S - Spur Der Angst
schicken – reiche Kids, deren Mommys und Daddys nicht wollen, dass ihre Lieblinge die Konsequenzen für ihr Handeln tragen. Es ist ja auch so einfach: Zahle einen Batzen Geld, und schon kannst du deine Brut hierherverfrachten und von jemand anderem großziehen lassen.« Kopfschüttelnd betrachtete er das Fohlen. Sein kurzgeschorenes, silbernes Haar bildete einen starken Kontrast zu seinem tiefgebräunten Gesicht. »Ich will Ihnen mal was sagen: Wenn die Eltern diesen verfluchten Blagen beibringen würden, dass sie die Verantwortung tragen müssen für das, was sie getan haben, und sie ihr Mütchen im Gefängnis kühlen ließen, würden sie sich sehr viel Geld sparen und Ihnen und mir sehr viel Zeit.«
»Aber dann wären wir arbeitslos!«
Flannagan warf ihm einen finsteren Blick zu. »Es gibt bessere Jobs, das können Sie mir glauben. Ich habe nicht zwanzig Jahre bei den Marines gedient, um hier zu enden, wo ich diesen Kindern noch den Hintern abputzen muss. Verfluchte Scheiße, wer lässt denn mitten im Winter ein Pferd draußen stehen?« Er betrat Novas Box und tastete mit seinen erfahrenen Händen ihre Muskeln ab. Sie drehte die Ohren, doch sie protestierte nicht.
»Wer war heute Abend für die Tiere zuständig?«, erkundigte sich Trent.
»Das ist ja das Schlimme.« Flannagan streichelte Novas Stirn, und sie schnaubte laut. »Bernsen und Rolfe waren verantwortlich, aber sie hatten Schülern aus Ihrem Trupp aufgetragen, sich um die Pferde zu kümmern, unter anderem diesem Mädchen, das immer seine verdammte Gitarre mit sich rumschleppt.« Er schnippte mit den Fingern, als wollte er so seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
»Joanne Harris.«
»Genau die. Sie und diese Asiatin mit dem strubbeligen Haar – Yang, außerdem noch Bell, glaube ich. Es ist mir egal, ob das politisch korrekt ist oder nicht, aber Bell hat wahrhaft keinen blassen Schimmer, was Pferde anbelangt.«
»Ich glaube nicht, dass das etwas mit ihrer Hautfarbe zu tun hat.«
»Natürlich nicht! Es kommt daher, dass sie in diesem gottverdammten Detroit aufgewachsen ist! Was glauben Sie, wie viele Pferde es in der ›Motor City‹ gibt?«
»War nicht auch Missy Albright für diese Gruppe eingeteilt?«
Flannagan nickte. »Dachte immer, sie wäre ganz in Ordnung, abgesehen von ihrer nervtötenden Stimme. Ja, das ist eine ganz Clevere und außerdem gut im Umgang mit Tieren.«
Und eine Blondine. Genau wie die Person, die er zwischen den Wohnheimen hatte verschwinden sehen. Was hatte die Frau gesagt? Wer weiß, ob wir nicht die Nächsten sind? Sie hatte verängstigt geklungen und war von ihrem Begleiter ermahnt worden, nicht in Panik auszubrechen. Doch Trent wusste nicht, was sie mit »ob wir nicht die Nächsten sind« meinte. Es konnte alles bedeuten, sogar, dass sie »verschwinden« würden wie Lauren Conway. Oder war das zu weit hergeholt? Er hatte nicht genug von dem Gespräch verstehen können, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Außerdem war Missy nicht die einzige Blondine in Blue Rock. Ihm fielen gleich ein halbes Dutzend ein, und das allein unter den Schülerinnen. Hinzu kamen die Krankenschwester und die Köchin.
Und selbst wenn es ihm gelingen würde, die Betreffenden zu identifizieren – was dann?
»Ich werde das morgen früh mit Bernsen regeln. Er war der zuständige CB.«
Auch Zach Bernsen war blond. »Lassen Sie mich mit ihm reden«, schlug Trent vor. »Die meisten Schüler, die unter seiner Aufsicht standen, stammen aus meinem Trupp.«
Flannagan war bereits auf dem Weg zur Stalltür. »Na schön. Aber sorgen Sie dafür, dass er den Ernst der Lage versteht. Ein Pferd vor dem Stall stehen zu lassen …« Er nahm sein Gewehr vom Fußboden auf, warf einen letzten Blick über die Schulter und sagte: »Und lassen Sie sich bloß nicht mit irgendwelchen lahmarschigen Entschuldigungen abspeisen. Er war verantwortlich; jetzt muss er dazu stehen.«
Kapitel elf
H ören Sie, es gibt nichts, was ich Ihnen noch erzählen könnte«, drang Cheryl Conways Stimme aus Jules’ Handy. Sie hatte ein letztes Mal versucht, die Eltern des vermissten Mädchens zu erreichen, bevor sie sich auf den Weg zur Arbeit machte. Schließlich war Laurens Mutter, die in Phoenix lebte, an den Apparat gegangen. »Lauren wird nach wie vor vermisst, aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass ihr nichts Schlimmes zugestoßen ist und dass wir sie bald finden. O Gott, o Gott.« Cheryl Conways Stimme brach, und Jules kam sich wahrhaft mies vor, weil sie
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