S - Spur Der Angst
Jules mit seinen fast schwarzen, funkelnden Augen.
Auch die übrigen Lehrkräfte, die nun nach und nach auf sie zukamen, gingen davon aus, dass sich Jules gut einleben würde.
Sie selbst war da anderer Meinung, aber sie ließ sich nichts anmerken.
Reverend McAllister beeilte sich, ihre Hand zu ergreifen, lächelte und scherzte, sie habe wohl das schlechte Wetter mitgebracht. Sie schätzte ihn auf Mitte dreißig, auch wenn er jünger aussah; er hatte eines jener Gesichter, in denen noch der Lausbub von früher zu erkennen war. »Blue Rock ist ein wundervoller Ort«, sagte er. »Es tut mir leid, dass sie zu einer so ungünstigen Zeit hergekommen sind.«
Bert Flannagans Händedruck war hart wie Stahl, sein Blick durchdringend. Jordan Ayres, die Schulschwester, war recht freundlich, eine patente Frau, die sie während ihres kurzen Gesprächs abschätzend zu mustern schien. Anschließend plauderte Jules mit Adele Burdette und Tyeesha Williams, die beide zutiefst betroffen darüber waren, eine Schülerin unter derart grausamen Umständen verloren zu haben.
Jules wollte sich gerade zurückziehen, als sich Cooper Trent zu ihnen gesellte. »Ich hoffe, Sie haben sich schon ein wenig eingerichtet«, sagte er.
»Noch nicht ganz, aber langsam komme ich an.«
»Es dauert immer eine Weile, und schließlich leben wir hier ziemlich abgeschieden, aber ich bin davon überzeugt, dass Sie Blue Rock interessant finden werden.«
»Mit Sicherheit«, pflichtete sie ihm bei. Sie sah in seine goldgrünen Augen und musste unwillkürlich daran denken, wie dunkel sie immer in der Nacht gewirkt hatten, wie sich seine Pupillen weiteten, wenn er sie anschaute.
Sie schluckte und verschränkte die Arme, weil sie fürchtete, sonst unwillkürlich nach seiner Hand zu fassen. In seiner Nähe zu sein war belastend. Erinnerungen an ihre gemeinsame Liebe, an die Leidenschaft, die in ihr aufflammte, wann immer er ihr nahe war, schossen ihr durch den Kopf, und sie musste alle Kraft zusammennehmen, um sie zu verdrängen.
»Lassen Sie mich wissen, wenn Sie etwas brauchen«, sagte er.
Das war ein bisschen spät … nein, eher viel zu spät.
»Vielen Dank«, erwiderte sie mit zusammengepressten Lippen. Dass von allen Männern mit einer Sportlehrerqualifikation ausgerechnet Cooper Trent in Blue Rock gelandet war, war wirklich Ironie des Schicksals.
Er starrte sie an, als hätte er ihre Gedanken gelesen, dann wandte er sich abrupt ab, während sie sich grüßend und plaudernd weiter auf die Tür zubewegte.
Als sie endlich draußen war, holte sie tief Luft. Ihre Nerven waren gespannt wie Klaviersaitendraht, so anstrengend war es gewesen, die Fassade aufrechtzuerhalten. Dabei war sie eben erst angekommen! Hoffentlich würde es im Laufe der Tage einfacher werden.
Gedankenverloren folgte sie einem dunklen Gehweg Richtung Stanton House und wäre vor Schreck beinahe gestolpert, als plötzlich eine dunkle Gestalt hinter einer schneebedeckten Buchsbaumhecke hervorsprang und sich ihr in den Weg stellte.
»Was zum Teufel …« Jules fuhr zurück. In letzter Sekunde fing sie sich und erkannte ihre Schwester. »Was tust du hier?«
»Ich muss mit dir reden«, flüsterte Shay dramatisch und trabte neben ihr her. »Geh einfach weiter und erzähl mir dabei, warum du glaubst, mich hier rausholen zu können, indem du einen Job als Lehrerin annimmst.« Ihre haselnussbraunen Augen blitzten zornig unter dem Rand einer Mütze mit aufgesticktem Blue-Rock-Logo hervor.
»Das hab ich doch bereits getan.«
»Meine Zimmergenossin ist gestern Nacht gestorben.« Shaylees Unterlippe zitterte. »Ermordet worden!«
»Das weiß ich doch, Shay. Es tut mir so leid!«
»Dann lass uns abhauen.«
»Wir können hier nicht einfach rausspazieren, schließlich bist du auf richterliche Anordnung hier.«
»Das ist mir klar, aber hier ist es gefährlich!« Shay schniefte und fing an zu hyperventilieren.
Jules legte ihrer Schwester beschwichtigend die Hand auf den Rücken. »He, nun beruhige dich mal. Halte noch ein bisschen durch.«
»Ich dachte, du wolltest mir helfen!«
»Das will ich doch auch.«
»Stimmt etwas nicht?«, ertönte Trents Stimme hinter ihnen. Shay machte sich blitzschnell von Jules los.
»Ich regle das«, sagte Jules und hoffte inständig, Shay würde sich nicht an ihn erinnern. »Vielen Dank, Mr. Trent.«
»Keine Ursache. Shaylee gehört zu meiner Gruppe.«
»Alles in Ordnung, Mr. Trent«, bestätigte Shay wenig überzeugend.
»Bist du sicher? Ich weiß, das
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