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Ruth

Ruth

Titel: Ruth
Autoren: Frank G. Slaughter
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nicht
getötet, als er keine mehr schmieden wollte?“
    „Ruth hatte nichts damit zu
tun.“
    „Wenn sie nicht für Hedak
arbeitet“, fragte Tob, „warum hat sie sich dir dann in der letzten Nacht
angeboten? Cheb sagt, Hedak prahlte ihm gegenüber damit, wie sie uns beide
entzweien und die Verteidigung Israels schwächen würde.“
    Boas’ ganzes Gefühl sagte ihm,
daß Cheb und Tob logen und daß Ruth diejenige war, als die er sie in den
vergangenen Wochen kennen- und liebengelernt hatte. Doch die Verdächtigungen,
die sie zusammentrugen, schienen zu erdrückend, um nicht ein Körnchen Wahrheit
zu enthalten. „Ich sollte diesen Intriganten Cheb erschlagen“, stieß er aus,
ebenso verletzt wie erzürnt.
    „Warum?“ forschte Tob. „Weil er
die Wahrheit sagte? Mußt du warten, bis Hedak uns erobert hat, bevor du glauben
willst, daß er uns angreift — jetzt, nachdem er der Moabiterin Nachricht von
seinem Vorhaben gegeben hat? Sie hat sogar die vergangene Nacht in deinen Armen
verbracht, um dich vom Heer fernzuhalten.“ Die Beleidigung war wie ein
Peitschenhieb in Boas’ Gesicht. In blindem Zorn stieß er Tob zu Boden. Ada und
Cheb wichen zurück, und die Hand des Karawanenführers griff verstohlen zum
Dolch, den er immer bei sich trug.
    Tob richtete sich mühsam auf.
Sein Gesicht war bleich, und er zitterte vor Zorn. „Gewalt macht aus Unrecht
nicht Recht, Boas“, warnte er. „Du wirst wissen, daß wir die Wahrheit sprechen,
wenn du hörst, daß die Truppen Moabs unsere Grenzen überschritten haben.“
    Boas trat auf Cheb zu, der
zurückwich, bereit, den Dolch zu ziehen.
    „Wie willst du beweisen, daß
auch nur ein Hauch von dem wahr ist, was du über Ruth sagst?“ fuhr er ihn an.
    „Ist sie die erste Spionin, die
Moab zu uns gesandt hat?“ entgegnete Cheb und versuchte, das Zittern in seiner
Stimme zu unterdrücken. „Ich warne dich, Machlon und Kiljon werden nicht die
einzigen Opfer der Schlechtigkeit dieser Frau bleiben. Andere werden folgen,
und du wirst unter ihnen sein, Boas. Ich schwöre es vor dem Allerhöchsten.“
    „Sie kam mit Noëmi, weil du wie
ich Verwandte Elimelechs sind und Einfluß in den Räten von Juda und Israel
besitzen“, warf Tob ein. „Wie könnte sie Hedaks Zwecke besser verfolgen als
dadurch, daß sie uns beide verführt und aufhetzt, so daß wir uns gegenseitig an
die Kehle fahren wie jetzt eben?“
    In Tobs Argumenten lag eine
einfache Logik, die Boas nicht ableugnen konnte. Er ließ seine Hände fallen,
und seine alten Zweifel gegen die Frauen kämpften mit seiner Liebe zu Ruth und
seinem Vertrauen in sie. Er war ganz und gar nicht bereit, die Geschichte zu
glauben, die Cheb mitgebracht hatte, aber er konnte sie dennoch nicht einfach
abschütteln.
    „Ist dein Wahnsinnsanfall
vorüber, Boas?“ hakte Tob nach. „Oder willst du mich erneut niederschlagen?“
    Mit großer Mühe bekam sich Boas
wieder in die Gewalt. „Ich werde dich nicht noch einmal schlagen“, sagte er.
„Es sei denn, ich erfahre, daß dies eines deiner Täuschungsmanöver war.“
    „Dies ist keine Täuschung“,
beteuerte Tob tugendhaft. „Und es ist auch nicht länger eine persönliche
Angelegenheit zwischen dir und mir. Die Sache muß vor den Rat der Ältesten
gebracht werden, der die Beschuldigungen gegen die Moabiterin prüfen und sie
gerecht richten wird.“
    „Dann ruf den Rat zusammen“,
sagte Boas. „Ruth wird beweisen, daß sie unschuldig ist.“
    „Sie wird beweisen, daß du ein
großer Narr bist“, spottete Tob. „Mein Herz blutet für dich, Verwandter. Du
warst von jeher unglücklich in der Wahl deiner Frauen.“
    Boas drehte sich auf dem Absatz
um und verließ den Raum, aber er ging nicht zu Ruths Haus. Statt dessen betrat
er das Gebäude in der Mitte der Stadt, das sowohl als Tempel wie als
Versammlungsort bei wichtigen Anlässen diente. Er wußte, in ein paar Stunden
würde Ruth an ebendiesem Ort vor dem Volk von Juda um ihr Leben kämpfen. In der
Zwischenzeit mußte er den Gott, dessen Hilfe ihn bisher nie verlassen hatte, um
Kraft und Erleuchtung bitten, denselben Gott, der ihn aus Heschbon sicher zu
den Kindern Israels zurückgeführt hatte.
    Während er vor dem Altar kniete
und um Worte rang, wechselten die Bilder Tamars und Ruths vor seinem Geist,
wechselten Erbitterung und Liebe, Enttäuschung und Zuversicht, Mißtrauen und
Vertrauen und rissen seine Seele hin und her.
    Schweiß strömte über Boas’
Gesicht. „Gib mir ein Zeichen, Herr“, flehte er erneut.
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