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Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden

Titel: Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Minuten, kaum daß die Lodge außer Sehweite war, stand plötzlich eine Gazellenherde vor uns. Es waren meine Lieblinge - oder sagen wir eine meiner Lieblingsarten - die bezaubernden kleinen Thomsongazellen mit dem feinen Gehörn und den schwarzen Längsstreifen an den Flanken. Wie gut kann ich verstehen, daß die Gazelle das Sinnbild der Anmut geworden ist!
    Dann drehte Moses kühn das Steuer, verließ den Weg, und jetzt fuhren wir durch das Gras, direkt in die weite, herrliche, verheißungsvolle Savanne hinein.
    Hinter mir erklang eine Stimme:
    „Jetzt, Sonja! Guck nach rechts!“
    Ich tat es, dann drehte ich mich um und traf Heikos Blick.
    „Ja, Heiko - Impalaantilopen! Aber nur Weibchen - ach nein, da sind ja auch die Böcke!“
    Zwei Rudel getrennt, vielleicht zwanzig bis dreißig Weibchen, zum Teil mit ihren Kleinen - dann die Böcke mit ihrem wunderschönen Gehörn. Die Sonne fiel durch das dünne Geäst einer Baumgruppe. Licht und Schatten spielten auf den rot-gold-braunen Rücken der Tiere.
    Wie glücklich war ich doch, daß ich so viel gelesen hatte, bevor ich auf diese Reise ging! Oft wußte ich sofort, welche Tiere wir sahen, bevor der Wildwart es erklärte. Und wenn ich im Zweifel war, dann wußte auf jeden Fall Heiko Bescheid.
    Die Tiere waren gar nicht scheu. Sie ästen ruhig weiter, höchstens hoben sie für einen Augenblick die Köpfe und äugten uns an, dann fraßen sie weiter.
    Was wir am häufigsten sahen, waren die Kongonis, eine Art Kuhantilopen. Moses nannte sie „Hartebeest“, und Heiko erklärte, das sei eine holländische Bezeichnung aus der Burenzeit. Davon sahen wir mehrmals größere Herden. Wir durften uns ruhig leise unterhalten, das störte die Tiere anscheinend nicht.
    „Und wenn ich daran denke“, sagte Frau Dieters, „wie geduldig und leise man sein muß, wenn man in den deutschen Wäldern Wild sehen möchte! Welches Glück es ist, dort ein Damwildrudel von zehn, fünfzehn Tieren zu sehen, und wie scheu sie sind!“
    „Und weißt du noch, wie wir atemlos stehenblieben, als wir zwei Rehkitze spielen sahen?“ fragte ihr Mann.
    „Senta“, sagte ich und drehte den Kopf. „Weißt du noch... damals vor vielen Jahren, als wir die Rentiere im Gebirge sahen? Wie sie flüchteten, bevor wir sie richtig ansehen konnten?“
    Die Tierherden hier waren überwältigend. Und welcher Reichtum! Dabei waren wir noch nicht mal im Nationalpark. Erst morgen würden wir über die Grenze nach Tanzania fahren, und dann hinein in die Serengeti.
    Serengeti...
    Vor fünf Monaten ein unerreichbares Ziel, eine Utopie, ein unerfüllbarer Wunschtraum. Heute, vielmehr morgen, Wirklichkeit. Wie konnte ich bloß dem Schicksal und dem lieben Gott dafür danken?
    Moses hielt. Ein Stückchen vor uns tauchten drei, vier Tiere auf. Auch eine Art Antilopen, aber - sie waren so sehr groß, was war das nun gleich...?
    „Warum haben sie blaue Keulen?“ fragte die Tigerin.
    „Weil Grün von all dem Gras nicht genügend abstechen würde, gnädige Frau“, sagte der unverbesserliche Herr Dieters.
    „Es sind Topiantilopen“, erklärte Heiko schnell, bevor Frau Tiger das mit Grün und Blau näher erörtern konnte. „Die größte der Kuhantilopenarten.“
    Der Wildwart sah aufmerksam durchs Fernglas, durchsuchte die Gegend systematisch. Daß wir nicht wegen der Topis hielten, wurde mir allmählich klar.
    Der Wildwart nickte, Moses fuhr weiter über das holperige Gelände.
    „Sagen Sie der Gruppe, sie muß jetzt vollkommen ruhig sein“, sagte mir der Wildwart leise. „Da vorn ist ein Elefant, wir werden mal sehen, wie nahe wir heranfahren können.“
    Ich übersetzte. Alle schwiegen. Auch die Tigerin. Wie mochte Frau Dieters das geschafft haben? Daß wir es ihr zu verdanken hatten, davon war ich überzeugt.
    Da vorn. was ich zuerst für ein Felsstück gehalten hatte, bewegte sich plötzlich. Jetzt nahm es eine wohlbekannte Form an. Wir konnten den mächtigen Rüssel erkennen, dann die unglaublich langen, prachtvollen Stoßzähne und die enormen Ohren, die diesen Riesen von seinen kleineren indischen Verwandten unterscheiden.
    Moses fuhr einen Halbkreis, er achtete anscheinend auf die Windrichtung - oder ging es nur darum, den Wagen so hinzustellen, daß er schleunigst davonfahren könnte, falls der Elefant sich zu neugierig, zu aufdringlich oder gar angriffslustig zeigen sollte?
    Aber der Koloß war weder das eine noch das andere. Er stand da in erhabener Einsamkeit, der König seines Reiches, ein Konzentrat von

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