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Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin

Titel: Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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könnte dir diese Angst nehmen, aber vorerst hast du sie noch, und wir werden Rücksicht daraufnehmen.“
    Katrin schüttelte den Kopf.
    „Wenn mein kluger Mann es versteht, ist es ja gut“, sagte sie. „Mir ist es schleierhaft. Ein Aal ist doch bloß ein Fisch!“
    Ich war zusammengesunken auf meinen „Ducht“ und saß da, blaß und zitternd.
    „Es ist so furchtbar - ich schäme mich so - ich bin ein Feigling -aber ich möchte lieber einen ausgehungerten Löwen als eine Ringelnatter treffen. Lieber einen wilden Bären als eine Blindschleiche.“
    „Und lieber einen menschenfressenden Hai als einen Aal“, sagte Katrin. „Beruhige dich jetzt, Allegra, der Aal ist sicher in der Kiste untergebracht, und wenn du ihn das nächste Mal siehst, liegt er als gebratene Stücke auf einer Platte auf dem Mittagstisch.“
    „Schämen brauchst du dich nicht, Allegra“, sagte Bernt. Er hatte wieder die Ruder genommen und ruderte jetzt Richtung Heimat. „Das, woran du leidest, ist eine Phobie, das bedeutet: eine krankhafte Angst. Es gibt viele Arten Phobien, zum Beispiel Klaustrophobie -Angst vor dem geschlossenen Raum - oder Agoraphobie, Angst vor dem offenen Platz - oder Hydrophobie, Angst vor dem Wasser.“ „Und Allegra leidet an Aalophobie“, sagte Katrin. „Und an Regenwurmophobie! Sei froh, daß du nicht vor zehn Jahren hier warst, Allegra. Damals hatten wir Kreuzottern auf unseren Grundstücken, meine Brüder haben sich nicht schlecht abgequält, um die Biester loszuwerden.“
    „Um Gottes willen.“, flüsterte ich.
    „Alks mit der Ruhe, es hat sich seit Jahren keine einzige gezeigt. Andreas machte sozusagen Großaufräumen, als seine Kinder auf die Welt kamen und später immer draußen spielten. Und die Regenwürmer lassen wir hübsch in der Erde, und beim Angeln werden wir uns alle Mühe geben, keine Aale zu erwischen.“
    „Diese Angst ist also eine Krankheit, Bernt?“ fragte ich.
    „Ja, unbedingt. Wie ich dir sagte, ein erfahrener Psychiater könnte dir vielleicht helfen. Ich werde dir was sagen, Allegra. Mich hat es auch Überwindung gekostet, Aale und Schlangen anzufassen, aber mein Widerwille gegen diese Viecher war wohl nicht krankhaft, so wie bei dir. Ich glaube, es lag viel daran, daß ich als Kind immer zu hören bekam: ,Uff, die widerlichen Biester’ oder: ,Diese scheußlichen, kriechenden Tiere’ und so was. Es war meine alte Tante, die diese Einstellung hatte, ja, die Tante, die uns damals den Haushalt führte. Es wurde mir immer ein Widerwille eingeimpft, und um den loszuwerden, brauchte ich meine ganze Vernunft.“
    „. und deine energische Frau“, vollendete Katrin. „So, dann sind wir da, verschwinde nun, Allegra, du brauchst ja nicht das Ende des Aales mitanzusehen. Wenn du etwas Gutes für das allgemeine Wohl tun möchtest, könntest du Kartoffeln aus dem Keller holen, und außerdem habe ich noch nicht die Betten gemacht.“
    Ich war froh, daß ich gleich nach oben zum Haus laufen konnte. Aber auf halbem Wege drehte ich mich um und sah, wie Katrin den scheußlichen Aal ausgestreckt über den Kopf hielt und ihn mit voller Kraft auf die zementierte Anlegebrücke warf.
    Also wußte ich jetzt theoretisch, wie man einen Aal tötet, aber ich wußte auch, daß ich es nie, nie in meinem Leben praktizieren würde.
    Mein einziger Trost war, daß ich nichts dafür konnte, daß es eine Krankheit war und daß ich mich nicht zu schämen brauchte.
    Ich machte mich ans Kartoffelschälen und dachte daran, daß ich lieber zehn Zentner davon schälen möchte, als das schreckliche, sich windende Tier eine Sekunde anzufassen!
    Meine Bewunderung für Katrin kannte jetzt keine Grenzen.

Briefeschreiben mit Unterbrechung
    Klein-Eschenheim, 21. Juli Lieber Hartmut!
    Herzlichen Dank für Deinen Brief. Ja, ich denke auch sehr gern an unsere netten Motorroller-Ausflüge. Ich habe mich noch nicht so richtig mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß Du gar nicht dasein wirst, wenn ich wieder nach Hause komme. Ob ich Weihnachten nach Hause fahre, weiß ich noch nicht, es kommt darauf an, ob ich hier noch gebraucht werde. Die beiden Menschen, bei denen ich gelandet bin, sind so reizend, daß Du es Dir kaum vorstellen kannst. Ich bin furchtbar gern bei ihnen.
    Siehst Du, ich erzähle jedenfalls, daß ich gern hier bin. Aber Du schreibst
    kein Sterbenswort darüber, ob Du gern in Köln geblieben bist. Ich weiß nicht, ob Du Dich mit Deiner Mutter gut verträgst. Ich weiß auch nicht, was Dich zum Umsatteln gebracht

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