S - Spur Der Angst
stand an der Rückseite seiner Box, die Muskeln unter seinem glänzenden Fell schienen zu zittern.
»Ist schon gut, mein Junge«, sagte sie wenig überzeugt. Wieder kam ihr Luthers Lied in den Sinn: Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen.
Diesen Ort hatte Ethan gemeint, da war sie sich sicher.
Die Nachricht, die in ihrem Mathebuch gesteckt hatte, bestand aus nur einem Wort: OMEN. Und Ethan war Mathe-CB.
Maeve wandte sich Omen zu, der misstrauisch schnaubte.
»Er wird kommen«, flüsterte sie dem pechschwarzen Hengst zu. »Das weiß ich.«
Früher hatten sie sich hier getroffen, wenn Ethans Wachdienst beendet war, gegen dreiundzwanzig Uhr. Also würde er bald da sein.
Sie öffnete Omens Box und schlüpfte hinein.
Dort würde sie sich verstecken, und das große schwarze Pferd würde Wache stehen.
Ethan würde sie finden.
Ganz bestimmt.
Kapitel sechsunddreißig
E in Geheimbund?
Was Jules ihm da weiszumachen versuchte, klang einfach zu unglaublich, dachte Trent skeptisch, auch wenn ihre Argumente vernünftig wirkten. Doch warum brauchte Lynch einen Geheimbund, eine bewaffnete Elitetruppe, wenn er doch fest über seine kleine Enklave herrschte?
Trent dachte an die grauenvolle Szene, auf die er im Pferdestall gestoßen war. Konnte das, was er da gesehen hatte, Teil eines Aufnahmeritus gewesen sein? Ein makaberes Opferritual?
Wenn das stimmte, wäre das ermittelnde Department völlig überfordert. Der Sheriff und seine Leute gingen von einem Einzeltäter aus, einem Psychopathen, der durchgeknallt genug war, einen Doppelmord zu begehen, und auf eine lange Liste von Gewalttaten zurückblicken konnte. Die Detectives Baines und Jalinsky überprüften Vorgeschichte und Leumund von Schülern, Lehrkräften und den übrigen Angestellten, doch in Anbetracht dessen, dass Blue Rock ausschließlich Jugendliche mit Problemen aufnahm, waren sie auf Dutzende von Vorstrafen, Verhaftungen und Aufenthalte in Jugendgefängnissen gestoßen, und die Liste der Verdächtigen wurde nicht kürzer.
Trent wusste, dass Jules nicht scharf darauf war zu erfahren, wer auf dieser Liste ganz oben stand.
Gewissensbisse nagten an ihm, als er beobachtete, wie sie die Schriftstücke durchging, um ihre Theorie – und die von Shaylee Stillman – zu untermauern, nämlich, dass der Mord an Andrew Prescott und Nona Vickers Teil eines ausgeklügelten Komplotts war, hinter dem ein fanatischer Geheimbund steckte. Dass die Morde und der Geheimbund auf irgendeine Art und Weise mit dem Verschwinden von Lauren Conway zu tun hatten.
Shay will doch nun weg von hier.
Dennoch hörte er geduldig zu, wie Jules ihm ihre Theorie weiter erörterte. Sie schusterte einen erstklassigen Fall zusammen, das musste man ihr lassen. Und so abwegig dieser auch klang, vermutlich kam Jules damit dem, was sich tatsächlich im Institut abspielte, recht nahe.
Mittlerweile hatte sie die einzelnen Lehrerakten zu ordentlichen kleinen Stapeln sortiert. Zum größten Teil handelte es sich um Standardinformationen: Lebensläufe und Referenzen, Auszeichnungen und Diplome. Nichts Besonderes. Die handgeschriebenen Notizen, die persönlichen Bemerkungen in den Akten mit dem roten Streifen waren das Verstörende – genau wie bei den Schülern.
Aus einem zum Teil versengten Formular erfuhren sie, dass Salvatore DeMarco, ein versierter Mathematiklehrer, früher bei den Marines gewesen war. Dort war er aus dem Corps geflogen, weil er in Schlägereien verwickelt gewesen war, nach denen er und die anderen Kämpfer mit Messerstichen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Nach seiner Zeit bei den Marines war er für sechs Monate ins Gefängnis gewandert, weil er eine Frau zusammengeschlagen hatte, die ihn beim Autofahren geschnitten hatte.
»Lynch merkt an, DeMarco habe Probleme mit der Aggressionsbewältigung«, stellte Trent fest. »Ein ganz schöner Euphemismus.«
»Ziemlich beängstigend, nicht wahr?« Jules biss sich auf die Unterlippe, etwas, das Trent schon immer abgelenkt hatte. Und auch jetzt stellte er sich vor, wie er mit seinen Zähnen an diesen vollen Lippen knabberte …
Er legte ihr eine Hand in den Nacken, spürte, wie sie sich verspannte, und rieb sanft über ihre nackte Haut. »Ja, das ist wirklich beängstigend.« Ohne seine Hand fortzunehmen, wandte er sich wieder den Akten zu und versuchte zu verstehen, was das zu bedeuten hatte. Warum sollte Lynch jemanden einstellen, den er
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