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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Stück Land zu denken, unten am Wasser, am Fuße der Anhöhe, das ihr gehörte. Es gehörte ihr ganz allein, und einmal - einmal in der Zukunft würde dort ein Häuschen stehen, das ihr gehörte - vielleicht daneben eine Garage mit einem kleinen Wagen - einem lustigen, winzigkleinen Zweisitzer...
    Als sie und Senta oben in ihrem Zimmer waren, überfiel die Müdigkeit sie mit einem Schlage. Sie konnte nur noch gerade ihre Zähne putzen, dann zerrte sie ihre Sachen vom Körper, warf sie in einem Knäuel auf den Stuhl und sank ins Bett. Senta warf einen nachdenklichen Blick auf den kurzgeschnittenen Schopf, der als einziges über dem Deckbett hervorschaute. Sie mußte Katrin in irgendeiner Form begreiflich machen, daß man sich wusch, bevor man ins Bett ging...  Aber wie?
    Denn eines hatte dieser erste Tag Senta gelehrt: Katrin gehörte nicht zu denen, denen man eine Sache geradeheraus sagen konnte, man mußte sie mit Samthandschuhen anfassen, wenn man sie nicht verletzen wollte.
    Mit gerunzelten Brauen stiefelte Senta ins Badezimmer.

„Das kommt daher, weil ..."
    „Du, Katrin“, sagte Hans Jörgen.
    „Ja?“
    „Hast du die Isetta gesehen, die Erlestads haben?“
    „Meinst du die Leute nebenan? Heißen die Erlestad?“
    „Ja natürlich. Sag mal, verstehst du, warum die Hinterräder so dicht beisammen stehen?“
    „Natürlich verstehe ich das. Der Wagen hat kein Differential, weißt du.“
    „Was ist denn das, ein Dif-Differential?“
    „Das ist so ein kleines, praktisches Ding an der Hinterachse. Dadurch    können    die Hinterräder mit    verschiedenen
    Geschwindigkeiten fahren.“
    „Unsinn, die fahren doch gleich schnell, sonst würde es doch gar nicht gehen!“
    „O nein, nicht immer. In einer Kurve zum Beispiel fährt das äußere Rad schneller als das innere.“
    Hans Jörgen schüttelte den Kopf. „Das kapiere ich nicht.“
    „Hast du einen Bleistift, dann zeichne ich es dir mal auf. Guck mal hier - dies ist eine Straße, die biegt so um, siehst du? Da siehst du doch, daß die äußeren Räder ein längeres Stück zurückzulegen haben, als die inneren.“ Hans Jörgen studierte die Zeichnung mit zusammengezogenen Brauen.
    „Aha, ja - jetzt verstehe ich. Und die beiden Räder, die so dicht beisammen stehen, die brauchen dann also kein längeres Stück zurückzulegen als die inneren. Diff - Diff -.“
    „Differential. Nein eben. Die beiden Räder laufen so, als ob sie -ja, eigentlich genauso, als ob sie ein Doppelrad wären.“
    Hans Jörgen sah Katrin mit unverhohlener Bewunderung an.
    „Was du nicht alles kannst!“
    „Ich? O nein, Hans Jörgen, ich kann nicht viel.“
    „Doch. Du kannst Fische totmachen und alle Automarken fahren, du weißt, wie die Autos innendrin aussehen, und du kannst - du kannst -.“
    „Ja, siehst du, jetzt fällt dir nichts mehr ein.“
    „Doch, wohl, du kannst kochen.“
    „Na, damit ist es nicht weit her. Aber jetzt habe ich keine Zeit mehr, Hans Jörgen. Ich muß erst die Küche in Ordnung bringen.“
    Es war nicht zu leugnen, daß es die Mannsleute in diesem Hause waren, mit denen sie am besten auskam. Hans Jörgen bewunderte sie grenzenlos, der kleine Stephan war schwer begeistert, wenn sie mit ihm spielte, ihn auf ihre kräftigen Arme nahm und in die Luft warf. Dann jauchzte er vor Wonne, und ständig rief er nach „Kati, Kati!“
    Auch mit Dr. Rywig kam sie gut aus. Als sie ihn am zweiten Morgen in die Stadt fuhr und er sich verabschiedete, lächelte er sie an und sagte: „Sie sind eine rechte Wohltat, Katrin, weil Sie schweigen können. Meine beiden Töchter halten den Weltrekord im Schwabbeln. Aber wenn Sie neben mir im Wagen sitzen, habe ich Ruhe zum Denken, und es ist Gold wert, wenn man den Tag mit einer stillen Meditation beginnen darf. Dabei fahren Sie so sicher, daß ich morgens auf der Fahrt in die Stadt tatsächlich entspannen kann.“
    Katrin wußte nicht, was Meditation bedeutete, aber sie errötete vor Freude. Nicht möglich, daß sogar ihre unbeholfene Schweigsamkeit ihr ein Lob eintragen sollte - die Schweigsamkeit, die bloß eine Folge ihrer Scheu zu reden war.
    „Soll ich Ihnen den Wagen auf den Hof fahren, Herr Doktor?“
    „Ach ja, bitte - nein, halt, wissen Sie, was Sie tun können? Sie können wieder nach Hause fahren, meine Frau möchte heute in die Stadt, daß weiß ich. Sie fahren sie nachher herein und vielleicht läßt es sich einrichten, daß ihr mich auf dem Rückweg abholt. Ich läute in etwa einer Stunde zu Hause

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