Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
ausdrückten.
„Ganz ruhig jetzt! Dann werden wir eine Löwin zu sehen bekommen!“
Wie war ich aufgeregt! Ich war in einem Land groß geworden, das keinen Zoo besitzt. Vor vier Jahren waren wir in Dänemark gewesen, da hatte ich im Kopenhagener Zoo zum ersten Mal Löwen gesehen, und überhaupt eine schöne Sammlung wilder Tiere. Später war ich in London öfters im Zoo und hatte seitdem eine Vorliebe für die großen Raubkatzen.
Aber jetzt... eine Löwin ohne Gitter, ohne Schutzgraben - nur ein paar Meter von uns entfernt!
Der Wildwart legte den Finger auf den Mund. Sieben Köpfe nickten verständnisvoll und gespannt.
Da. vor einem kleinen Felsstück wuchs niedriges Gebüsch, und aus diesem Gebüsch steckte die Löwin ihren Kopf. Moses hielt, schob das Schiebedach nach hinten, die anderen standen auf, wortlos
- richteten nur ihre Kameras auf das wunderschöne Tier.
Es blieb ruhig liegen, drehte den Kopf ein bißchen und gähnte herzhaft. Es sah uns noch einmal an, dann legte es den Kopf auf die mächtigen Vorderpranken und schloß die Augen.
Hinter mir zeichnete Herr Dieters wie besessen.
Was hatte die Löwin für anmutige Bewegungen! Bewegungen wie unsere lieben und harmlosen kleinen Hauskatzen, nur in vergrößerter Ausgabe.
Moses und der Wildwart waren geduldig. Wir durften sehen, bewundern, fotografieren und zeichnen aus Herzenslust. Die Löwin machte die Augen einen Spalt auf, dann stand sie auf, streckte sich, gähnte wieder und verschwand im Schatten hinter dem Gebüsch.
Wir schwiegen lange. Es war so unwahrscheinlich schön gewesen.
„Zehn Meter war sie von uns entfernt“, sagte Frau Dieters leise. „Ich habe es auf dem Entfernungsmesser des Fotoapparats abgelesen.“
Wir waren schon mehrere Stunden unterwegs. Nun kündigte Moses an, es ginge zur Lodge zurück, zum Lunch. Am Nachmittag würden wir wieder losfahren.
Zweimal mußte er auf dem Rückweg doch halten. Einmal, als eine unglaubliche Menge Zebras dicht am Straßenrand stand - ein paar Meter weiter weg drei Giraffen. Das zweite Mal hielt er ganz plötzlich, und der Wildwart flüsterte:
„Auf dem Hügelchen da rechts - Zebramangusten. Vorsichtig, sie sind sehr scheu!“
Heiko hatte schon unsere Filmkamera vor den Augen. Ich konnte eben nur erkennen, daß die Tiere klein und niedlich waren, so ungefähr katzengroß, weich und geschmeidig. und schon waren sie weg.
„Das war ein Glück!“ lächelte Heiko. „Die kleinen Mangusten haben nichts zu lachen, sie sind außerstande, sich gegen ein großes Raubtier zu verteidigen.“
Als wir dann auch eine ganze Familie Paviane gesehen hatten -Moses nannte sie Baboons, Heiko übersetzte es mit „Bärenpaviane“ -, da fanden wir, daß dieser Vormittag uns ein gerüttelt Maß voll Glück gebracht hatte!
Als wir uns frischgemacht hatten, was dringend not tat - wir waren so dreckig, wie ich es seit meinem sechsten Jahr nach dem Spielen im Sandkasten nicht gewesen war -, traten wir aus unserer Gittertür im gleichen Augenblick, als das Ehepaar Tiger aus dem Nachbarappartement erschien. Zwei Sekunden später kamen auch Herr und Frau Dieters.
„Sehen Sie, hier wohnen wir auch in Käfigen“, lächelte Frau Dieters.
„Ja“, sagte Frau Tiger. „Aber das ist doch was anderes. Für uns ist die Gitterwand ein Schutz gegen wilde Tiere.“
„Und im Zoo sind die Gitterwände oft für die Tiere ein Schutz gegen unvernünftige Menschen“, sagte Frau Dieters. „Den Platz hinter dem Gitter betrachtet das Tier als sein Heim, sein Revier. Da ist es Herr und Besitzer, da ist es geschützt und sicher!“
„Meinen Sie wirklich?“ antwortete Frau Tiger zögernd. Zum ersten Mal, seit wir sie im Flughafen Frankfurt sahen, machte sie den Eindruck, über etwas nachzudenken.
Am Lunchtisch drehte sich natürlich alles um die unvergeßlichen Erlebnisse des Vormittags. Herr Tiger saß und machte Notizen in ein kleines Büchlein.
„Mein Mann schreibt ein Reisetagebuch“, erklärte seine Frau. „Du, die mit den blauen Flecken hießen doch Tropiks oder so ähnlich.“
„Topi“, half Heiko.
„Ach ja, richtig. Aber das Niedlichste, das waren doch die kleinen Zebralangusten!“ fügte Frau Tiger hinzu und nahm ein Stück Hummer von der kalten Platte.
Meine Serengeti
Wir blieben noch eine Nacht in Keekorok.
So konnten wir den ganzen Tag dort voll ausnützen. Nichts mit schnellem Packen, nichts mit Hetzen, um zur nächsten Station zu kommen.
Nachmittags fuhren wir wieder ins Gelände. Daß der Wagen
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