S - Spur Der Angst
beide auf die Krankenstation gebracht worden, wo sie von Schwester Jordan durchgecheckt wurden. Anschließend hatten sie einen Termin bei ihren psychologischen Beratern, die ihnen helfen sollten, das Trauma der Geiselnahme zu verarbeiten.
Jules war sich sicher, dass Shay mit der Situation zurechtkommen würde; Nell dagegen war ein emotionales Wrack, Rhonda Hammersley würde ein Auge auf sie haben, bis ihre Eltern eintrafen, um sie abzuholen.
Meeker hatte die Übeltäter mit Hilfe von Flannagan, Taggert und Burdette in der Krankenstation eingesperrt, die zum provisorischen Gefängnis von Blue Rock geworden war. Ayres kümmerte sich um die Verletzten, Roberto Ortega klammerte sich hartnäckig ans Leben, während ihr Spurrier langsam, aber sicher entglitt.
Vorhin hatte Jules beobachtet, wie der Helikopter des Sheriffs auf dem Campus landete. Sicher waren auch die Straßen bald wieder passierbar. Die Detectives Baines und Jalinsky hatten bereits Trents und ihre Aussagen aufgenommen und befragten zurzeit Spurriers Anhänger. Der Sheriff und mehrere Deputys, die ebenfalls eingeflogen worden waren, sprachen mit den Schülern und nahmen akribisch jede einzelne Aussage auf.
Während sich die Detectives den Tatort im Stall, die Krankenstation, den Campusrasen und den umgerüsteten Atomschutzbunker vornahmen, überlegten Jules und Trent in der Cafeteria, was genau eigentlich passiert war.
Das alles war einfach unglaublich, dachte Jules und trank einen Schluck von ihrem lauwarmen Kaffee. Es hatte sie umgehauen zu erfahren, dass Kirk Spurrier, der Pilot und Teilzeitlehrer, einen Plan zur Übernahme der Schule in die Tat hatte umsetzen wollen. In seiner verblendeten Sicht war es ihm als die ultimative Rache an Reverend Lynch und dessen Mäuschen von Ehefrau erschienen, Blue Rock unter seine Kontrolle zu bringen. Doch laut der überlebenden CBs, die mittlerweile den Mund aufgemacht hatten, waren Spurriers Pläne sehr viel weitreichender gewesen: Das Institut hatte lediglich als Sprungbrett zur Herrschaft über zahlreiche andere Schulen dienen sollen, an denen er ebenfalls Truppen fanatischer Anhänger aufbauen wollte. Er hatte sich selbst als einen gottergebenen Kreuzritter gesehen, der irgendwann einer riesigen Gemeinde als Fernsehprediger mit politischem Einfluss vorstehen würde.
Jules griff nach der Kaffeekanne auf dem Tisch und füllte ihre Tasse nach. Trent schaute aus dem Fenster, den unverletzten Arm um ihre Schulter gelegt, als wolle er sie nie mehr loslassen. Auch er war tief in Gedanken, sein Kaffee stand halb ausgetrunken vor ihm.
Jules hob die Kanne, und er nickte. Sie füllte seine Tasse und dachte über die CBs nach, die Spurriers Anhänger geworden waren. Die Polizei überprüfte sämtliche Teilnehmer des Collegeprogramms, sprach mit Lynch und anderen Zuständigen, um herauszufinden, wie weit Spurriers Einfluss gereicht hatte.
Der innere Zirkel mit Rolfe, Bernsen, Albright und Ortega war weitestgehend in seine Pläne eingeweiht gewesen. Bernsen und Albright hatten widerstrebend von Spurriers Mission berichtet, doch sie hatten vehement bestritten, in irgendeiner Form an der Ermordung von Andrew Prescott, Nona Vickers und Maeve Mancuso beteiligt gewesen zu sein.
In diesem Punkt wichen sie keinen Millimeter von ihrer Aussage ab: Ihr geliebter Anführer war kein Mörder! Allerdings räumten sie ein, Spurrier habe befürchtet, dass sich ein »Einzelgänger« mit bösen Absichten in ihrer Mitte befinde. Missy war überzeugt, dass Eric Rolfe die Morde begangen hatte. Rolfe sei immer schon »blutrünstig« gewesen und habe Spurrier zu einem brutaleren Vorgehen gedrängt.
Doch wer wusste schon, ob sie mit ihrer Vermutung recht hatte?
Spurrier lag im Sterben, Rolfe war auf dem Weg, seinem Schöpfer gegenüberzutreten.
Mittlerweile war auch die Spurensicherung eingetroffen und untersuchte den Tatort im Pferdestall, in der Hoffnung, etwas zu finden, das Rolfe mit den Morden in Verbindung brachte.
»Ich weiß nicht, wie es dir geht«, sagte Trent nach langem, gedankenverlorenem Schweigen, »aber ich bin bereit, den Ort hier zu verlassen.« Er dehnte den Nacken, um seine verspannten Muskeln zu lockern.
»Je eher, desto besser. Ich möchte nur noch so lange warten, bis ich Shay mitnehmen kann.«
»Das könnte noch eine Weile dauern.« Trents Blick glitt über die Schüler, die an den Tischen vor der gegenüberliegenden Wand saßen. Ihre Gesichter waren blass, kaum jemand sagte ein Wort. Die Überlebenden. Jules
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