S - Spur Der Angst
du die Wahrheit kennen.«
Er erzählte ihr von der Brutalität des Überfalls, dass laut Gerichtsmediziner Nonas Zungenbein gebrochen und ihr Kehlkopf gequetscht war. Ihre Vagina hatte Spuren von hartem Sex aufgewiesen. Sie war eines qualvollen, gewaltsamen Todes gestorben, und den Blutergüssen an ihrem Hals nach zu urteilen war es offensichtlich, dass sie der Person, die ihr das Leben genommen hatte, dabei ins Angesicht gesehen hatte. Nona war ein Seil, das Flannagan für gewöhnlich für die Pferde benutzte, um den Hals geschlungen, und sie war mit Hilfe einer Winde zum Stapeln der Heuballen in die Höhe gezogen worden.
»Welche kranke Seele tut so etwas?«, fragte Jules fassungslos und wünschte sich beinahe, sie hätte die Wahrheit nicht erfahren.
»Jemand, der psychisch extrem gestört ist.« Trent stieß mit dem Stiefel gegen einen Heuballen, und sie sahen zu, wie das goldgelbe Gras durch die Öffnung fiel und langsam zu Boden sank. »Jemand von der Schule.«
»Dann geht der Sheriff also davon aus, dass es sich um einen Einzelfall handelt?«, fragte Jules. »Dass Nona und vielleicht auch Drew gezielt ausgewählt wurden und es ein Motiv für den Überfall gibt?«
»Genau das ist die Eine-Million-Dollar-Frage«, sagte Trent. »Ich denke, das wird sich bald herausstellen.«
Kapitel achtundzwanzig
S onntags war es immer recht ruhig auf dem Campus, aber heute war das anders. Die Hälfte der Schüler wirkte nervös, weil sie Angst hatten, und die Verantwortlichen flippten aus und zwangen alle, sich zu nervtötenden Gruppenaktivitäten zu versammeln.
Reverend Lynchs Predigt war alles andere als inspiriert gewesen, doch Vater Jake war es anschließend gelungen, den Gottesdienst ein wenig lebendiger zu machen, und die Kids waren auf ihn eingegangen. Das war nicht nur Shay aufgefallen, sondern auch Lynch, doch er hatte so getan, als würde er nichts bemerken, und nur die Kiefer aufeinandergepresst.
Es hatte die Situation vermutlich nicht besser gemacht, dass seine Barbiepuppe von Frau auf der Kante ihres Stuhls gesessen und Vater Jake interessiert zugehört hatte.
Alles in allem war der Gottesdienst weitaus spannender gewesen, als Shay erwartet hatte.
Jetzt saßen sie alle zusammen im Speisesaal. Shay stocherte in ihrem Mittagessen herum, das aus Chili, Maisbrot und Krautsalat bestand. Zum Nachtisch gab es Eis. »Eis bei eisiger Kälte«, hatte Lynch verkündet, und manche der Jugendlichen hatten das tatsächlich für witzig gehalten.
Jules saß auf der anderen Seite des Speisesaals, drei Tische von Shay entfernt. Seit sie nicht mehr Ehrengast war, hatte Jules ihren Platz auf dem Podium gegen einen gewöhnlichen Tisch eintauschen müssen. Da sie keine Gruppenleiterin war, hatte sie freie Sitzwahl. Sie hatte sich zu den anderen Angestellten gesetzt, zwischen den Brocken von Schulschwester und Spurrier, den Roten Baron, der wiederum Seite an Seite mit Flannagan saß, dem unheimlichen Pferdefreak, der als Inbegriff eines Militärmachos gelten konnte. Der gestrige Tag mit diesem Mistkerl hatte Shay gereicht.
Da war der Mathelehrer, Mr. DeMarco, schon ein wenig interessanter. Er hatte etwas an sich, das sie schon bei Dawg fasziniert hatte – etwas Dunkles, Gefährliches. Sie runzelte die Stirn bei dem Gedanken an Dawg. Er war der erste ihrer Freunde gewesen, der ihr wirklich etwas bedeutet hatte, dennoch hatte sie sich zurückgehalten. Edie wäre erstaunt gewesen zu erfahren, dass Shay nicht mit ihm geschlafen hatte.
Sie hatte nicht ein Wort von ihm gehört, seit sie hier gelandet war, und obwohl sie sich einredete, dass er sie wohl kaum aus dem Gefängnis anrufen konnte und sie seine Anrufe auch gar nicht hätte entgegennehmen dürfen, war sie doch verletzt.
Was hast du erwartet? Dass er anders ist als die anderen Jungs in deinem Leben?
»Ja«, flüsterte sie und rührte mit dem Strohhalm in ihrem Eistee. Ihre Handflächen waren voller Blasen vom stundenlangen Mist- und Schneeschaufeln. Als sie den Blick von ihren Händen hob, nahm sie flüchtig wahr, wie DeMarco sie anlächelte, sexy, gefährlich. Sie umschloss den Strohhalm mit ihren Lippen und saugte daran, dann bearbeitete sie ihn mit den Zähnen. Nicht dass sie je mit einem Mathelehrer wie DeMarco etwas anfangen würde. Wie dämlich wäre das denn? Ein absoluter Regelverstoß. Wenn sie mit ihm erwischt wurde, würde sie womöglich von der Schule fliegen.
Wäre das die Sache wert? Vielleicht sogar die Lösung?
Wäre der Jugendknast oder aber eine
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