S - Spur Der Angst
schließlich zwei Stiefelspuren, eine kleinere und eine größere, die Richtung Campusmitte führten. Er folgte ihnen, bis er auf den freigeschaufelten Gehweg stieß. Dort waren keine Spuren mehr zu sehen.
Schüler?
Lehrer?
Sonstiges Personal?
Wer?
Er blickte hinüber zu den Wohnheimen und sah im Licht der Außenbeleuchtung jemanden zwischen den Gebäuden verschwinden, etwas Gelbes leuchtete auf, als hätte dieser Jemand blondes Haar oder eine gelbe Mütze. Aus dieser Entfernung war das nicht zu erkennen. Außerdem wusste er nicht, ob es überhaupt eine der beiden Personen war, deren Flüstern er hinter der Traktorscheune gehört hatte. Doch selbst wenn er jemanden erkannt hätte, was hätte er damit anfangen können? Die zwei hatten sich unterhalten, na und? Gegen die Ausgangssperre hatten sie ohnehin nur verstoßen, wenn sie Schüler waren, aber nicht, wenn es sich um CBs oder Mitglieder der Lehrerschaft gehandelt hatte.
Er hörte das Pferd erneut, klar und schrill drang sein Wiehern durch die kühle Nachtluft. Weitere Pferde fielen mit ein, und auch die Hunde in den Zwingern fingen an zu bellen, als würden sie den Pferden antworten.
In dem Wissen, dass seine Verfolgung ergebnislos geblieben war, kehrte Trent zurück zur Traktorscheune, umrundete sie einmal und ging dann zum Pferdestall hinüber. Unterwegs entdeckte er ein einjähriges Fohlen namens Nova, das wegen des blendend weißen Sterns auf seiner Stirn so hieß. Das Einjährige zitterte vor Kälte und wieherte laut. Weshalb war es nicht im Stall?
Trent unterdrückte einen Fluch und öffnete die Tür. Drinnen nahm er eine Longe vom Haken und befestigte sie kurz darauf an Novas Halfter. »Komm, mein Mädchen«, forderte er das Fohlen mit beruhigender Stimme auf, schnalzte mit der Zunge und führte es hinein. Warme Luft und der Geruch nach Pferden schlugen ihm entgegen. Die Tiere scharrten mit den Hufen im Stroh und wieherten leise.
»Du hast für ziemliche Aufregung gesorgt, Nova«, sagte er zu dem kleinen Rotfuchs, der unruhig tänzelte und den Kopf hin und her warf. »Ist schon gut«, beschwichtigte er ihn, »du bist ja wieder drinnen.«
Die anderen Pferde streckten ihre Köpfe über die Boxentüren, und er streichelte die Nase der grauen Stute, bevor er Nova in ihre Box brachte. Nachdem er ihren Trog mit einer Extraportion Heu und Getreide gefüllt hatte, striegelte er ihr rotbraunes Fell, bis es glänzte. Das schien sie zu beruhigen. »Besser?«, fragte er sanft, obwohl er innerlich vor Zorn kochte. Welcher Idiot mochte das Fohlen bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt draußen gelassen haben?
Die Hunde spielten mittlerweile verrückt, ihr anfangs zögerndes Bellen hatte sich in wütendes Gekläff verwandelt.
»Aus!«, sagte ein Mann mit fester Stimme, und der Lärm verstummte augenblicklich.
Flannagan.
Mehrere Pferde hoben den Kopf und blickten erwartungsvoll zur Tür, die sich kurz darauf öffnete.
Bert Flannagan betrat mit finsterem Gesichtsausdruck, das Gewehr im Anschlag, den Stall. »Was zum Teufel ist hier los?«
»Nichts, was eine Waffe erforderlich macht.«
»Man kann nie wissen.«
»Was haben Sie vor? Wollen Sie jemanden erschießen, der unbefugt in den Stall eingedrungen ist? Womöglich einen Schüler? Was, wenn Sie ein Pferd treffen? Die anderen Tiere würden durchdrehen und sich in ihren Boxen verletzen. Also legen Sie das verdammte Ding weg!«
Flannagan zögerte und starrte Trent an, als hätte er am liebsten ihn erschossen, doch dann ließ er das Gewehr sinken und lehnte es mit dem Kolben nach unten an die Wand neben der Stalltür. »Na schön, dann sagen Sie jetzt endlich, was zum Teufel hier los ist.«
»Sagen Sie’s mir. Ich habe Nova draußen gefunden.«
»Draußen?«
Trent berichtete, wie er das Fohlen auf dem Weg zu seinem Blockhaus vor dem Stall entdeckt hatte. Den Teil mit den Stimmen, die er in der Nähe der Traktorscheune gehört hatte, ließ er fürs Erste aus. Noch wusste er nicht, was er von Flannagan halten sollte. Als er dem älteren Mann von dem Fohlen erzählte, wurde dessen Gesicht hart. Seine Nasenflügel bebten, und er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
»Das ist das Problem, wenn die Jugendlichen für die Tiere zuständig sind«, knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Sie haben keinerlei Sinn für Verantwortung, kein bisschen Pflichtgefühl.«
»Ist das nicht genau das, was wir ihnen beibringen sollen?«
»Unmöglich bei diesen verwöhnten Gören, die sie zu uns
Weitere Kostenlose Bücher