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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Tisch. Sie begann zu essen und merkte nicht, daß Senta von der Seite zu ihr hinsah, merkte nicht, daß eine kleine Stille entstand. Aber da sagte Hans Jörgen laut und deutlich:
    „Du schlürfst dein Kompott, Katrin.“
    „Hans Jörgen“, sagte der Doktor scharf. „Man kritisiert nicht die Erwachsenen.“
    „ Ich darf es aber auch nicht tun, und dann darf es Katrin doch auch nicht - .“
    „Halt den Mund und iß.“ Katrin blickte auf. Alle anderen aßen eifrig, sagten nichts. Eine heiße Röte ergoß sich über ihr Gesicht. Dann begegnete sie Frau Rywigs Blick.
    „So ist das, Katrin“, sagte sie mit ihrer guten Stimme. „Hat man Kinder, die erzogen werden müssen, dann muß man doppelt gut auf sich selber aufpassen. Du weißt vielleicht, was die englischen Eltern sagen? ,Do as I tell you to do, but don’t do as I do.’“
    Katrin sah sie unsicher an. Sie hatte nichts verstanden.
    „Nein, Beatemutti, deine Aussprache kann doch auch kein Mensch verstehen“, lachte Senta. „Du hast sicher in der Schule eine Vier in Englisch gehabt.“ Dann wandte sie sich an Katrin: „Es ist ein uraltes Sprichwort, das Mutti meint: ,Tu, was ich dir sage, aber tu nicht das, was ich tue.’“
    Sie waren alle so freundlich, sie versuchten, ihre Böcke auszugleichen, sie wollten helfen, mit einem Lächeln darüber hinweggehen. Aber Katrin hatte einen Klumpen im Hals und kam sich unerzogen und dumm vor im Kreis dieser wohlerzogenen Menschen. -
    Abends mußte Herr Rywig schnell noch einmal in die Klinik.
    „Kommen Sie mit, Katrin? Wir können dann gleich Ihren Koffer vom Bahnhof abholen, und Sie können sich mit dem Wagen vertraut
    machen?“
    „Ja, schrecklich gern.“ Als sie gerade aus der Tür gehen wollten, wurde Dr. Rywig ans Telefon gerufen. Die Autoschlüssel lagen auf dem Tisch in der Vorhalle. Katrin biß sich auf die Lippe - ob sie -dann konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Sie nahm die Schlüssel, ging hinaus und ließ den Wagen an - und lenkte ihn tadellos aus der Garage.
    Er stand schon vor dem Gartentor bereit, als Herr Rywig kam. „Sieh mal einer an - können Sie mit einem Ford umgehen?“
    „Gefahren habe ich einen Ford noch nie, aber ich kenne ihn ja -ich weiß eine ganze Menge über Autos. Ich finde, es macht so viel Spaß.“
    Katrin hatte den Wagenschlag aufgemacht, um Herrn Rywig den Platz am Steuer zu überlassen, aber er winkte ab.
    „Bleiben Sie ruhig sitzen, wenn Sie Lust haben. Hier auf der Landstraße können Sie fahren, ich übernehme dann den Wagen im Stadtverkehr.“
    „Ja, tausend Dank - das ist furchtbar nett.“ Ihr Herz klopfte vor Freude. Sie war so aufmerksam und fuhr so ruhig und sicher, daß Herr Rywig lächelte.
    „Tüchtiges Mädel! Wenn Sie sich in der Stadt erst besser zurechtfinden, werde ich keinerlei Bedenken haben, mich neben Sie zu setzen.“
    „Ich habe keine Angst vorm Verkehr. Man muß nur einfach auf die Verkehrsschilder achtgeben.“
    „Ja gewiß, aber Sie wissen, in einer Stadt zu fahren, die man nicht kennt, ist unangenehm. Und Sie kennen doch Oslo noch nicht?“
    „Nein. Aber heute lerne ich nun den Weg zur Klinik.
    Und auf diesen kommt es wohl vor allen Dingen an.“
    „Ja, das ist allerdings richtig. Nächste Straße links einbiegen, Katrin.“
    „Ja, gut.“ Sie achtete haarscharf auf jedes Verkehrszeichen. Heute hatte sie genügend Schnitzer gemacht. Der Tag mußte gut enden - er mußte damit enden, daß sie gelobt wurde.
    Und so endete er auch. Als sie mit dem Koffer im Gepäckraum und Katrin am Steuer nach Hause kamen, stand Frau Rywig im Garten. Sie machte das Tor auf und lächelte, als sie sah, daß es Katrin war, die den großen Wagen zwischen die Torpfosten und in die Garage lenkte. „Nun, was sagst du zu dem neuen Chauffeur,
    Gerhard?“
    „Was ich sage? Ich habe natürlich nur Gutes zu sagen. Wie könnte ich etwas anderes sagen, da ihn meine unfehlbare Frau für mich ausgesucht hat?“
    Er legte den Arm um seine Frau, und Seite an Seite gingen sie den Gartenweg hinauf und ins Haus.
    Katrin folgte ihnen mit den Augen. Und ihr fiel plötzlich ein - so, genauso gingen vielleicht Andreas und Anja jetzt daheim zur Tür hinein. Daheim, wo die frischtapezierte Stube vor Ordnung und Sauberkeit blitzte - daheim, wo unter den Möbeln keine Staubflocken mehr lagen, wo das Silber geputzt war und die Vorhänge schimmernd rein waren, wo nie mehr schmutziges Geschirr auf dem Küchentisch herumstand. Sie schluckte.
    Und dann zwang sie sich, an das

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