S - Spur Der Angst
ist vorbei.
Doch das war es nicht.
Die Faszination war nach wie vor da, wie ein verhasster Zahnschmerz, von dem man hoffte, er würde verschwinden, wenn man ihn nur ignorierte – wohl wissend, dass er dadurch nur noch schlimmer wurde.
Kapitel sechsundzwanzig
E s musste doch irgendein Gesetz gegen diese unmenschliche Behandlung geben, dachte Shay. Fiel Pferdemist schaufeln nicht unter die Kategorie »außergewöhnlich grausame Strafen«? Das war ja Kinderarbeit, der reinste Missbrauch!
Shay stand in der Box der grauen Stute, rammte ihre Schaufel unter die dampfenden Äpfel und das schmutzige Stroh und beförderte das Ganze in eine Schubkarre. Obwohl es draußen so kalt war, fing sie an zu schwitzen, vor allem weil sie innerlich kochte. Pferdemist zu schaufeln, und das auch noch mit Lucy und Eric, war das Schlimmste!
Sie hoffte, dass Jules bald einen Plan hatte, um sie hier rauszubringen. Bislang war ja nicht gerade viel dabei herumgekommen – sich in Blue Rock als Lehrerin einstellen zu lassen, herumzuschnüffeln und ihr einzureden, sie müsse »nur Geduld haben«. Lahm, lahm, lahm.
Wieder rammte sie ihre Schaufel ins nasse Stroh und hörte, wie sie über den Beton schrammte. Ein gutes Zeichen. Zumindest diese Box war bald fertig.
Doch der Stall war riesig. Es mussten an die dreißig Boxen sein, und alle mussten ausgemistet werden, während sich die Pferde in der Reithalle tummelten.
Es würde Ewigkeiten dauern, alles zu säubern und frisches Stroh zu verteilen. Dabei würden die Pferde ja doch nur alles wieder dreckig machen.
Obwohl sie dicke Lederhandschuhe trug, spürte sie, wie sich bereits Blasen an ihren Händen bildeten. Dennoch wagte sie es nicht, aufzuhören oder sich zu beschweren. Nicht, solange Flannagan immer wieder kurz vorbeischaute und Eric und Lucy ihr den Hals umgedreht hätten, wenn sie die Schaufel aus der Hand legte. Ihre Schultern schmerzten, ihr Rücken ebenfalls. Auch ihre Arme protestierten bereits, obwohl sie doch regelmäßig Sport machte. Nein, es war nicht lustig, knöcheltief in Pferdemist zu stecken.
Konnte das Jugendgefängnis schlimmer sein als das hier? Shay bezweifelte es. Sie schippte eine weitere Schaufel voll dreckigem Stroh in die Schubkarre, die in dem Gang zwischen den Boxen stand, und überlegte, ob sie eine Ladung direkt in Erics Gesicht plazieren sollte, doch sie ließ es lieber bleiben. Er arbeitete doppelt so schnell wie sie, was ihr schließlich zugutekam.
»Das ist so unfair!«, zischte Lucy aus der Box von Roscoe, eines einjährigen Falben, und warf einen finsteren Blick in Erics Richtung.
»Ich weiß«, pflichtete Shay ihr bei.
»Haltet bloß die Klappe, ihr Memmen!« Eric richtete sich auf. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Er hatte Scouts Box fast fertig. »Es hätte schlimmer kommen können.«
»Niemals!«, schnauzte Lucy, immer auf Provokation aus.
Rolfe griente und wischte sich mit dem Ärmel die Stirn. »Mach das mal im Sommer, wenn über dreißig Grad sind. Das stinkt tausendmal schlimmer, und überall sind Fliegen, die dich nerven. Manchmal sind Würmer in der Scheiße. Oder Maden.«
»Versuchst du gerade, mich zum Kotzen zu bringen?«, fragte Lucy bissig.
Eric schnaubte. »Arbeite einfach und hör auf, dich zu beschweren.«
Mit einem Quietschen glitt die Schiebetür zur Weide auf, und Flannagan, der in der Reithalle gewesen war, kam hereingestiefelt.
»Gibt es hier ein Problem?« Schnee bedeckte die Schultern seiner Jacke und die Krempe seines Hutes. »Ich hoffe nicht, denn wenn ihr meint, ich hätte nichts Besseres zu tun als babysitten, kriegt ihr noch eine Strafe aufgebrummt.«
»Bei mir gibt’s kein Problem«, sagte Eric und packte die Griffe der Schubkarre, um sie nach draußen zu schieben. »Nur bei den Mädels. Sie sind harte Arbeit nicht gewohnt.« Damit verschwand er den Gang entlang und zur geöffneten Tür hinaus.
»Er geht einem echt auf den Wecker.« Lucy seufzte, als die beiden Männer den Stall verlassen hatten. »Typisch CB. Das sind alles solche Wichtigtuer!« Sie warf einen vernichtenden Blick Richtung Tür. »Sie glauben, ihnen stünde die Sonderbehandlung zu, als hätten sie etwas dafür getan.« Naserümpfend fuhr sie fort: »Das ist echt eigenartig, glaub mir. Als wären sie Mitglieder einer geheimen Verbindung oder so etwas.«
»Das ist doch gar nicht geheim«, widersprach Shay.
»Ich rede nicht davon, ein CB zu sein. Da geht es um viel mehr. Ich denke, es steckt etwas anderes dahinter. Etwas … ach, ich
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