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Russisches Poker

Russisches Poker

Titel: Russisches Poker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Geheimnis der Joujou«. Momus faßte sich an den Kopf: Sie läßt sich vom Spiel hinreißen, die Teufelin, und verdirbt alles!
    »Mit Engelszungen singt er!« flüsterte einer der Männer und schlug ein kleines Kreuz. »Und in einer überirdischen Sprache, wie die Engel!«
    »Französisch ist das, du Trottel«, krächzte Jeropkin. »Ich habe gehört, es kommt vor, daß ein Gottesnarr in fremden Sprachen singt, die er nicht kennt.« Und er bekreuzigte sich auch.
    Paissi schlug plötzlich längelang zu Boden und verfiel in konvulsivische Zuckungen, und aus seinem Mund quoll reichlich blasiger Schaum.
    »He!« Jeropkin beugte sich erschrocken über ihn. »Warte mit deinem Anfall! Was für eine Stimme? Und was heißt das, der Heilige soll mein Geld reinigen? Ist das Geld dann weg? Oder kommt es mit Zuschlag zurück?«
    Aber Paissi krümmte sich und schlug mit den Füßen auf die kalte Erde.
    »Die Stimme!« schrie er. »Aus der Erde, die Stimme!«
    Jeropkin drehte sich nach seinen Knechten um und sagte erschüttert: »Er riecht wirklich nach Paradies!«
    Und ob, dachte Momus auflachend. Die Seife, anderthalb Rubel das Stück, kommt ja auch aus Paris und heißt »L’arome du paradis.«
    Aber die Pause durfte nicht überdehnt werden, er mußte die vorbereitete Attraktion starten. Schließlich wollte er nicht umsonst gestern abend eine geschlagene Stunde lang den Gartenschlauch mit Erde und dürrem Laub getarnt haben. Das eine Ende mit Trichter hielt er jetzt in der Hand, das andere, mit einem größeren Trichter, lag zwischen den Wurzeln der Eiche, war mit einem kleinen Netz verschlossen und mit Moos bedeckt. Das System war erprobt und funktionierte, Momus mußte nur gehörig Luft holen.
    Er gab sich große Mühe – pumpte sich voll Luft, hielt den Trichter an den Mund und röhrte: »Um Mitternacht … Komm … In die Warssonofi-Kapelle …«
    Es geriet überzeugend und wirkungsvoll, sogar zu wirkungsvoll. Darum passierte ein Mißgeschick. Als aus der Erde heraus die dumpfe Grabesstimme scholl, kreischte Jeropkin auf und machte einen Hüpfer, auch seine Gesellen prallten zurück, und dadurch war das Wichtigste nicht zu hören – wohin das Geld zu bringen sei.
    »Bei dem Nowopimen-Kloster«, brüllte Momus, um verstanden zu werden, aber der harthörige Jeropkin verstand es wieder nicht.
    »Hä? Welches Kloster?« fragte er furchtsam die Erde,äugte in die Runde, steckte die Nase sogar in die Baumhöhlung.
    Was tun? Die höhere Macht würde es dem Stumpfohr nicht ein dutzendmal wiederholen. Das sähe ja nach einer Komödie aus. Momus war in Nöten.
    Mimi half ihm aus der Verlegenheit. Sie stand auf und lispelte: »Warssonofi-Kapelle, bei dem Nowopimen-Kloster. Dort lebt ein heiliger Einsiedler. Ihm bringst du den Sack. Heute um Mitternacht.«
    Auf die Warssonofi-Kapelle war man in Moskau nicht gut zu sprechen. Vor sieben Jahren hatte in das Kirchlein der Blitz eingeschlagen, hatte das heilige Kreuz umgeworfen und die Glocke gespalten. Was also war das für ein Gotteshaus, wenn der Blitz es zerstören konnte?
    Die Kapelle wurde zugenagelt, und die Klosterbrüder, Pilger und Städter machten einen großen Bogen um sie. Nächtlicherweile drang durch ihre dicken Mauern unheimliches, unmenschliches Stöhnen und Schreien. Vielleicht trieben sich dort Katzen herum, und das Echo der steinernen Gewölbe verstärkte ihr Gekreisch, oder es geschah dort Böses. Der Vater Abt hatte ein Gebet gesprochen und Weihwasser versprengt, aber das half nicht, es wurde nur noch schlimmer.
    Momus hatte dieses feine Plätzchen schon vor Weihnachten ausgekundschaftet und sich gedacht, es könnte ihm mal zupaß kommen. Und jetzt paßte es bestens in seine Pläne.
    Er dachte sich eine Dekoration aus, bereitete szenischeEffekte vor. Die »Grande Opération« ging ins Finale und versprach, umwerfend zu werden.
    »Der Pikbube hat sich selbst übertroffen!« würden morgen alle Zeitungen schreiben, wenn es in Rußland wirkliche Freiheit des Wortes gäbe.
    Als das Klosterglöckchen dumpf die Mitternacht schlug, schurrten vor der Tür der Kapelle vorsichtige Schritte.
    Momus stellte sich vor, wie Jeropkin sich bekreuzigt und unschlüssig die Hand nach der vernagelten Tür ausstreckt. Die Nägel waren entfernt, er brauchte nur zu ziehen, und die Tür würde mit herzzerreißendem Knarren aufgehen.
    Jetzt ging sie auf, aber herein schaute nicht Samson Jeropkin, sondern der stumme Kusma. Der feige Blutsauger hatte seinen ergebenen Sklaven vorgeschickt.
    Der

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