Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
Vom Netzwerk:
nieder und sprach: »Herr Ritter Raslanei, laß mich nicht so unnütz sterben, gib das Schwert unter dir frei.« Da schob sich der Ritter Raslanei von dem Schwerte, und Jeruslan nahm es, verneigte sich vor dem Ritterkopf, setzte sich auf sein gutes Roß und ritt der Stadt Schtschetin zu. Und auf dem Wege sprach er zu sich folgende Worte: »Bis jezt habe ich Zaren und Ritter besiegt, und jezt verneige ich mich vor einem Ritterkopf, und bitte ihn, mir ein Schwert frei zu geben.
    Aber Raslanei hörte das, und rief ihn mit lauter Stimme: »Jeruslan, kehre um! – Er kehrte um, und ging zu dem Kopfe. Der Kopf machte ihm Vorwürfe, und sagte: »Dein Schwert konnte nicht auf meinen Helm wirken.« –
    Hier fiel Jeruslan wieder zur Erde und sprach: »Herr Ritter Raslanei, verzeihe mir, daß ich dich mit solchen Worten beleidigt habe.« – Da sprach der Ritterkopf: »Jeruslan Lasarewitsch, deine Jugend und dein unreifer Verstand sind Ursache, daß du solche Worte gesprochen. Du hast zwar mein Schwert genommen; allein auch mit ihm kannst du deinen Kopf noch verlieren. Ich will dir aber wohl und dich lehren, was Verstand ist. Wenn du in die Stadt kommst, und dich der Zar sieht, so wird er vor Freude Thron und Zepter verlassen, dich in der Mitte des Hofes empfangen, und dich mit Gold, Silber und Edelsteinen beschenken. Da schlag' ihn ein Mal mit dem Schwerte auf den Kopf, aber wage es nicht, ein zweites Mal zu schlagen, sonst wird er aufleben und dich tödten.«
    Da verneigte sich Jeruslan Lasarewitsch vor dem Ritterkopf und ritt in die Stadt. Kaum kam er in das Schloß, und kaum sah der Zar, daß Jeruslan das Schwert bringe, so sprang er vom Thron, warf den Zepter weg, empfing Jeruslan Lasarewitsch mitten im Hofe und sprach zu ihm: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, für diesen Dienst gebe ich dir eine Stelle mir gegenüber, die zweite neben mir, und die dritte, wo du selbst willst. Meine Schätze stehen dir offen, nimm dir Städte und schöne Kirchdörfer, und wenn du meine Tochter, die Prinzeß Nasaria, zur Frau haben willst, so werde ich dir die Hälfte meines Reiches abtreten.«
    Da streckte er seine Hand aus und wollte das Schwert nehmen; aber Jeruslan Lasarewitsch schlug ihn mit dem Schwerte auf den Kopf, und zerhaute ihn bis zur Zunge, daß der Zar todt zu Boden fiel. Und die Fürsten und Bojaren schrieen: »Jeruslan Lasarewitsch, schlage ihn ein zweites Mal!« – »Eine Ritterfaust schlägt ein mal, und damit ist es schon genug.«
    Da stürzten auf ihn eine Menge Fürsten und Bojaren, und die zwölf Ritter, und wollten ihm schnellen Tod geben. Jeruslan Lasarewitsch nahm seine Lanze unter den Arm, mit der linken ergriff er den Zaren, damit die Fürsten und Bojaren seine Leiche nicht raubten, und mit der andern faßte er das Schwert, und fing an, die Fürsten, Bojaren und die zwölf Ritter niederzuhauen. Da schrieen die übrigen Fürsten und Einwohner der Stadt: »Jeruslan Lasarewitsch, höre auf, niederzuhauen und zu tödten. Es sei der Wille Gottes und der deine: lebe bei uns und herrsche über unser Land!« – Da antwortete Jeruslan Lasarewitsch: »Wählt euch einen andern Zaren in eurer Mitte; ich bin kein Zar für euch.«
     
    Aber er ließ ab, die Menschen niederzuhauen, und fing an, die Galle aus dem Zaren zu nehmen, und er legte sie in eine Büchse. Dann setzte er sich auf sein gutes Roß, ritt aus der Stadt und kam zu dem Heldenkopfe. Er nahm seinen Rumpf, setzte ihn an den Kopf, und bestrich ihn mit der Galle. Da stand der Ritter auf, wie vom Traume erwacht. Jeruslan Lasarewitsch küßte ihn, und sie nannten sich Brüder. Raslanei wurde der älteste, und Jeruslan der jüngste. Dann nahmen sie Abschied von einander, und jeder ritt seines Weges. Raslanei ritt in sein sadonisches Reich, um von seiner Mutter den Segen zu empfangen, weil er die Tochter des Zaren von Schtschetin heirathen, und über diese Stadt herrschen wollte; Jeruslan Lasarewitsch ritt in das Reich Daniil's des Weißen, und nach halbjähriger Reise kam er dahin. Als er in die Stadt ritt, begab er sich gerade zum Gefängnisse und sah, daß eine starke Wache davor stand. Er haute alle nieder, brach die Thüre auf, trat in das Gefängnis und sprach: »Seid gegrüßt, Zar Kartaus, mein Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, und ihr zwölf Ritter! Wie behütet Gott euch Herren?« – Da antwortete Zar Kartaus: »Mensch, woher bist du? und wie nennst du dich?« – Darauf sprach Jeruslan Lasarewitsch: »Herr Zar Kartaus, ich bin in deinem Reiche geboren, der

Weitere Kostenlose Bücher