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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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„Eine Krankheit hat
sich meiner Seele bemächtigt. Leite mich in der Stunde der Not.“
    Aber es wurde ihm kein Zeichen
gegeben, und als er endlich schwerfällig aufstand, das Herz mit Bitternis und
Sorge erfüllt, wußte er, daß in dieser Sache allein sein Gewissen gefordert
war.
     
    In der Schlucht von Hezron,
weniger als eine Tagesreise gegen Osten in den wilden Gebirgszügen zwischen
Moab und Juda, regte sich das. moabitische Lager. Im Eisenbauch des Gottes, der
den Armeen im Kampf voranzog, brannten die Feuer hell in der klaren Morgenluft,
während die Priester, die das Götzenbild begleiteten, ihre Opfer darbrachten.
    Hedak trat aus seinem Zelt und
streckte sich, während er das Lager und die Scharen der Krieger überblickte,
die seinem Befehl unterstanden. Nebo ritt gerade herbei und begrüßte den
Feldherrn mit einem Lächeln.
    „Die Männer sind zufrieden“,
berichtete er. „Aber sie warten ungeduldig auf den Kampf.“
    „Ich auch“, stimmte Hedak bei.
„Wenn alles nach Plan verläuft, wird der kleine Cheb sie heute nacht wie Schafe
vor dem Scheren in unsere Arme führen. Und morgen, nachdem Boas’ Heer
vernichtet ist, wird der größte Teil Israels wehrlos sein.“
     
     
     

18
     
     
    Ruth war nicht überrascht, als
noch am frühen Vormittag ein Soldat erschien, um sie vor den Rat von Juda zu
bringen. Seit sie Cheb am Morgen im Olivenhain getroffen hatte, war sie sicher
gewesen, daß eine teuflische Intrige im Gange sein mußte, deren Zweck sie nicht
verstehen konnte — außer dem, daß ihr ein Schaden zugefügt werden sollte.
    Noëmi folgte ihnen und
versuchte, den Ratssaal zu betreten, aber Soldaten versperrten die Tür und
stießen jeden beiseite. „Laßt mich durch!“ rief sie aus. „Ich muß mit dem Rat
sprechen.“
    „Niemand darf eintreten, bis
die Verhandlung gegen die Moabiterin vorüber ist“, sagte einer der Soldaten
ungerührt. „Ein Befehl Tobs.“
    Vor dem Rat wiederholte Cheb
die Geschichte, die er Boas an diesem Morgen erzählt hatte. Er stand vor dem
langen Tisch, hinter dem die Ältesten saßen, Boas am einen Ende und Tob am
anderen. Heute hatte der Kaufmann den Vorsitz des Rates an Natan abgegeben und
trat statt dessen als Kläger auf. Als Cheb zum Schluß gekommen war, stand er
auf.
    „Ihr habt die Worte des
Händlers Cheb gehört“, sagte er zum Rat. „Die Geschichte, wie diese Frau, die
Ruth genannt wird, von den Moabitern zu uns gesandt wurde, um uns
auszuspionieren, unsere Männer zu verführen und so Zwietracht unter uns zu
säen.“
    Er blickte hinüber zu Ada, die,
als mögliche Zeugin, still in einer Ecke saß. Durch ihr leichtes, zustimmendes
Nicken ermutigt, fuhr er fort. „Es ist jetzt eure Pflicht, die Beweise
abzuwägen und das ungeheuerliche Verbrechen, das die Moabiterin begangen hat,
zu richten.“
    Tob machte eine Pause und sah
sich im Raum um. Ruth saß still da, die Augen gesenkt. Sie hatte sie nicht
einmal erhoben, als Boas seinen Platz einnahm und ihr ein tröstendes Lächeln
zuwerfen wollte. Es war ein böser Tag gewesen, als sie mit Noëmi die Grenze
nach Israel überschritten hatte; dachte sie, während sie den Verleumdungen
lauschte, die gegen sie vorgebracht wurden. Und es hatte nur eine Freude
gegeben, das kurze Glück mit Boas.
    Jetzt war er einer ihrer
Richter, und da sie seine Gewissenhaftigkeit und Gerechtigkeit kannte, wußte
sie, daß er die Argumente Chebs und Tobs nicht einfach beiseite schieben
konnte. Ihre einzige Hoffnung war, daß die Entscheidung rasch gefällt und die
Hinrichtung noch rascher vor sich gehen würde, um diesem schrecklichen Alptraum
ein Ende zu setzen.
    Ruth wagte nicht, Boas’ Blick
zu suchen, denn sie wußte, daß sie zusammenbrechen würde bei dem Gedanken an
das Glück, das ihnen hätte beschieden sein können. Und sie war fest
entschlossen, diesen Menschen, die sie gehaßt und die auf sie gespuckt hatten,
zu zeigen, daß sie aufrecht in den Tod gehen konnte, auch wenn sie unschuldig
war.
    „Diese Frau ist zu uns
gekommen“, fuhr Tob fort, „als die Witwe eines Israeliten; sie beanspruchte
Zuflucht und Schutz und gab vor, den einen wahren Gott zu verehren. Damit hat
sie sich unseren Gesetzen unterworfen und unterliegt deshalb bei einem Verstoß
gegen die Gesetze der gleichen Bestrafung wie ein Israelit. Ihr Verbrechen ist
Hochverrat, da sie dem Feind als Spionin gedient hat. Und die Strafe für dieses
Verbrechen, wenn ihr sie schuldig sprecht, ist der Tod durch Steinigung.“
    Tob setzte sich mit

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