S - Spur Der Angst
zumal sich offenbar niemand wirklich die Mühe macht, nach ihr zu suchen.« Sie dachte an ihr Telefonat mit Cheryl Conway. »Abgesehen von ihrer Mutter.«
Er schnitt eine Grimasse. »Du hast mit Cheryl gesprochen?«
»Ja. Du etwa auch? Augenblick mal«, sagte sie und zählte eins und eins zusammen. Sie hatte gelesen, dass er für das Büro des Sheriffs in Montana gearbeitet hatte. »Bist du deshalb hier? Du versuchst, ihr Schicksal aufzuklären, hab ich recht? Komm schon, gib’s zu, Sportlehrer. Was führt dich in die Umkleide der Blue Rock Academy?«
»Ich kann wirklich nicht darüber sprechen.«
»Warum nicht? Ich war doch auch ehrlich, da erwarte ich von dir dasselbe.« In Wirklichkeit stimmte das gar nicht. Hatte er damals nicht bewiesen, was für ein verlogener Mistkerl er war? Warum sollte sie ihm jetzt vertrauen?
Weil dir keine andere Wahl bleibt. Du stehst mit dem Rücken zur Wand. Cooper Trent weiß von deinem Schwindel. Du musst ihm vertrauen, Jules.
»Ich bin so ehrlich zu dir, wie es mir möglich ist.«
»Sicher.« Sie spähte aus dem Fenster. Die Berge, die sie in der Hochglanzbroschüre gesehen hatte, waren an diesem Abend nicht auszumachen, die Dunkelheit und der heftige Schneefall beschränkten die Sicht auf den Lichtkegel der Scheinwerfer.
»Ich darf dir nicht mehr sagen«, beharrte er. »Wirklich nicht.«
»Dann kann ich dir vielleicht auf die Sprünge helfen. Ich habe gelesen, dass du für einen Sheriff in Montana gearbeitet hast.« Sie kniff die Augen zusammen, als sie daran dachte, dass Cheryl Conway angedeutet hatte, es würde manchmal nicht genügen, sich auf die Arbeit der Polizei zu verlassen; mitunter müsse man eben »mehr tun«. Was genau mochte sie damit gemeint haben? »Dann arbeitest du also undercover. Ist es das?«
»Alles, was du wissen musst, ist, dass ich an der Blue Rock Academy als Lehrer tätig bin«, sagte er bedächtig, das Lenkrad nach wie vor fest umschlossen. Der Jeep bog um eine weitere scharfe Kurve, die Reifen rutschten in die vereisten Fahrspuren. »Und es würde meine eigentliche Aufgabe hier sehr erleichtern, wenn du die dir angebotene Stelle ausschlägst.«
»Wie bitte?«
»Sag Hammersley und Lynch, du hast deine Meinung geändert. Niemand wird dir das zum Vorwurf machen.«
»Ich mache doch jetzt keinen Rückzieher!«, widersprach Jules empört.
»Es ist gefährlich.« In seinem Augenwinkel machte sich ein nervöses Zucken bemerkbar, und ihr war klar, welche Anstrengung es ihn kostete, sich zu beherrschen. Sie kannte dieses verräterische Signal aus der Vergangenheit.
»Dann soll ich meine Schwester einfach im Stich lassen?«
»Du lässt sie nicht im Stich.«
»O doch. Gib dir keine Mühe, mir meinen Plan auszureden!« Ihr Blutdruck schoss in die Höhe, und sie spürte, wie sie innerlich anfing zu kochen. »Solange ich Shay nicht hier rausgeholt habe, werde ich die Stelle behalten!«
Seine Lippen waren nicht mehr als eine rasierklingendünne Linie. »Du warst schon immer ein Dickkopf.«
»Dann versuch doch gar nicht erst, mich davon abzubringen, es funktioniert sowieso nicht.«
»Ich will einfach nicht, dass du mir in die Quere kommst.«
»Pass auf!«, sagte sie und spürte, wie der Groll der ganzen sieben Jahre wieder in ihr hochstieg. »Das Gleiche gilt für dich!«
»Jules …«
Ihr Herz schmerzte, als sie hörte, wie er ihren Namen nannte, doch sie würde sich nicht in einer langvergessenen, albernen, um nicht zu sagen kindischen Schwärmerei verlieren.
»Ich will nicht, dass du verletzt wirst.«
»Ich werde auf Abstand bleiben.«
Bei ihren harschen Worten zuckte er leicht zusammen, doch sie wollte ihn unbedingt wissen lassen, dass sie nicht mehr das schwache, angeschlagene Mädchen von vor sieben Jahren war. »Ich werde dich nicht verletzen«, sagte er schließlich.
»Das würde dir auch nicht gelingen, Cowboy«, schwor sie. Niemand hatte ihr je eine solche Wunde zugefügt wie Cooper Trent, und sie würde dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passierte.
»Hör mal, Jules, ich möchte mir einfach keine Sorgen um dich machen müssen.«
»Dafür gibt es eine simple Lösung: Tu’s einfach nicht!«
»Verdammt noch mal, Jules –«
»Julia. Ich heiße Julia. Das solltest du dir merken, vor allem wenn mich die anderen morgen ins Kreuzverhör nehmen.« Sie zog eine Augenbraue hoch. Seine Lippen zuckten verärgert.
»Du bist unmöglich«, bemerkte er trocken.
»Das ist eine meiner besseren Eigenschaften.«
»Was ist aus dem netten,
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