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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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komme schnellstens.“ Sie stürzte nach unten, um die erste Aufgabe in ihrem neuen Arbeitsbereich zu übernehmen.

Es gibt manche Lichtblicke
    „Der Himmel bewahr mich!“ rief Senta. Sie stand in der Küche, als Katrin von ihrem Einkauf zurückkehrte.
    „Was ist denn? Mögt ihr Aal nicht?“
    „Doch, sicherlich, Papa schwärmt für Aal, aber er kriegt nie welchen, denn weder Beatemutti noch ich verstehen, den Aalen die Haut abzuziehen.“
    „Das ist doch keine Kunst.“
    Da kam Beate gerade in die Tür. „Hilfe! Halt die Viecher fest, Katrin, ich habe ebensoviel Angst vor Aalen wie vor Kreuzottern.“ Jetzt sah Katrin ganz schuldbewußt aus. „Aber all die anderen Fische waren tot - mausetot - und ich kaufe doch keine toten Fische. Der Aal war das einzige Lebende, was er hatte.“
    „Wer soll die denn aber totmachen?“
    „Na, ich doch.“
    „Ja, wenn du das kannst, dann bist du der einzige Mensch aus meiner Bekanntschaft, der das versteht. Die armen Geschöpfe leben ja noch weiter, wenn man sie aufgeschnitten hat.“
    Katrin lächelte. „Geht ein bißchen weg, ich brauche Platz!“
    Beate und Senta sahen ihr mit großen Augen zu. Katrin packte den einen Aal mit einem festen Griff um den Kopf, mit der anderen Hand packte sie ihn um den Schwanz - der Griff rutschte ab, und sie nahm einen Lappen, griff von neuem zu, hob die Arme über den Kopf, hielt den Aal waagerecht ausgestreckt - und dann warf sie ihn mit voller Kraft auf den Fußboden.
    Das Tier zuckte noch ein paarmal, dann lag es völlig regungslos da. Dem zweiten Aal erging es nicht besser. Katrin hob sie vom Fußboden auf. Sie lagen schlaff und mausetot in ihrer Hand.
    „Hat man Töne!“ rief Senta voll Bewunderung. „Wie machst du das?“
    „Ach, das ist ein kleiner Kniff, den ich einem alten Fischer abgeguckt habe. Es hat keinen Zweck, nur den Kopf zu zerschmettern, man muß das ganze Rückgrat auf einmal lahmlegen.“ „Und jetzt?“
    „Jetzt wird die Haut abgezogen. Kann ich hier irgendwo einen Nagel einschlagen?“
    „Ja, hinten im Küchenflur - und der Werkzeugkasten steht hier.“ Mit drei, vier sicheren Hammerschlägen hatte Katrin den Aal an
    die Wand genagelt, schnitt mit geübter Hand rund um den Hals die Haut ein und zog sie herunter.
    „Ich muß schnell meinen Hut holen, damit ich ihn vor dir abnehmen kann“, sagte Senta.
    „Mein Mann wird einen Lobgesang auf dich anstimmen“, lachte Beate. „Solange wir verheiratet sind, hat er nur ein einziges Mal Aal gegessen, das war in diesem Sommer, in einem Fischrestaurant in Kopenhagen.“
    „Will Ry - ich meine - will Herr Doktor ihn gebraten oder gekocht haben?“
    „Gebraten und mit Remouladensoße dazu.“ Katrin wagte nicht, zu gestehen, daß sie nur ein einziges Mal Remoulade gemacht hatte, und die war bestimmt nicht kunstgerecht gewesen. Aber es gab Kochbücher im Haus. Und lesen konnte sie immerhin, wenn sie sich auch sonst unsagbar dumm vorkam.
    Nie in ihrem Leben hatte Katrin sich solche Mühe beim Kochen gegeben. Es war ja ihre Feuerprobe, sie mußte, mußte beweisen, daß sie zu irgend etwas zu gebrauchen war - in diesem Hause, wo alle alles konnten - ausgenommen Aale totmachen.
    Sie hatte sich erboten, das ganze Mittagessen allein zu machen und schälte gerade Kartoffeln, als die Tür aufging und ein neues Mitglied der Familie erschien, ein schlanker, blonder Junge von zehn Jahren.
    „Guten Morgen, Katrin. Willkommen. Ich bin Hans Jörgen.“ Eine tadellose Verbeugung.
    Katrin mußte sich schnell die Hände abwischen, um ihn zu begrüßen, Sie hätte sich nie träumen lassen, daß ein zehnjähriger Junge so erwachsen wirken könnte. Erst nachdem sie einen Monat bei der Familie Rywig lebte, wurde ihr klar, daß das, was sie „Erwachsensein“ nannte, nichts anderes war als Wohlerzogenheit.
    In diesem Augenblick wurde sie fast verzagt dieser vorbildlichen Erscheinung gegenüber. Als die Erscheinung aber den Mund aufmachte, klang das, was herauskam, außerordentlich normal: „Habt ihr ein Auto?“
    „Ja, mein Bruder.“
    „Was’n für ‘ne Marke?“
    „Einen Volkswagen.“
    „Standard oder Export?“
    „Export.“
    „Prima. Mit synchronisierten Gängen also.“
    „Ja, klar.“
    „Wir haben ‘n Ford.’ Kannst du ‘n Ford fahren?“
    „Ich habe es noch nie versucht, aber sicher kann ich es.“
    „Kannst du bloß ‘n Volkswagen fahren?“
    „O nein, ich habe mit einem Chevrolet gelernt.“
    „Dann schaffst du den Ford glatt.“
    „Das denke ich

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