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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Papiertaschentuch in die Hand gesteckt hatte, sagte sie ganz leise: „Thank you!“
    Ein niedriges, leichtgebautes Häuschen, dahinter ein Gärtchen mit einem Paradiesfruchtspalier und ein paar Bäumen mit bunten, zwitschernden Vögeln, so war unser Hotel in Mount Hagen. Es sah einfach und anspruchslos aus und so sauber, so frisch, so gepflegt!
    „Oh, hier könnte ich Wochen verbringen!“ rief ich, als wir in unser Zimmer kamen. Es war nett und freundlich in all seiner Einfachheit. „Nein, guck doch, Tante Helene - du brauchst deinen Spiritusapparat gar nicht auszupacken, hier ist an alles gedacht worden!“
    Auf einem großen Tablett stand ein Schnellkocher, da lagen kleine Tüten mit Pulverkaffee und Teebeuteln, Zucker und Kaffeesahne, und sogar eine Minipackung Kekse.
    Im Bad war eine Wäscheleine - ich freute mich schon darauf, all den Hongkongschweiß aus unseren Sachen auszuwaschen!
    Aber vorläufig hieß es nun, sich selbst zu waschen und dann durch den Garten zu wandern, rüber zu dem Nebengebäude, wo sich anscheinend der Speiseraum befand.
    Hier war kein langes, raffiniertes Menü, keine Auswahl an Getränken. Aber das, was wir bekamen, war gut und reichlich.
    Einen Aufenthaltsraum gab es nicht. Entweder mußten wir im Freien sitzen oder uns in die Schlafzimmer zurückziehen.
    Letzteres war augenblicklich zweckmäßig. Wir hatten unsere Betten in Hongkong vor 36 Stunden verlassen.
    „Wenn dein Arzt das wüßte, Tante Helene!“ sagte ich.
    „Mein Arzt kann mir gestohlen bleiben“, antwortete Tante Helene und zog die Bettdecke bis unter ihre Nasenspitze.
    „Gute Nacht, Sonjalein, ich freue mich auf morgen!“
    „Ich auch, Tante Helene! Und auf die Koalas, in fünf Tagen!“ „Und auf Heiko in zehn“, kam es aus Kissen und Decken an der anderen Zimmerwand.

Wir leben gefährlich
    Es war vielleicht die Vorfreude auf diesen Tag, die mich nicht länger schlafen ließ. Schon um halb sieben war ich hellwach. Heut würde ich Tante Helene mit Morgenkaffee wecken! Ich stand lautlos auf, schlich ins Bad, um mir die Hände zu waschen. Dann machte ich den Schnellkocher an. Ich schaute aus dem Fenster. Noch war der Himmel bedeckt, aber gestern abend hatten wir ein wunderbares Abendrot gehabt. Ich dachte an den alten Spruch: „Ist Abend rot und Morgen grau, dann wird nachher der Himmel blau.“ Und für unser heutiges Programm brauchten wir einen blauen Himmel! Wir wollten ins Gebirge fahren, wir würden Papuadörfer besuchen, uns mit den freundlichen Eingeborenen unterhalten (per Fingersprache und Dolmetscher) und einen Tierpark besuchen, wo wir Kuskus und Baumkänguruhs, Kasuare und Paradiesvögel zu sehen bekommen würden. Wir wollten irgendwo im Freien unseren mitgebrachten Lunch verzehren - ja, ich freute mich riesig auf diesen Tag!
    Das Wasser kochte, und ich machte den Kaffee zurecht. Tante Helene wurde wohl vom Kaffeeduft wach. Sie machte die Augen auf und lächelte.
    „O Sonja, wie schön, ich verdopple dein Gehalt!“
    „Nur feste weiter, Tante Helene! Jetzt bin ich auf zwei Pfennig im Monat gekommen! Nun sag mir bloß, was ich heut anziehen soll. Sentas lange Hosen oder Sentas Leinenrock?“
    „Lange Hosen wären wohl das beste“, meinte Tante Helene. „Aber nimm doch den Rock mit, du kannst dich ja unterwegs umziehen, falls es dir zu warm wird!“
    „Ja, das tu ich! Ach, nichts geht über eine gute Zwillingsschwester mit hübscher Garderobe! Weißt du, das einzige was ich von Sentas Sachen nicht tragen kann, sind ihre Umstandskleider!“
    Tante Helene sah mich an, halb fragend, halb sinnend.
    „Ich hoffe sehr, daß du die auch einmal brauchen wirst“, sagte sie zuletzt.
    „Ja, das hoffe ich auch. Aber wir müssen noch warten, Tante Helene!“
    „Warum eigentlich?“
    „Warum? Und das fragst du! Weil wir in einer Hütte in Afrika wohnen - weil wir für dein Institut arbeiten - weil ich alle Hände
    voll zu tun habe.“
    „Daß ihr in Afrika wohnt, wäre wohl kein Grund“, erwiderte Tante Helene. „Schließlich werden ja auch in Afrika Kinder geboren. Ich bin mir nicht sicher, wie du darüber denkst, Sonjalein. Wünschst du dir ein Kind, und bedeutet es dir ein Opfer, noch zu warten? Oder meinst du, daß es zu kompliziert für dich werden würde, daß es dir, um einen häßlichen Ausdruck zu benutzen, lästig sein könnte?“
    Ich dachte nach, rührte in meiner Tasse um und wußte nicht so richtig, was ich antworten sollte.
    „Das Wort ,lästig’ trifft nicht zu, Tante Helene“,

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