Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 10 - Machst Du mit Senta

Titel: Rywig 10 - Machst Du mit Senta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
sagte sie nie etwas. Kein Meckern, keine Kritik, auch keine Bitten an uns „Reisehostessen“.
    Eigentlich sollte man sich gerade um einen solchen stillen, einsamen Menschen kümmern. Es mußte furchtbar sein, eine solche Reise allein zu machen - keinen lieben Menschen bei sich zu haben, mit dem man alle Freuden und alle Erlebnisse teilen konnte!
    Ein paar der anderen Alleinreisenden schienen irgendwie Anschluß gefunden zu haben - da war zum Teil meine geschickte Schwester tätig gewesen. Aber Fräulein Rothbaum war immer allein. Wie sollte ich nun mit ihr ins Gespräch kommen, wie sollte ich etwas für sie tun können?
    Da kam mir der Zufall zur Hilfe. In einer Kurve fiel eine Strickjacke aus dem Gepäcknetz und direkt auf Fräulein Rothbaums Kopf. Ich war wie der Blitz an ihrer Seite.
    „Entschuldigen Sie vielmals, Fräulein Rothbaum, ich glaube, es war meine Jacke. Haben Sie sich sehr erschrocken?“
    „O nein, durchaus nicht, ich bin ja wach. Es wäre schlimmer, wenn es einen der Schlafenden getroffen hätte!“
    „Sind Sie gar nicht müde?“ fragte ich und verstaute die Jacke etwas sicherer im Netz.
    „Doch, eigentlich bin ich das auch, aber wissen Sie, es ist ja alles so märchenhaft schön, ich möchte keine Sekunde von diesem Tag verschlafen!“
    „So geht es mir auch! Es ist meine erste Reise auf dem amerika-nischen Kontinent.“
    „Und meine erste Reise außerhalb Europas - vielleicht bleibt sie auch die einzige. Dann muß ich doch jede Sekunde auskosten!“
    „Und sind Sie bis jetzt zufrieden?“
    „Ich bin überwältigt! Und ich freue mich so sehr auf Yukon und auf Alaska. Sich vorzustellen, den alten Goldgräbern sozusagen nachzufahren, das zu sehen, worüber man gelesen hat - Jack London zum Beispiel.“
    „Oh, Sie kennen seine Alaska-Bücher?“
    „Ja und ob! Ich habe mich drei Monate auf diese Reise vorbereitet, habe alles gelesen, was ich nur auftreiben konnte.“
    „Deswegen haben Sie auch keine einzige Frage. Die anderen fragen ja manchmal meinem Schwager und Herrn Weiden ein Loch in den Bauch!“
    „Ihr Schwager - danke für die Erläuterung, dann sind Sie Frau Skogstad!“
    „Stimmt! Aber ich habe heute keinen Dienst. Ich sitze also hier als Privatmensch und nicht als Hosteß!“
    „Dann sollten Sie doch Ihren freien Tag genießen und sich nicht um uns kümmern!“
    „Tu ich ja auch! Und im Augenblick ,kümmere’ ich mich gar nicht, ich plaudere nur als eine auch begeisterte Reiseteilnehmerin. Wollen Sie lieber Ihre Ruhe haben? Dann ziehe ich mich wieder zu meinem schläfrigen Mann zurück!“
    „Nein, nein, ich finde es reizend, mit einem Menschen zu plaudern, der genauso begeistert ist wie ich selbst! Ich gebe zu, daß ich manchmal einen Gleichgesinnten vermisse, mit dem ich meine Freude teilen könnte.“
    Ich nickte. „Verstehe ich! Einen, dem Sie in der höchsten Begeisterung in den Arm kneifen könnten - nebenbei gesagt ist der rechte Arm meines Mannes bestimmt blau und gelb - , einen, mit dem Sie abends in Freundschaft und guter Stimmung über all die Eindrücke des Tages plaudern könnten!“
    „Sie drücken es sehr gut aus! Aber sehen Sie, es sind ja so viele, die allein reisen. Und gerade für die Alleinstehenden ist so eine Gruppenreise ein Segen. Welche alleinstehende Frau würde es sonst wagen, ganz allein eine so weite Reise zu unternehmen?“
    Wir plauderten weiter, bis Rolf anfing, sich nach mir umzusehen. Außerdem hatte ich das Gefühl, daß wir gleich in Jasper ankommen würden, oder vielmehr an unserem Motel, das noch vor der eigentlichen Stadt lag.
    Mein Gefühl stimmte. Denn nach wenigen Minuten rollten wir auf einen großen Platz, von langen, gelben Gästehäusern eingerahmt. Und wer stand da? Isabel, lächelnd und winkend, und neben ihr ein anscheinend quietschvergnügter Herr Weiden!
    Jedesmal, wenn wir zu einem neuen Hotel kamen, gab es Aufregungen und tausend Fragen und Erklärungen, bis alle endlich in ihren Zimmern untergebracht waren. So auch heute. Außerdem hatten wir es eilig, das Eßlokal nebenan war nicht allzulange auf. Also mußten wir uns beeilen, schnell an uns selbst „Staub zu wischen“ wie mein Mann es ausdrückt, wenn er eine Katzenwäsche meint. Haare kämmen, vielleicht eine saubere Bluse, beziehungsweise ein sauberes Hemd anziehen, und sonst alles stehen und liegen lassen. Heiko würde morgen nach Saskatchewan fliegen und erst in Prince Rupert zu uns zurückkommen, gerade noch rechtzeitig, um mit uns das Schiff zu besteigen,

Weitere Kostenlose Bücher