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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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werfen und dann zwei Schritte zurückzutreten. – Als Gorja dies Alles gethan hatte, befahl er ihm, sich selbst zu betrachten. Gorja erstaunte, als er sich in einem kostbaren Schmuck erblickte, und sagte: »Ohne Zweifel bist du ein Teufel in Menschengestalt?"
    »Allerdings bin ich ein Teufel; du hast mich ja gerufen, und auf deinen Ruf bin ich zu dir gekommen. Ich will dir dienen, und dich an die Tochter Mistafor's verheirathen.« »Wie ist das möglich?« sprach Gorja zu ihm. »Dort kennen mich ja Alle; selbst der Hund kann mich erkennen.« – Und dieser entgegnete ihm: »Nein, das ist nicht so. Niemand wird dich erkennen: du wirst die Gestalt jenes Fürsten Dardawan haben, an welchen Dogada, Mistafor's Tochter, versprochen und verlobt ist.«
    »Gut, sehr gut, wenn es so geschieht, wie du mir sagst,« sprach Gorja zu ihm. – »Es wird schon so geschehen, wie ich dir sage.« – Und noch ein Mal befahl er ihm, drei Schritte zurückzutreten und die Augen zu schließen, und dann sie wieder zu öffnen. Da sah Gorja einen prachtvollen weißsteinernen Pallast vor sich, und sich höchlich wundernd, woher derselbe so schnell erschienen sei, rief er voll Ueberraschung: »Du bist in Wahrheit ein Teufel und kein Mensch, daß du so große und schwierige Dinge schaffest.«
    »Ich sage dir die Wahrheit und hintergehe dich nicht,« antwortete ihm der Unbekannte, »und jezt schenke ich dir diesen steinernen Pallast und werde bei dir bleiben als treuer Diener; nenne mich Prituitschkin.«
    Darauf führte dieser Diener seinen neuen Herrn Gorja, den Schuster, auf den breiten Hof, und dort sah der Schuster Gorja eine große Menge Diener, Pferde, Wagen und Alles im größten Schmucke, und diese Diener verneigten sich vor ihm, wie vor dem Fürsten, und die Musikanten spielten auf verschiedenen Instrumenten, und als die Musik aufhörte, ging der Schuster Gorja in den weißsteinernen Pallast und sah einen Tisch mit verschiedenen Speisen gedeckt; er setzte sich an diesen Tisch, aß und trank sich ordentlich satt, und lebte in diesem Hause einige Zeit, wie ein vornehmer Herr.
    Um diese Zeit reiste der Fürst Dardawan, nachdem er sich mit seiner Braut Dogada verlobt hatte, in seinen Angelegenheiten in eine andere Stadt, und der treue Diener Prituitschkin hielt diese Zeit für günstig, den Schuster Gorja an Dogada zu verheirathen. Deßhalb ging er zu seinem Herrn, dem Schuster, und sagte zu ihm: »Jezt ist es nöthig, es so zu machen, daß Mistafor dich für den Fürsten Dardawan erkennt.« Als er dies gesagt hatte, ging er vor den weißsteinernen Pallast, schlug dem Pallaste gegenüber ein großes Lager auf, und befahl allen Musikanten, plözlich aufzuspielen. Als die Musik erschallte, hörte Mistafor verschiedene angenehme Melodien und dachte bei sich, es sei gewiß Fürst Dardawan gekommen, und schickte sogleich, Erkundigungen darüber einzuziehen. Vergewissert in dieser Sache von den dort Anwesenden, daß der vermeinte Fürst Dardawan selbst gekommen sei, schickte er zu ihm viele ausgezeichnete Leute, um seinen herzlich geliebten Schwiegersohn, den Fürsten Dardawan, zu einem Gastmahl zu ihm zu rufen. Die Boten Mistafor's kamen zu dem Schuster Gorja, verneigten sich demüthig vor ihm, und baten ihn im Namen ihres Fürsten Mistafor Skurlatowitsch, er möchte ihn besuchen und sein Gast sein. Der Schuster Gorja antwortete ihnen: »Geht und berichtet dem Mistafor Skurlatowitsch, daß ich bald zu ihm kommen würde.«
    Die Abgeordneten alle verneigten sich tief vor dem Schuster Gorja und schilderten und erzählten ihrem Fürsten Mistafor, was sie von dem vermeinten Zarewitsch Dardawan gehört und was sie bei ihm gesehen hatten. Nach dem Abgang der Gesandten Mistafor's kam der Diener Prituitschkin zu dem Schuster Gorja und sagte zu ihm: »Nun, jezt mußt du zu Mistafor gehen. Höre, was ich dir rathen werde: wenn du auf den Hof zu Mistafor kommst, und von deinem guten Rosse absteigst, so binde dein gutes Roß nicht an, und laß es von Niemandem halten, sondern huste nur stark und setze mit aller Kraft den Fuß auf den Boden. Wenn du in das Zimmer kommst, so setze dich auf den Stuhl, der die erste Nummer hat. Wenn sie dich Abends nöthigen, zu übernachten, so bleibe, und wenn sie dir ein Bette zurecht machen, so lege dich nicht darauf, denn Fürst Dardawan legt sich immer auf sein eigenes Bette, welches hundert Pud schwer ist; ich werde dir ein solches Bette besorgen, und wenn ich damit zögere, so schlage mich dafür im Angesichte Mistafor's

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