S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition)
mir bisher erzählt wurden. Einfach damit ich nicht den Überblick verliere, damit ich weiß, wann was war.
Vermutlich März 2006: Susanne spürt eine Berührung an ihrer Schulter, erst leicht, dann fester. Niemand ist zu sehen.
November 2006: Achims Erlebnis mit dem Computer. Der geht immer wieder ein und aus. Dann ein lautes, schmerzhaftes Pfeifen aus den Lautsprechern. Anschließend hörbare Atemgeräusche, niemand zu sehen.
September 2007: Tobias hört auf der Toilette zweimal ein Klopfen, dann einen heftigen Schlag. Er ist sich aber sicher, dass außer ihm niemand da ist. Anschließend hat er das starke Gefühl, jemand oder etwas sei hinter ihm. Er verlässt fluchtartig die Toilette.
Vermutlich September 2007: Mara fühlt eine Berührung am Kopf, sie beschreibt diese als „Streicheln“. Als sie weggeht, stößt sie jemand von hinten. Niemand ist zu sehen.
Januar 2008: Jessica hört zweimal kurz hintereinander Schritte. Als würde jemand auf sie zu kommen. Es ist aber niemand zu sehen.
19. Anne ruft an, dann ihre Tante
Donnerstag, 3. April 2008: Gestern und Vorgestern saß ich insgesamt über zehn Stunden auf S3. Keine besonderen Vorkommnisse.
Kurz nach drei habe ich einen Anruf: „Hallo, hier ist Anne. Sprech ich mit Oliver?“
Sie habe, so Anne, schon vor einiger Zeit einen meiner Zettel gesehen, „das Ganze“ auch interessant gefunden, dann aber gezögert sich zu melden. Ihr selbst sei schließlich nie etwas Unheimliches passiert. Sie kenne aber jemanden, der von seltsamen Ereignissen erzählt habe.
Ich frage nach und erfahre, dass es sich bei diesem „Jemand“ um Annes Tante handelt. Diese habe rund 15 Jahre in der Bibliothek gearbeitet und schon mehrmals von komischen Ereignissen berichtet.
Sie habe gedacht, ich suche nur Studenten, so Anne. Deshalb habe sie auch nicht früher angerufen. Aber wenn ich wolle, dann würde sie mal bei ihrer Tante nachfragen. Die sei ein sehr „offener“ Mensch, wahrscheinlich habe sie nichts gegen ein Interview.
Ich sage Anne, dass ich ihr dankbar fürs Nachfragen wäre und frage mich zugleich, wieso ich selbst nicht auf die Idee kam, mich mit ehemaligen oder aktuellen Mitarbeitern der Bibliothek zu unterhalten, diese direkt nach unheimlichen Erfahrungen zu fragen. Schließlich verbringen die Mitarbeiter viel mehr Zeit in der Bibliothek als der Durchschnittsstudent.
Anne verspricht mir, mit ihrer Tante zu reden. Sie will ihr meine Telefonnummer geben. Ihre Tante würde sich dann direkt bei mir melden.
Nur zwei Stunden später weiß ich, dass Anne Wort gehalten hat. Eine Frau Seiler (Name natürlich geändert) ist am Telefon. Sie habe gerade von ihrer Nichte meine Telefonnummer bekommen und jetzt wolle sie doch genauer wissen, um was es mir geht. Ich erkläre Frau Seiler mein Interesse an den seltsamen Phänomenen in der Bibliothek und Frau Seiler erklärt mir, dass sie während ihrer fast zwanzig Jahre in der Bibliothek schon einiges gehört hat. Selbst aber – das wolle sie gleich klarstellen, damit ich nicht enttäuscht sei – habe sie nie etwas Unerklärliches oder Unheimliches erlebt. Ob ich denn trotzdem an einem Interview interessiert sei?
Ich bin interessiert und wir vereinbaren einen Termin. Ich soll morgen Nachmittag zu Frau Seiler nach Hause kommen. Detailliert beschreibt sie mir den Weg, sagt mir sogar, wo ich ungestraft parken kann.
20. Das Gespräch mit Frau Seiler
Freitag, 4. April 2008: Frau Seiler lebt in dörflicher Gegend, zur Uni sind es etwa 15 Minuten mit dem Auto. Zusammen mit Mann und Hund wohnt sie in einem Einfamilienhaus. Die Kinder sind schon ausgezogen. Frau Seiler ist eine gepflegte, modisch gekleidete Frau Ende 50. Während des Gesprächs am späten Nachmittag trinken wir Kaffee, dazu gibt es Gebäck. Der Ehemann ist im Garten beschäftigt, vor dem Gespräch kommt er kurz herein und sagt Hallo.
Frau Seiler erzählt recht „unaufgeregt“, in ruhigem Tonfall. Sie bleibt in ihren Aussagen vage, will sich ungern festlegen. Schon vor dem Gespräch sagt sie mir, dass sie einfach von dem erzählen werde, was sie so gehört habe, dass sie die Erlebnisse ihrer Kollegen aber nicht „bewerten oder einordnen“ wolle. Dieses „Nicht bewerten wollen“ scheint ihr wichtig zu sein.
[Beginn der Aufnahme]
I: Okay, also danke dass Sie mitmachen...
R: Geht’s schon los?
I: Ähm ja, Band läuft.
R: Gut, soll ich dann einfach erzählen? Oder sagen Sie mir, wo ich
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