Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
Vom Netzwerk:
»Mein Herr Jeruslan Lasarewitsch, ich habe in meiner Heerde ein Roß, welches Podlas heißt. Dieses Roß muß man einfangen, und es wird dir ewig dienen. Wenn du aber es jezt nicht fängst, so wirst du es in Ewigkeit nicht fangen.« – »Aber wie kann ich das Roß sehen, Bruder Iwaschka?« Darauf entgegnete Iwaschka: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, du kannst dieses Roß früh morgens sehen, wenn ich die Pferde an's Meer zur Tränke treibe, und wenn du es siehest und nicht auf der Stelle es fängst, so wirst du es in Ewigkeit nicht fangen und nicht sehen.«
    Darauf ging Jeruslan Lasarewitsch in seinen weißsteinernen Palast, legte den Filz unter sich, und den tscherkassischen Sattel und die Trensenschnur unter den Kopf, und streckte sich aus, zu schlafen. Den andern Morgen stand er früh auf, ging in das Feld und nahm die Trensenschnur, den tscherkassischen Sattel und die Lederpeitsche mit sich. Er stellte sich an einen verborgenen Ort unter eine Eiche. Bald darauf sah er, daß Iwaschka die Pferde an's Meer in die Tränke trieb, und bemerkte, als er an's Meer sah, daß ein Hengst Wasser trank und an dieser Stelle die Wogen furchtbar aufbrausten. Ueber der Eiche pfiffen die Adler, und auf den Bergen knirschten die Löwen, und Niemand konnte sich dieser Stelle nähern. Jeruslan Lasarewitsch wunderte sich sehr darüber, und als das Roß ihm gegenüber zu stehen kam, sprang Jeruslan von der Eiche hervor, und schlug das Roß mit dem Rücken der Hand. Das Roß stürzte auf die Kniee. Er faßte es bei der grauen Mähne und sprach folgende Worte: »Ach! du gutes Roß, wer soll auf dir reiten, wenn nicht ich, der Ritter?« Er warf ihm die Trense über, legte ihm den tscherkassischen Sattel auf, und ritt zu dem weißsteinernen Palast, und Iwaschka folgte ihm nach. Jeruslan Lasarewitsch fing an, auf seinem Rosse herumzureiten, und war gränzenlos froh, daß ihm Gott ein so gutes Roß beschieden, das ihm ewig dienen konnte. Dann sagte er zu Iwaschka: »Bruder Iwaschka, welchen Namen soll ich diesem Rosse geben?« – Er antwortete: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, wie kann ein Diener besser, als du, o Herr, solchem Rosse einen Namen geben? Du hast es selbst gefangen, so gib du ihm auch selbst einen Namen.« Und Jeruslan Lasarewitsch nannte es Uroschtsch Weschei,und dann sprach er zu Iwaschka: »Reite, Bruder Iwaschka, zu meinem Vater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, und zu meiner Mutter, der Fürstin Epistimia, und sage ihnen, daß ich gesund bin, und ein gutes Roß bekommen habe, welches mir ewig dienen kann.«
    Alsdann ritt Jeruslan Lasarewitsch in das freie Feld nach Iwan, dem russischen Ritter; er ritt auf seinem guten Rosse Trab, und hinter ihm Iwaschka in vollem Galopp, und so verschwand Jeruslan Lasarewitsch aus seinen Augen.
    Iwaschka kehrte zurück zu dem Reiche des Zaren Kartaus, zu dem Vater des Jeruslan Lasarewitsch, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, und seiner Mutter Epistimia. Als er angelangt war, brachte er Nachricht von der Gesundheit Jeruslan's, und sagte, wo er hingeritten war, und wie er sich das gute Roß verschafft habe, das ihm ewig dienen könne. Vater und Mutter freuten sich sehr über ihren Sohn Jeruslan, beschenkten Iwaschka reichlich, und entließen ihn wieder zu seinem Geschäft.
    Jeruslan Lasarewitsch aber ritt ein, zwei und drei Monate und kam auf ein Feld, wo ein zahlreiches Heer erschlagen lag. Da rief er mit lauter Stimme: »Ist nicht ein Mensch hier, der bei Leben geblieben ist?« – Da stand ein Mensch auf und fragte ihn: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, wen verlangst du, und wer ist dir nöthig?« – Jeruslan Lasarewitsch sprach: »Ich will einen lebendigen Menschen.« – Und dann fragte er ihn, wem dieses Heer angehöre, und wer es erschlagen hätte. Jener Mensch antwortete: »Das erschlagene Heer gehörte dem Feodul, dem Drachenzaren, und erschlagen hat es der mächtige russische Ritter Iwan, welcher bei ihm um seine Tochter, die schöne Prinzeß Kandaula Feodulowna, angehalten hat, und, da er sie ihm nicht freiwillig gab, sie mit Gewalt nehmen wollte.« – Darauf fragte Jeruslan Lasarewitsch, wie weit dieser Fürst, der russische Ritter, entfernt sei, und es antwortete ihm der Mensch: »Jeruslan Lasarewitsch, es wird zu weit sein, ihn einzuholen: wenn du um das Heer herum reitest, so wirst du die Fußtapfen des Fürsten Iwan, des russischen Ritters, sehen.« Jeruslan ritt um das Heer herum, und sah die Spuren von den Sprüngen des Rosses; wo es ausgegriffen hatte, waren Haufen Erde

Weitere Kostenlose Bücher