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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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aufgeworfen. Er folgte der Spur und traf auf ein anderes erschlagenes Heer. Hier schrie er mit lauter Stimme: »Befindet sich hier nicht ein lebendiger Mensch, der von der Schlacht übrig geblieben ist?« Da stand ein Mensch auf und sprach folgende Worte: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, das eine Roß ist besser, als das andere, und der eine Jüngling noch weit besser, als der andere.« – Dann ritt Jeruslan Lasarewitsch noch weiter fort, und er ritt einen, zwei und drei Monate. Da kam er auf das freie Feld und sah ein weißes Zelt. Bei dem Zelt stand ein gutes Roß. Auf einer weißen Leinewand war weißer Waizen vor ihm ausgeschüttet. Jeruslan Lasarewitsch stieg von seinem guten Roß ab, und ließ es zu dem Futter, das ausgestreut da lag, und das Roß des Jeruslan Lasarewitsch vertrieb das andere von dem Futter. Jeruslan Lasarewitsch ging in das Zelt, wo ein guter Jüngling in festem Schlafe lag. Jeruslan zog sein scharfes Schwert und wollte ihm bösen Tod geben; aber er besann sich und sprach zu sich: »Es wird mir keine Ehre sein, wenn ich einen Schlafenden tödte: ein Schlafender ist gleich einem Todten.« Er legte sich in dem Zelte auf die andere Seite nahe bei dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter. Als dieser erwachte, ging er aus seinem Zelte und sah, daß sein gutes Roß weit vom Futter weggetrieben war, und auf dem Felde graste, und daß bei dem weißen Waizen ein fremdes Roß stand und ihn fraß. Er ging zurück in das Zelt und bemerkte, daß hier ein guter Jüngling im Todtenschlafe liege. Fürst Iwan, der russische Ritter, ergrimmte gegen ihn, zog sein scharfes Schwert heraus, und wollte ihm bösen Tod geben; aber er besann sich und sprach zu sich: »Es wird mir gutem Jünglinge kein Lob und Ruhm sein, wenn ich einen schlafenden Menschen tödte, denn ein Schlafender ist gleich einem Todten. Und er fing an, ihn zu wecken: »Stehe auf, Mensch, nicht, weil ich dich wecke, sondern damit du dich rettest. Kamerad, du hast nicht Einen deines Gleichen beleidigt, denn deßwegen vergießt man Blut. Warum hast du dein Roß zu fremdem Futter gestellt, und in einem fremden Zelte dich schlafen gelegt? Dafür wirst du mit dem Tode büßen.« – Da erwachte Jeruslan Lasarewitsch. Der Fürst Iwan, der russische Ritter, fragte ihn nach seinem Namen, woher er komme, und welches Vaters und welcher Mutter Sohn er sei. – »Ich bin aus Kartaus Reiche,« antwortete Jeruslan Lasarewitsch, »und bin der Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitsch und der Fürstin Epistimia, und nenne mich Jeruslan. Dein Roß ist nicht von mir weggejagt worden, sondern von meinem Rosse, und gute Leute begegnen den Fremden nicht mit schlechten Worten, sondern nehmen sie gastfreundschaftlich auf. Wenn du ein Glas Wasser hast, so gib mir es, denn ich bin bei dir als Gast.« – »Du bist noch jung,« sagte Iwan, der russische Ritter, »und es schickt sich nicht für mich, dir Wasser zu bringen, sondern du mußt mir es bringen.« – »Du pflückst den Vogel, den du noch nicht gefangen hast, und tadelst auch den guten Jüngling, ohne mich zu versuchen.« – Da sprach Fürst Iwan, der russische Ritter: »Ich bin der Fürst der Fürsten und der Ritter der Ritter, und du bist ein Kosak.« – »Ja,« antwortete Jeruslan Lasarewitsch, »du bist Fürst in deinem Zelte, aber wenn du dich im freien Felde befindest, so stehen wir einander gleich.« – Da sah Fürst Iwan, der russische Ritter, daß er keinen Feigen vor sich habe, nahm einen goldenen Becher, ging nach kaltem Wasser und gab dem Jeruslan Lasarewitsch zu trinken. Dann setzten sie sich auf ihre Rosse und ritten in das freie Feld. Da ritt Fürst Iwan, der russische Ritter, in vollem Galopp auf seinem Pferde, aber Jeruslan Lasarewitsch ritt im Schritt; dann schlug er sein gutes Roß auf die steilen Hüften, und das Roß Uroschtsch Weschei holte den Fürsten Iwan, den russischen Ritter, ein, und überlief ihn. Da betete er zu Gott, er sollte es fügen, daß er diesen Menschen nicht tödte, sondern ihn blos mit dem stumpfen Ende aus dem Sattel stoße. Dann schlug Jeruslan Lasarewitsch sein gutes Roß noch ein Mal auf die steilen Hüften, und sie fingen an, den Anlauf zu nehmen. Da schlug Jeruslan Lasarewitsch den Fürsten Iwan, den russischen Ritter, mit dem stumpfen Ende gegen das Herz und hob ihn aus dem Sattel auf die Erde, und das Roß faßte ihn an der Kehle und drückte ihn zu Boden. Jeruslan Lasarewitsch wendete das spitzige Ende um, setzte es ihm auf die Brust und sprach folgende Worte: »Fürst

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