S - Spur Der Angst
Höhe.
»Vermutlich.«
»Und wag es ja nicht, mich noch einmal eine Irre zu nennen.«
»Wie wär’s mit Sturkopf?«
»Schon eher.«
Er blickte sie an, wie sie dasaß, die Kaffeetasse mit beiden Händen umschlossen, die Lippen am Rand. »Von jetzt an gehst du ohne mich nirgendwohin.«
»Hör auf, den Macho zu spielen, Trent.«
»Ich meine es ernst.«
»Ich weiß, aber denk doch mal nach. Bist du nicht auch zum Wachdienst eingeteilt? Ich schon. Zusammen mit Hammersley und DeMarco.«
»Dem Kerl traue ich nicht.«
Jules lachte nervös und erwiderte: »Ich auch nicht, Cowboy. Aber nur fürs Protokoll …« – sie deutete auf die verkohlten Seiten – »ich vertraue niemandem.«
»Außer mir.«
»Dir?«, stieß sie in gespieltem Entsetzen hervor. Ihre grauen Augen funkelten. »Auf keinen Fall! Dir vertraue ich schon gar nicht!«
Maeve hatte es satt, zu warten.
Sie fror in der Box, und Omen, der große schwarze Hengst, war gar nicht glücklich über ihre Anwesenheit. Er hatte sogar direkt neben sie ins Stroh gepinkelt. Der Geruch war so stechend, dass sie würgen musste.
Sie versuchte, sich an die Hoffnung zu klammern, Ethan würde doch noch jeden Augenblick auftauchen. Bestimmt kam er, sobald er seinen Patrouillengang beendet hatte. Das Warten lohnte sich, auch wenn es ihr momentan nicht unbedingt so vorkam.
Sie blickte auf die Uhr. Die Leuchtziffern zeigten, dass sie erst seit zwanzig Minuten wartete.
Gib ihm Zeit. Er wird gleich da sein!
Ihre Anspannung wollte sich nicht legen; sie stand kurz davor, die Nerven zu verlieren, und dann ging ihr auch noch unablässig dieses dämliche Kirchenlied durch den Kopf. Sie versuchte an etwas anderes zu denken, an einen Song von den Black Eyed Peas, doch die Melodie von »Ein feste Burg ist unser Gott« ließ sich nicht vertreiben.
Sie wackelte mit den Zehen, die trotz der dicken Stiefel eiskalt waren. Vielleicht sollte sie aufstehen und ein bisschen auf und ab gehen, damit sie nicht erfroren. Doch Maeve traute sich nicht, weil sie meinte, den Schwarzen Mann bei den Futterbehältern gesehen zu haben oder zumindest seinen Schatten, Nonas und Drews Mörder, der zwischen Säcken voll Hafer und Fässern voll Getreide auf sie lauerte.
Das war doch lächerlich!
Kein blutrünstiger Irrer hatte sich auf sie gestürzt, sie war doch nicht in Scream!
Den Rücken gegen die Boxenwand gedrückt, richtete sie sich auf und klopfte sich das Stroh von der Jacke, an der hoffentlich kein Pferdemist klebte. Das wäre wirklich großartig – wenn Ethan endlich kam, würde sie nach Pferdepisse stinken!
Maeve machte einen großen Bogen um Omen und blieb an der Boxentür stehen. Hatte sie ein Geräusch gehört? Schritte? Oder nur die Pferde, die in ihren Boxen scharrten?
Jetzt flipp nicht gleich aus! Komm schon, Maeve, das hatten wir doch schon mal. Du bist ganz allein hier.
Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass jemand sie aus der Dunkelheit heraus beobachtete. Mit angehaltenem Atem spähte sie über die Boxentür durch den Stall und spitzte die Ohren.
Nichts.
Oder doch?
Hatte sie Schritte in der Nähe der Stalltür gehört? Sie blinzelte angestrengt in die entsprechende Richtung und spürte, wie sich ihre Nackenhärchen sträubten.
»Ethan?«, flüsterte sie nervös.
Klick!
Vor ihren Augen schoss eine Flamme in die Höhe.
Goldgelb und unten blau, hätte ihr die Gasflamme von einem Grillanzünder fast die Nase versengt.
Maeve schrie auf und sprang zurück.
Das Pferd schnaubte nervös.
»Ethan, das ist nicht kom–«
Aber die grausam glitzernden Augen hinter der Flamme gehörten nicht Ethan Slade.
»O mein Gott«, flüsterte Maeve. »Was zum Teufel machst du hier?« Ihr Herz hämmerte wie wild, Panik durchflutete sie.
»Rate mal.« Ein Zischen.
Allmächtiger. Angstvoll zogen sich Maeves Eingeweide zusammen. Sie tastete nach dem Riegel der Boxentür, doch er klemmte und ließ sich nicht öffnen.
In der Sekunde flog der Grillanzünder in hell leuchtendem Bogen auf den Boden.
Wuuusch!
Das in der Boxengasse verstreute Stroh fing sofort Feuer und fraß sich unter der Boxentür durch. Augenblicklich setzten die Flammen das Stroh zu ihren Füßen in Brand.
»Um Himmels willen, was tust du da?«, kreischte Maeve und kämpfte verzweifelt mit dem Riegel. Dabei trat sie wie verrückt auf die sich ausbreitenden Flammen. Das trockene Gras brannte wie Zunder. »Bist du wahnsinnig? Die ganze Scheune wird binnen Minuten in Flammen stehen!« Endlich gelang es ihr, den
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