S - Spur Der Angst
er über Nona herzieht? Das passt vielleicht zu dir, aber nicht zu mir!«
»Hör mal, Shaylee, ich mache das Ganze hier für dich, also überleg es dir gut, ob du Streit mit mir anfängst.«
»Sonst was? « Sie funkelte Jules an. »Du wirst doch nie etwas gegen Lynch unternehmen. Dazu bist du viel zu feige.«
Jules blickte ihr direkt ins Gesicht, ihre Augen loderten. Sie war zutiefst getroffen. Sei’s drum. Shay brauchte sie.
»Sei clever, Shay. Beweis einmal, dass du wirklich so intelligent bist, wie Mom annimmt. Und hinterlass mir bitte keine weiteren Nachrichten. Wenn du erwischt wirst, fliegen wir beide auf.«
»Wovon redest du?«
»Von dem Zettel unter meiner Tür heute Morgen.«
»Bist du verrückt?«, fragte Shay. »Was für ein Zettel?«
»Jemand – und ich dachte du – hat mir eine Nachricht hinterlassen, das ist alles«, sagte Jules in genervtem Ton.
»Wer?«
»Na, ich dachte bis gerade, du.«
Shay biss sich auf die Unterlippe. Die Sache gefiel ihr gar nicht. »Was stand darauf?«
»Helfen Sie mir.«
»Das ist alles?«
»Ja.«
»Weshalb sollte ich dich plötzlich siezen? Damit du denkst, ich war’s nicht? Ich war’s tatsächlich nicht, okay?« Sie musste einen Weg finden, zu ihrer Schwester durchzudringen, damit sie endlich aktiv würde. »Ich habe keine Ahnung, wer das geschrieben haben könnte, und es ist mir auch egal.« Sie versuchte, einen anderen Kurs einzuschlagen. »Dann willst du mich also einfach hier verrotten lassen, in dieser Schule der Verdammten?«
»›Schule der Verdammten‹? Das klingt ja wie der Titel eines billigen Horrorstreifens! Komm schon, Shay! Hör auf, die Dramaqueen zu spielen, und reiß dich zusammen! Hör auf, dich in Schwierigkeiten zu bringen, sonst kommst du hier gar nicht mehr raus.«
»Machst du Witze? Du glaubst doch nicht, dass sie mich wegen guten Benehmens vorzeitig entlassen?« Der Gedanke verursachte Shay Sodbrennen. Jules schien wach geworden zu sein. Zeit, Klartext zu reden. »Ich habe ein Gespräch von ein paar Kids mitbekommen. Sie behaupten, die CBs seien Teil eines Geheimbundes, einer Sekte oder so.«
»Eine Sekte … wirklich? Wer sagt das?«
Shay wollte Lucy nicht verraten, nicht einmal an ihre eigene Schwester. »Das ist doch egal. Der Punkt ist, dass wir hier nicht sicher sind. Du musst etwas unternehmen, Jules. Ruf um Himmels willen Edie an und –«
Die Tür schwang auf, und herein platzten Missy Albright und Kaci Donahue. Sie unterhielten sich angeregt und lachten laut. Die beiden warfen zwar einen flüchtigen Blick Richtung Waschbecken, doch sie schienen sich nicht wirklich für jemand anderen als sie selbst zu interessieren. Kaci huschte in eine Kabine, während Missy vor den Spiegel trat und an ihren Haaren herumzupfte. Sie bauschte ihre gebleichten Strähnen mit geschickten Fingern auf und drehte den Kopf hin und her, um sich besser betrachten zu können. Was für eine Irre! Als würde es irgendwen interessieren, wie sie aussah!
Doch Shay konnte kein Risiko eingehen. Sollte sie je hier rauskommen wollen, durfte Missy auf keinen Fall bemerken, dass Jules und sie einander kannten, auch wenn sich Jules bislang als große Enttäuschung entpuppt hatte.
Mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck zog sie ihre Bluse glatt und stürmte hinaus.
Kapitel neunundzwanzig
W umm!
Ein Gummiball donnerte in den Rücken des letzten, noch übrig gebliebenen Schülers aus dem grünen Team, ein flinker Junge, aber nicht flink genug. Noch bevor er zur Seite springen konnte, hatten ihn schon zwei weitere Bälle in der Bauchgegend getroffen. Der Junge ballte die Faust, stieß sie gegen ein eingebildetes Ziel und unterdrückte mühevoll ein Fluchen, während seine Teamkameraden, die bereits ausgeschieden waren und in einer Reihe an der Wand lehnten, wie aus einem Munde stöhnten.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Spielfelds johlten und hüpften ihre Gegner in den gelben Trikots und klatschten einander ab. Ihr Team war die Nummer eins.
Gleichgültig ob Olympiade oder Völkerballturnier an der Blue Rock Academy – die Begeisterung über den Sieg und die Höllenqualen, die man durchlitt, wenn man verloren hatte, änderten sich nie, dachte Trent, als er in seine Trillerpfeife blies. Immerhin hob das Turnier das dunkle Sargtuch der Trauer ein wenig an, das sich über die Schule gesenkt hatte.
»Okay, die Runde geht an das gelbe Team!«
Noch mehr Jubeln, Hüpfen und Abklatschen bei den Schülern in den gelben Trikots.
Das grüne Team schwieg
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