wenn er zu Mistafor käme, und Mistafor finge an, ihm Räthsel aufzugeben, so möchte er ihm antworten, »er rathe keine Räthsel, sondern er gebe selbst Räthsel auf:« »und dann,« fuhr er fort, »gib dem Mistafor folgendes Räthsel auf: »Ich ging spazieren auf euren grünen Wiesen, fing drei Ziegen, und zog von jeder drei Felle ab.« Wenn Mistafor zweifelt und sagt, es sei nicht möglich, daß sich drei Felle auf einer Ziege befänden, so rufe mich und befiehl mir, diese Felle zu bringen.
    Als der Schuster Gorja den neuen Unterricht seines Dieners Prituitschkin vernommen hatte, ging er zu Mistafor, und Mistafor fing an, ihm Räthsel aufzugeben. Gorja antwortete darauf: »Ich löse nicht Räthsel, sondern gebe sie selbst auf.« Und er sprach zu ihm: »Ich ging spazieren auf euren grünen Wiesen, fing drei Ziegen, und zog von jeder drei Felle ab.« – Mistafor zweifelte sehr und sagte: Es ist unmöglich, daß auf jeder Ziege drei Felle seien.« – »Allerdings ist es so und gewiß richtig,« sagte der Schuster

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