Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
doch sein, daß es seine Wirtin war, die für gelbe Mäntel mit grünen Spinnen schwärmte.
    Weshalb hatte Axel denn nach „unserer“ Melodie gefragt, wenn ich ihm gleichgültig geworden wäre? Warum hatte er das Löckchen am Ohr erwähnt?
    Morgen läutete er sicher an. Dann würde sich alles aufklären. Und Sonntag würden wir ganz bestimmt zusammen ausfahren. Der Kloß im Hals wurde kleiner. Ich konnte wieder gleichmäßig atmen.
    Der Vortrag war jetzt zu Ende, und im selben Augenblick ging die Tür zum Arbeitszimmer auf. Der Doktor kam heraus.
    „Sind Sie schon wieder da, Fräulein Hettring? Das ist aber nett. Ich wollte fragen, ob Sie wohl noch eine Tasse Kaffee zaubern würden? Maren hat mit den Bohnen so gegeizt!“
    „Aber natürlich.“ Ich stand auf, blieb dann aber stehen und sagte zu dem Doktor: „Entschuldigen Sie, Herr Doktor, wenn ich frage: würden Sie es einem Patienten gestatten, jeden Abend zwei bis drei Tassen starken Kaffee zu trinken?“
    Der Arzt sah mich an; er hatte genau solche Augen wie Bernt. Groß und grau und dunkel. Und es saß ein kleines Lächeln darin.
    „Sieh mal einer an. Da haben wir’s. Sie sind aber auch eine fürchterlich wachsame kleine Dadda. Sie finden also, ich sollte nicht noch mehr Kaffee trinken? Was haben Sie denn sonst zu bieten?“ „Obst zum Beispiel. Wir haben so schöne Äpfel. Und anregende Unterhaltung von Bernt und mir.“
    „Na schön. Also her mit den Äpfeln, wenn Sie so streng sind. Was hast du im Radio gehört, Bernt? Etwas Interessantes?“
    Ich hörte nicht mehr, was Bernt antwortete, denn ich ging hinaus, um die Apfel und Obstmesser und Teller zu holen. Als ich wieder hereinkam, saßen Vater und Sohn stumm da, der eine mit der Nase in
    einer Zeitung, der andere mit dem Radioprogramm.
    Aber dann fragte der Doktor, wie ich mich in Oslo zurechtgefunden hätte, und Bernt biß mit den kräftigen Zähnen in einen Apfel und legte die Radiozeitung aus der Hand. Ich wollte furchtbar gern versuchen, ihn aufzutauen; sein ernsthaftes Gesicht und seine andauernde Schweigsamkeit begannen mir allmählich auf die Nerven zu gehen.
    Aber da war ein anderer, der plötzlich Leben in die Bude bringen sollte. Kleine, tapsende Schritte auf der Treppe, die Tür ging auf, und herein kam Hansemann in seinem gestreiften Pyjama und mit seinem unbeschreiblichen Bären im Arm. Er hatte rote Backen und war ganz warm und mollig vom Schlaf, und er blinzelte durch die viel zu schwarzen und viel zu schönen und viel zu sehr nach oben gebogenen Augenwimpern. Zum Anbeißen süß sah er aus.
    „Aber Hansemann“, rief der Vater. „Weshalb liegst du nicht in deinem Bettchen und schläfst?“
    „Kann nicht schlafen, die Musik ist so laut“, sagte Hansemann. Er knautschte und war wie betäubt. Nun trippelte er zu seinem Vater hinüber, der ihn auf sein Knie nahm. Ich fuhr wie ein geölter Blitz nach oben zu den Zwillingen, drehte das Radio ab und jagte sie in ihr Zimmer hinüber. Unerhört, diese Rangen - hatte ich nicht gesagt, sie sollten das Radio ganz leise stellen?
    Als ich wieder nach unten kam, war der Doktor dabei, einen Apfel zu schälen, er zerschnitt ihn in kleine Scheiben, die er Hansemann in den Mund steckte. Hansemann kuschelte sich tief in Vaters Achselhöhle hinein.
    „Bist du Vaters lieber Junge, was?“ sagte der Doktor und strich Hansemann über die Locken. „Und wenn du deinen Apfel gegessen hast, dann gehst du wieder brav in dein Bett, nicht wahr?“
    „Ich will aber auf deinem Rücken hoppareiter machen“, sagte Hansemann.
    „Jaja, du sollst hoppareiter machen - hier sieh, das ist das letzte Stückchen, Mund auf, so, ja...“
    Meine Augen gingen zu Bernt hinüber. Dessen Augen hingen an dem Vater und dem Bruder, und sie waren fast schwarz.
    Der Doktor lachte mir zu. Er sah beinahe glücklich aus. „Haben Sie schon mal so einen kleinen Räuber gesehen, Fräulein Hettring? Nun, haben Sie den beiden Quirlen da oben eins auf den Kasten gegeben? Wenn die nur halb so leise wären wie mein Erstgeborener!“
    Da stand Bernt auf und ging langsam zur Tür. Dort wandte er sich um und schaute den Vater an, und als er sprach, klang seine Stimme ganz erwachsen, so traurig erwachsen:    „Das
    Erstgeburtsrecht verkaufe ich gern, und ich verlange nicht mal ein Linsengericht dafür. -Gute Nacht!“
    Die Tür schloß sich geräuschlos hinter Bernt.

Die grüne Spinne
    Ab und zu ist es ein wahrer Segen, wenn man viel zu tun hat. Meine Tage waren reichlich ausgefüllt.

Weitere Kostenlose Bücher