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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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jungen Gemahlin, der schönen Fürstin!« Und sie verneigten sich vor ihnen bis auf die Erde. Jeruslan Lasarewitsch, die schöne Anastasia und alle Fürsten und Bojaren fingen an, zu essen, zu trinken und sich zu belustigen. Alsdann stand Jeruslan Lasarewitsch mit der jungen Fürstin Anastasia vom Tische auf und ging in die Schlafkammer, und alle Anwesenden begleiteten sie mit großen Ehren, verneigten sich vor ihnen bis zur Erde, und kehrten zurück zum Zaren Worcholomei, sich zu belustigen. Jeruslan aber legte sich mit der schönen Zarentochter Anastasia zu Bette, und fing an, sie zu liebkosen und den weißen Busen zu fassen, und sprach: »Meine liebe Zarewna, Schönste auf der Welt, deiner Schönheit wegen bin ich durch viele Reiche gezogen, und von vielen Jungfrauen habe ich deine Schönheit preisen hören; und jezt, meine Freundin, sage mir die Wahrheit: gibt es eine Schönere, als du, und einen Tapferern, als ich?« – Da antwortete ihm die Zarewna: »Mein lieber Freund, es gibt auf der Welt keinen Schönern und tapferern, als du, und ich – was ist denn Schönes und Gutes an mir? Es gibt im Jungfernreiche in der Sonnenstadt eine Zarewna Polikaria, welche das Land selbst beherrscht; so eine Schöne gibt es in der Welt nicht weiter.«
    Da dachte Jeruslan Lasarewitsch bei sich an die schöne Polikaria, und eines Tages stand er früh morgens auf und sprach zu seiner Gemahlin: »Meine liebe Zarewna, ich reite in ein Gebiet, in eine Stadt, nimm von mir diesen kostbaren Stein, den ich von dem Ungeheuer genommen habe, und wenn du eine Tochter gebärst, so gib ihn ihr als Mitgift.« – Er gab seiner Gemahlin den Stein und sprach: »Lebe wohl, meine liebe Zarewna. Wenn ich am Leben bleibe, so werde ich zu dir zurückkehren; wenn mich aber der Tod trifft, so laß für mich Messen lesen.« – Da weinte die Zarewna bitterlich und fiel vor übergroßem Schmerz wie todt zu Boden. Als sie wieder zu sich kam und sich vom Schluchzen erholt hatte, sagte sie zu ihm: »O mein lieber Freund, du willst mich verlassen und in das Jungfernreich in die Sonnenstadt zu der Zarewna Polikaria reiten?« – Jeruslan antwortete ihr: »Meine schöne Anastasia, du bist jezt schwanger, wie könnte ich dich so verlassen?« – Dann ging er zu dem Zaren Worcholomei und sagte, er wolle zu seinem Vater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, zu Besuche reisen.
    Nachdem er Abschied genommen, reiste er nach dem Jungfernreiche ab. Er reiste gerade neun Monate, und kam in die Sonnenstadt, ritt auf den Zarenhof und stieg von seinem guten Rosse ab. Als die Zarewna Polikaria auf ihrem Hofe einen schönen tapfern Ritter sah, erschrak sie, daß er ohne ihre Erlaubnis auf den Hof gekommen, und als er eintrat, sagte sie: »Tapferer Herr Ritter, woher kommst du? welches Vaters Sohn bist du? und was hast du in unserem Reiche zu suchen?« –
    Er antwortete ihr: »Ich komme aus dem Reiche des Kartaus, und bin der Sohn des Fürsten Lasar und der Fürstin Epistimia, und nenne mich Jeruslan. Zu dir bin ich gekommen, um mich dir zu empfehlen, und deine unaussprechliche Schönheit zu sehen.«
    Die Zarewna Polikaria freute sich, nahm ihn bei den weißen Händen, führte ihn in ihre Gemächer und sprach zu ihm: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, herrsche nicht nur über mein Reich, sondern dein Wille gebiete auch über mich.«
    Jeruslan Lasarewitsch betrachtete ihre unbeschreibliche Schönheit und ward unruhig im Geiste, und die Jugend in ihm entbrannte. Er nahm die Zarewna Polikaria bei der Hand und fing an, ihre Zuckerlippen zu küssen; und er lebte mit ihr und herrschte über ihr Reich.
    Die Tochter des Zaren Worcholomei, Anastasia, gebar einen liebenswürdigen Sohn. Ihr Vater war sehr erfreut und gab ihm den Namen Jeruslan. Er hatte rothe Wangen, Augen wie volle Tassen und einen starken Körper. Er glich seinem Vater, und Zar Worcholomei befahl, wegen dieser Freude ein großes Fest zu veranstalten.
    Jeruslan, der Sohn des Jeruslan Lasarewitsch, hatte das sechste Jahr erreicht und fing an, auf den zarischen Hof zu seinem Großvater, dem Zaren Worcholomei, zu gehen, und die Kinder verspotteten ihn: »Jeruslan, du hast keinen Vater!« – Dies behagte ihm nicht, und er fing an, sie zu schlagen. Wen er beim Kopfe nahm, dem fiel der Kopf ab, wen er bei der Hand faßte, dem fiel die Hand ab, wen er beim Fuß ergriff, dem fiel der Fuß ab, und die Fürsten und Bojaren durften nicht bei dem Zaren darüber sich beklagen. Jeruslan Jeruslanowitsch ging in die Gemächer seiner Mutter

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