Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Rywig hieß -, „ich fahre mit im Krankenwagen, ich möchte die Patientin nicht aus den Augen lassen. Du kommst dann nach in unserem Wagen, mit Fräulein Walther. Fahre direkt zur Röntgenabteilung, da treffen wir uns. Du brauchst erst in zwanzig Minuten loszufahren, all die Aufnahmen sollen ja entwickelt und begutachtet werden.“
„Ist es weit zum Krankenhaus?“ fragte ich.
„O nein, etwa zwanzig Minuten. Es handelt sich um das Krankenhaus in Mandai, dort habe ich übrigens auch meine Praxis. Nein, dies hier ist nur ein kleines Not-Behandlungszimmer für die Leute, die mit ihren Unfällen und Wehwehchen hier ins Haus kommen.“
Die Leute mit der Bahre waren da. Gleich darauf startete der Krankenwagen, und Katrin und ich waren allein.
Jetzt erst sah ich, daß sie hoch schwanger war.
„Armes Kind“, sagte sie und strich mir über die Wange. „Weißt du was, ich mache dir gleich eine anständige Tasse Tee, oder trinkst du lieber Kaffee?“
Sie sagte „du“ so ganz selbstverständlich. Ja, ich hatte es ja schon gehört diese Tage, beinahe alle Norweger duzten sich. Ich hatte auch erlebt, daß ein Taxifahrer mich geduzt hatte und der Portier im Hotel. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zurückzuduzen. Dr. Rywig hatte mich allerdings gesiezt, aber er hatte deutsch mit mir gesprochen.
„Es ist furchtbar nett von dir, Katrin.“
„Von wegen nett! Ich glaube, wir brauchen beide eine kleine Entspannung, bevor es weitergeht.“
„Ja, und wie soll es nun weitergehen?“ fragte ich und fühlte mich dabei unsagbar hilflos.
„Das kommt darauf an, wie der Röntgenbefund ist. Hat die alte Dame Verwandte?“
„Ja, mehrere. Der Sohn und die Schwiegertochter wohnen in ihrer Nähe. Die kenne ich gut.“
„Ja, dann müssen die benachrichtigt werden. Eine Sekunde,
Allegra, ich hole nur das heiße Wasser, wir machen es einfach, mit Teebeuteln - nimmst du Zucker? Sahne? Gar nichts? Also, mein Mann war ja zufrieden mit Herzfunktion und Kreislauf, und einen Beinbruch kann man heilen. Trinken wir nun zuerst unseren Tee. Wie sagt ihr gleich in Deutschland? ,Abwarten und Tee trinken’, heißt es nicht so?“
„Ja, doch, genau. Kannst du gut deutsch?“
„Ich? Ach du liebe Zeit, ich kam eben mit Ach und Krach durch die mittlere A Reife. Aber ich habe einen deutschen Schwager, das heißt, der Mann von der Schwester meines Mannes, mit dem spricht die ganze Familie deutsch, ich allerdings englisch, aber dann läßt es sich nicht vermeiden, daß man hin und wieder deutsche Ausdrücke aufschnappt.“
„Dein Mann spricht ja phantastisch gut deutsch.“
„Der Bernt? Ja, der ist nun so ein Unikum. Alles was er kann, kann er phantastisch gut. Er war eine Leuchte in der Schule, immer der Beste seiner Klasse. Wenn ich für Minderwertigkeitskomplexe veranlagt gewesen wäre, wäre ich längst reif für einen Psychiater. Weißt du, Bernt war schon als Kind mit seinem Vater in Österreich, und später tauchte der deutsche Schwager auf, außerdem hat er haufenweise medizinische Lehrbücher in deutsch. Es wäre beinahe ein Wunder, wenn er nicht gut Deutsch könnte.“
„Glaubst du, daß er es auf sich nehmen will, mit Frau Felsdorfs Sohn zu sprechen? Ja, denn ich muß ja anrufen.“
„Sicher tut er das.“
„Ich mache mir so schreckliche Vorwürfe, Katrin.“
„Weil du auf dem Klo warst? Du lieber Himmel, das muß dir doch erlaubt sein! Das darf sogar ein Babysitter. Und sonst hast du ja anscheinend wie ein Schießhund auf die alte Dame aufgepaßt.“
„Ja, das habe ich. Es war nicht immer leicht.“
„Eine ulkige Arbeit, die du gewählt hast!“
„Gewählt habe ich sie nicht. Der Job wurde mir angeboten, weil ich ein Jahr überbrücken muß. Ab ersten April ist mir eine Stelle als Arzthelferin gesichert.“
„Sieh einer an! Dann werden wir ja Kolleginnen!“
„Arbeitest du in der Praxis deines Mannes?“
„Ja, bis jetzt. Wie du an meiner Figur siehst, werde ich bald aufhören müssen. Übrigens bin ich eigentlich keine Arzthelferin, ich bin medizinisch-technische Assistentin. Was den Vorteil hat, daß ich meinem Mann die Laborarbeiten abnehmen kann. Wenn er mir bloß nicht noch die Urin- und Blutproben ans Wochenbett bringt, damit ich sie da untersuche!“
„Wann kommt das Kind?“
„In sechs Wochen, wenn wir richtig gerechnet haben. - So, Allegra, jetzt glaube ich, müssen wir starten. Sei so lieb und stell die Tassen in die Küche, ich hole eben den Wagen raus.“
Kurz danach saß ich neben
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