Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
Vom Netzwerk:
und seiner Tochter. Wenn du zu Bette gehst und man dir eine Menge Lichter gibt, so sage ihnen, daß sie diese Lichter wegnehmen, und befiel mir einen Stein zu bringen, welchen Fürst Dardawan immer bei Nacht auf den Tisch legt. Ich bringe dir diesen Stein, und wenn dieser Stein bei Nacht auf dem Tische liegt, so leuchtet er besser, als tausend Lichter.« –
    Der Schuster Gorja, solche Rede von seinem Diener Prituitschkin hörend, gelobte Alles dies zu beobachten. Und Gorja kam auf den breiten Hof, und sein Diener Prituitschkin führte ihm das gesattelte Pferd vor. Der Schuster Gorja setzte sich auf dieses Pferd, und Prituitschkin auf ein anderes. Und sie ritten zu Mistafor Skurlatowitsch, und als sie auf den breiten Hof gekommen waren, ging Mistafor Skurlatowitsch seinem geliebten Schwiegersohne, dem vermeinten Fürsten Dardawan, entgegen. Und der Schuster Gorja stieg dort ab von seinem guten Rosse und band es nicht an und ließ es von Niemandem halten; er hustete nur stark und setzte den Fuß auf den Boden, so derb er konnte. Das Roß stand an derselben Stelle, wie eingewurzelt. Dann ging Gorja in das Zimmer, betete zu Gott verneigte sich nach allen vier Seiten, küßte den Wirth und setzte sich in die vordere Ecke auf den Stuhl mit der ersten Nummer. Mistafor ging zu seiner Tochter Dogada und sagte ihr, sie möchte kommen und mit ihrem verlobten Bräutigam, dem Fürsten Dardawan, kosen. Dogada war schlau und klug, und antwortete ihrem Vater: »Mein gnädiger Herr Vater, Mistafor Skurlatowitsch, das ist ja nicht Fürst Dardawan, das ist unser Schuster Gorja Krutschinin.« – »Fasele nicht,« sagte Mistafor zu ihr, »ich habe den Fürsten Dardawan ja vorher von Angesicht gesehen und kenne ihn. Das ist derselbe, und nicht der Schuster Gorja.«
    »Wolan, Herr!« sagte Dogada, »ich gehe zu ihm und begrüße ihn, doch gebt Acht und denkt an mich: es ist nicht Fürst Dardawan, sondern der Schuster Gorja in seiner Gestalt, und habt Acht darauf: wenn wir uns an den Tisch setzen, um zu essen, so lasset Weißbrod und Schwarzbrod geben, und wenn ihr bemerket, daß dieser Gast zuerst Schwarzbrod abschneidet, so ist er nicht Fürst Dardawan, sondern der Schuster Gorja Krutschinin, denn Fürst Dardawan schneidet immer zuerst Weißbrod ab.«
    »Gut, ich werde darauf sehen,« sagte Mistafor zu ihr.
    Da bittet Mistafor Skurlatowitsch den Schuster Gorja, sich zu Tische zu setzen, und als sie sich gesetzt hatten und Weiß- und Schwarzbrod gereicht wurde, nahm der Schuster Gorja das Brod und fing an, zuerst Schwarzbrod abzuschneiden und nicht Weißbrod, so daß Mistafor und Dogada es bemerkten. Und Mistafor fing an, ihn zu fragen: »Mein geliebter, geehrter und theurer Schwiegersohn, Fürst Dardawan, warum beliebt eurer Gnaden zuerst so viel Schwarzbrod abzuschneiden und nicht Weißbrod?«
    Als dies der Diener Prituitschkin hörte, erschien er unsichtbar und flüsterte dem Schuster Gorja folgende Worte in's Ohr: »Sage dem Mistafor auf diese Frage, daß dein Vater, wenn er sich zu Tische setzte, immer erst den Armen, einem Jeden ein Stück Brod zu essen gab, und statt des Salzes ihnen einen Beutel mit Gold hinschüttete. Und wenn du diese Worte sprichst, so befiehl mir, den Sack mit dem Golde zu bringen.«
    Der vermeinte Zarewitsch Dardawan sprach dieselben Worte zu Mistafor, schnitt schwarzes Brod ab, und rief seinem Diener Prituitschkin zu, er solle den Beutel mit dem Golde herbeibringen. Der rasche Prituitschkin brachte sogleich den Beutel mit dem Golde, den er aus Mistafor's Vorrathskammer genommen, oder, eigentlich zu sagen, gestohlen hatte, und Gorja befahl ihm, eine Gesellschaft von Bettlern zusammenzubringen. Der Diener eilte fort und brachte sogleich eine große Menge Arme, und der Schuster fing an, Brod auszutheilen, und jedem aus der Kasse ein Goldstück hinzuschütten. Nachdem er alles Brod und die goldnen Münzen ausgetheilt hatte, begann er selbst zu essen.
    Nach dem Essen sagte Mistafor zu seiner Tochter: »Sieh, du hast gesagt, dies sei nicht Fürst Dardawan; jezt wirst du selbst sagen, daß er es ist.« – »Nein, Väterchen«, antwortete Dogada. »Das ist nicht der Fürst, sondern unser Schuster Krutschinin.« – »Du hast den Verstand verloren,« sagte drauf Mistafor, »ich hoffe, daß der Teufel schon längst den Schuster Gorja Krutschinin geholt hat.« »Und gebt Acht, ich beweise, daß er dieß gewiß nicht ist,« sagte Dogada. »Wenn ihr ihn einladet, bei euch zu übernachten, so lasset ihm ein Bette

Weitere Kostenlose Bücher