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Rywig 10 - Machst Du mit Senta

Titel: Rywig 10 - Machst Du mit Senta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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der Eile. wer hat schon ganz nach hinten geguckt.“
    Frau Lander war leichenblaß geworden. „Und sie hat keine Tasche mit, kein Geld, keinen Paß.
    Um Gottes willen, was machen wir.“
    Heiko sprach mit unserem Fahrer. Ja, er hatte ein paar Worte mit seinem Kollegen im anderen Bus gewechselt. Dieser war sehr in Zeitnot. Er wollte sofort nach Jasper fahren, er hatte schon erhebliche Verspätung.
    Noch ein Grund, daß niemand die Zeit gehabt hatte, ausgerechnet auf die Hinterbank des Busses einen Blick zu werfen.
    Möge Isabel bloß da sein! Sie war so unberechenbar, man konnte nicht wissen. oder vielleicht hatte sie sich auf der anderen Straßenseite ins Gebüsch zurückgezogen? So was kommt auf einer weiten Busfahrt vor, wenn weit und breit keine Toilette ist.
    Frau Lander, Sonja und ich gingen auf die Suche. Wir riefen, wir pfiffen - außer ein paar aufgescheuchten Erdhörnchen rührte sich nichts.
    Was sollten wir bloß machen?
    „Passen Sie auf“, sagte Herr Weiden, als wir von der vergeblichen Suche zurückkamen. „Ich werde mal sehen, ob irgendein Auto mich mit nach Jasper nimmt. Dann fahren Sie auf dem schnellsten Wege zurück nach Lake Louise, von dort rufen Sie das Motel in Jasper an, und sagen, das Mädchen soll warten, gleich kommt ihr Reiseleiter. Ist das nicht die beste Lösung?“
    Das war es, ohne Zweifel.
    In diesen leeren, unbewohnten Gegenden waren die Autofahrer hilfsbereit. Der erste Wagen, der angerollt kam, hielt sofort auf sein Winken, und nach zwei Minuten saß Herr Weiden drin und fuhr Richtung Jasper.
    Und unser Bus brachte uns zurück zum Hotel in Lake Louise.
    Es wurde rumgerätselt, alle unterhielten sich über denkbare und undenkbare Möglichkeiten, von Ohnmachtsanfall bis Entführung, von Sittlichkeitsverbrechen bis Absturz in den See.
    Ich hatte mich neben Frau Lander gesetzt und versuchte, sie zu trösten. Isabel würde ganz bestimmt in dem anderen Bus tief schlafen! Ich hatte mehrmals gesehen, wie sie schlafen konnte, im Bus, im Flugzeug und auf dem Schiff.
    Und ich hatte ihr ja selbst gesagt, daß sie sich auf die Bank hinle-gen könnte. Daß man in einen verkehrten Bus einsteigen konnte, war durchaus denkbar. Diese Busse sahen ja alle gleich aus.
    „Wenn sie bloß nicht. Sie wissen ja nicht, Frau Skogstad.“ Dann schwieg Frau Lander und preßte die Lippen zusammen.
    In Lake Louise ging Heiko schnurstracks zum Telefon und bekam Verbindung mit dem großen Motel in Jasper. Ja, man erwartete dort eine Busgesellschaft, eigentlich müßte sie bald da sein. - Heiko erklärte klar und deutlich die Situation, und man versprach ihm, nach Isabel Ausschau zu halten.
    Dann konnten wir nichts mehr machen.
    Ich ging mit Frau Lander in ihr Appartement. Viel konnte ich ja nicht tun, aber sie sollte nicht allein sein!
    Es war jetzt sieben Uhr. Frühestens um neun könnte der Bus in Jasper sein. Zwei Stunden in Angst und Ungewißheit mußte die arme Mutter verbringen.
    Ich holte Kaffee aus unserem Appartement und brühte eine große Portion auf, eine Menge, die nach kanadischen Bräuchen für die ganze Reisegruppe gereicht hätte. Ich dachte an eine Weisheit von meiner Beatemutti: „Wenn du gar nicht weißt, wie du einem Mitmenschen helfen sollst, dann gib ihm eine Tasse starken Kaffee!“
    Draußen bereitete man einen Barbecue-Abend vor. Einige Meter vom Haus entfernt war ein großes Zelt mit Bänken, Holztischen und einem Grill. Da sollte heute abend gegessen werden. Der ,Amerika-Bajuware’, mit Lobo an den Fersen, trug schon große Ladungen Steaks dorthin.
    Frau Lander trank ihren Kaffee, und plötzlich fing sie an zu reden. Sie redete, redete, hörte gar nicht auf. Es war, als wäre ein Sicherheitsventil geplatzt. Alles, was sich in ihr an Kummer und Verzweiflung angesammelt hatte, brach nun aus ihr heraus. Es war ein Strom, eine Lawine, die sich einfach nicht aufhalten ließ.
    Ich konnte nichts anderes tun als dazusitzen und zuzuhören, sie reden lassen.
    Sie hatten gestern eine furchtbare Auseinandersetzung gehabt, Mutter und Tochter. „Meine Verzweiflung ging mit mir durch“, flüsterte Frau Lander. „Ich hatte mich zu lange beherrscht, habe zu lange Geduld gehabt. Zu lange gehofft, daß sich alles einrenken würde. Gestern hatte sie wieder getrunken, ich weiß nie, woher sie den Alkohol bekommt, es ist mir immer ein Rätsel. Dann entdeckte ich, daß ihre Gesichtswasserflasche Whisky enthielt und daß zehn Dollar aus meinem Geldbeutel verschwunden waren. Ja, dann verlor ich also

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