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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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erreichen ist, solange meine Waffe in seinem Mund steckt. Außer ersticktem Gestöhne und dem dumpfen Aufschlagen seiner Fersen macht die Prozedur wenig Lärm, aber ich drehe die Anlage trotzdem lauter, nur für den Fall, dass ihm ein Schrei entweichen sollte. Diesmal passe ich auf, dass ich den Schmerz besser verteile, damit es länger dauert, bis er ohnmächtig wird.
    Während ich mir die letzten Ecken vornehme, ist er immer noch bewusstlos. Ich finde nichts von Bedeutung. Keine Papiere, überhaupt nichts Persönliches. Scheint eine reine Sexbude für ihn zu sein. Ich verpasse ihm einen Tritt, um sicher zu gehen, dass er mir nichts vormacht, dann nehme ich ihm die Handschellen ab und warte.
    »Zieh dich an«, sage ich zu ihm, als er zum zweiten Mal wach wird.
    Er steigt in schwarze Unterwäsche, Hose, Pullover und Schuhe mit drei Zoll dicken Sohlen und zuckt jedes Mal zusammen, wenn eines der Kleidungsstücke das blasenübersäte Fleisch berührt. Er hat das Gesicht abgewandt und den Mund zu. Als er fertig ist, lege ich ihm die Handschellen wieder an, diesmal so, dass die Hände vorn sind, und falte seinen Mantel darüber.
    »Wir gehen jetzt durch die Lobby aus dem Haus und auf die Straße«, sage ich zu ihm. »Wir halten ein Taxi an und fahren ohne ein Wort zu reden dorthin, wohin ich dem Fahrer sage. Und du wirst nichts tun, was mich verärgern könnte.«
    Er tut, was ich sage. Als wir auf die Straße kommen, schiebe ich ihn hinaus in den Regen, die Sig unter meiner Windjacke. Auf der anderen Straßenseite lauert Vadim. Mit einem kurzen Kopfschütteln gebe ich ihm zu verstehen, dass er warten soll.
    Der Portier pfeift, und ein Taxi kommt Wasser verspritzend vor uns zum Stehen. Als ich Lipman hineindrängen will, rammt er mir seine Stirn ins Gesicht. Der Angriff kommt völlig unerwartet. Der Mann hat eine innere Stärke, die ich regelmäßig unterschätze. Seine Stirn erwischt mich oben am Wangenknochen und schleudert meinen Kopf zurück gegen den Türrahmen des Taxis. Ich falle auf den nassen Bürgersteig, benommen, blutig, fast ohnmächtig. Seine Beine stieben davon wie in einem alten Schwarz-Weiß-Film. Ich greife nach der offenen Tür und ziehe mich hoch.
    Der Taxifahrer und der Portier stehen wie versteinert da, unsicher, wie sie reagieren sollen. Als ich mich zwischen ihnen durchdränge, sehe ich gerade noch eine Gestalt links über die Straße jagen - es ist Vadim, auf Verfolgungsjagd. Schwankend stürme ich ihm nach, gewinne an einem Zeitungsstand, nachdem ich um die Ecke biege, mein Gleichgewicht wieder, stürze in eine dunkle Seitengasse und bleibe schwer atmend und zitternd stehen.
    Vadim steht über Lipman mit einem Fuß auf seinem Rücken. Er sagt kein Wort, er sieht mich nur an und zieht die Augenbrauen hoch.
    Ich beuge mich vornüber, greife nach meinen Knien und versuche, wieder zu Atem zu kommen. »Vielleicht werde ich alt.«
    »Ja, vielleicht.«
    Als Vadim ihn umgeworfen hat, ist Lipman mit einer Gesichtshälfte über den Bürgersteig geschrubbt. Das Fleisch ist aufgerissen und blutet. Ich ziehe die Sig und klatsche ihm den Lauf gegen den Kopf. Seine Augen verdrehen sich, er fährt zuckend zusammen, aber ganz weg ist er noch nicht, also setze ich noch mal nach.
    Vadims Lachen klingt wie ein metallisches Schaben. »Du wirst tatsächlich alt, Alexei.«
     
    Wir laden Lipman in Vadims Van und fahren Richtung Kreml, wo der General auf uns wartet. Ich will Antworten und ich will Leda, und jetzt, wo ich so nah an beidem dran zu sein scheine, kommt mir die Fahrt endlos vor. Schweigend brüte ich vor mich hin.
    Mein Verlangen nach der Leda hat nichts mit Geld zu tun. Geld ist die Schale, die das umschließt, was wirklich wichtig ist, so wie die aufgesprungenen Eierschalen zu Ledas Füßen, aus denen die leuchtend rosa Babys krabbeln. Ich will die tiefere Bedeutung dahinter verstehen, und es ist mein sündhafter Hochmut, der mir sagt, dass ich es kann, dass ich einer solchen Entdeckung wert bin. Vielleicht ist das Beste, auf das ich jetzt hoffen kann, zu sehen, dass der Preis, den ich bezahlt habe, nicht zu hoch war. Zuerst brauche ich Antworten von Lipman, auch wenn das bedeutet, dass ich ihm meinen Arm in den Rachen stecken und sie ihm aus der Seele reißen muss.
    Ich richte mich auf, als Vadim in eine Seitenstraße in der Nähe des Roten Platzes biegt. Die Zeit ist reif.

35
    » Leda ist unbeschreiblich«, stimmt Lipman an. »Aber Das Abendmahl ist ohnegleichen.«
    Vier Stunden sind vergangen, seit ich

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