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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Badestrände, wo die Schwimmer durch solide Stahlnetze gegen die Haie geschützt waren.
    Gut, wir sahen keine Touristen-Sehenswürdigkeiten. Aber wir erlebten die fremde Atmosphäre, all das Bunte, Laute, Schillernde -und Duftende!
    In einem kleinen Seidengeschäft kauften wir unsere Stoffe -Senta würde hochspringen, so schön war die feste, schwere Rohseide, die ich für sie wählte. Nachher bekam ich einen Anfall von Geistesschwäche: Ich wurde ganz weich, als ich einen roten Kimono für ein Baby sah! Was mein Neffe damit anfangen könnte, ahnte ich nicht, aber das kleine Kleidungsstück war so niedlich, daß ich es kaufte! Ich fragte den Verkäufer, was die eingestickten Zeichen bedeuteten, und er übersetzte sie mit „Viel Glück“.
    „Hoffentlich stimmt’s“, sagte ich. „Vielleicht bedeutet es ,Du Erztrottel’ oder ,Hau ab, du Idiot’!“
    Wir aßen Lunch auf chinesisch, und ich konnte schon wieder mit meinem Stäbchenessen angeben. Nachher fuhren wir zurück zum Hotel. Ich jagte Tante Helene ins Bett und übernahm das Packen.
    Sie behauptete, daß sie gar nicht schlafen könne, aber es sei wunderbar, waagerecht zu liegen und sich zu entspannen. Sie sah mich lächelnd an, als ich Sentas hübsche Kleider zusammenlegte und in den Koffer packte.
    „Eigentlich muß es praktisch sein, eine Zwillingsschwester zu haben“, meinte sie.
    „Und ob! Wir haben es immer so gemacht, daß nur eine von uns zur Schneiderin zur Anprobe ging - und als ich das erste Mal ins Ausland fuhr, hatte ich ein Bild von Senta in meinem Paß!“
    Tante Helene bat mich, den Nachmittagstee ins Zimmer zu bestellen, und ich ergriff das Telefon.
    „Tafadhali, nipe chai mbili.“, fing ich an.
    „Pardon, Madam?“ fragte eine Stimme.
    Und Tante Helene rief laut lachend: „Sonja! Du hast Suaheli gesprochen!“
    Ich wiederholte meine Bitte auf englisch und fiel lachend auf die Bettkante.
    „Ich dachte wohl, ich sei in Nairobi! Aber ist es vielleicht ein Wunder, daß ich meine vier Sprachen durcheinanderbringe?“
    „Nur vier? Kannst du kein Französisch?“
    „Doch. Einen Satz. Nämlich ,Je t’aime,’ ,Ja’ und ,merci’.“
    „Dann ist es also besser, daß ich euch nicht nach Westafrika schicke“, sagte Tante Helene und setzte sich im Bett auf, parat zum Empfang des Teetabletts.
    Es wurde Abend, und wir fuhren zum Flughafen. Morgen früh würden wir in einem anderen Erdteil sein. Bis jetzt war es nur eine Einleitung - morgen würde das Eigentliche anfangen, oder das Zweiteigentlichste. Ich freute mich auf die Tage in Neuguinea, aber das ganz große Eigentliche würden wir erst auf dem australischen Festland erleben.
    Wieder saßen wir nebeneinander im Flugzeug. Auf dem dritten Platz Frau Werner. Unser lieber, umsichtiger Mr. March sorgte dafür, daß sie mit uns Deutschsprechenden zusammenkam.
    Einen letzten Blick auf Hongkong, auf das Lichtermeer, auf diesen unruhigen, bunten Ameisenhaufen. Ich war froh, daß ich diese Tage erleben durfte. Aber ich würde mich nie nach Hongkong zurücksehnen.
    „Ein weiter Flug ist wie ein Krankenhausaufenthalt“, sagte ich, als wir die schönen Tabletts mit einem wunderbaren Abendessen bekommen hatten. „Ja, wirklich! Man liegt, beziehungsweise sitzt da, kann nichts Vernünftiges unternehmen, man liest ein bißchen und nickt für ein paar Minuten ein und ist dankbar für jede Abwechslung. Ob es nun eine Krankenschwester ist, die einem ein Glas Wasser und eine Medizinflasche bringt, oder eine Stewardeß, die Getränke serviert oder am Ende der Reise die gesegneten nassen, heißen Frottierlappen! Und sowohl im Krankenhaus als im Flugzeug sind die Mahlzeiten die großen Ereignisse!“
    „Ich dachte, das Lesen sei für dich im Krankenhaus die große Abwechslung gewesen“, schmunzelte Tante Helene.
    Ich lächelte nur, Worte waren überflüssig. Tante Helene war wohl der Mensch, der am besten wußte, daß ich gerade im Krankenhaus das gelesen hatte, was für meine ganze Zukunft bestimmend geworden war.
    Ich hob meinen Orangensaftbecher.
    „Prost, Tante Helene! Auf das Krankenhauslesen!“
    Frau Werner sah desorientiert aus. Aber sie war ein dezenter Mensch und fragte nicht.
    Um uns war die Tropennacht, unter uns war irgendwann der Äquator, wir erfuhren nur nicht wann. Es war anders damals, als wir mit einem Charterflugzeug geflogen waren. Dort bekamen wir ein Glas Sekt, als wir den Äquator überquerten, und eine feine Urkunde von Aolus, dem Gott der Lüfte!
    Das Licht wurde ausgemacht, wir

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