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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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Adrenalinstoß direkt ins Herz, wie ein heruntergestürzter Wodka, setzte sich als Gedanke in meinem Hirn fest, schob sich als Gefühl tief in meine Brust.
    Scheiße, ich muss meine beste Freundin umbringen.
    Es war vier Tage vor Weihnachten. Der 21. Dezember. Ein Jahr, zwei Monate und drei Tage nach Jenny.

Schnappschuss
    C ora sah ziemlich gewöhnlich aus, das ließ sich nicht leugnen. Ich hätte es ihr natürlich nie ins Gesicht gesagt. Auf ihre Frage, ob sie hübsch sei, hatte ich bereits ein- oder zweimal gelogen. Daran ist nichts Verwerfliches. Ich hatte deswegen kein schlechtes Gewissen. Ich hatte noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, weil ich sie insgeheim für reizlos hielt. Es stimmte schließlich. Sie sah bestenfalls durchschnittlich aus.
    Aber früher, als wir noch Studentinnen waren und so schrecklich jung, hatte Cora bisweilen eine jugendliche Ausgelassenheit, die sie vorübergehend beinahe hübsch erscheinen ließ. Diesen Reiz machte die rosige Frische junger Haut aus und der feste Glauben, dass einem die Welt zu Füßen liegt und man nach Belieben über sie verfügen kann, dass man sie schälen kann wie eine reife Frucht, ihren Saft aussaugen, um die Schale dann wegzuwerfen. Und sie hatte eine fantastische Figur, das darf man nicht vergessen.
    Mit ihren wohlgeformten Rundungen, den großen braunen Augen, dem hellbraunen, kurz geschnittenen Haar und dem prächtigen Busen, der sich in ihr tief ausgeschnittenes Oberteil schmiegte, war Cora ein gewisser Charme nicht abzusprechen.
    Ich habe sie noch genau vor Augen in dieser Nacht – dieser scheinbar ganz normalen, aber ach so wichtigen Nacht. Sie sah auch auf dem Foto fast hübsch aus, das lange vor der Party im Charlie’s entstanden war. Lange vor dem Currymann. Kurz vor dem Tanz auf dem Gehsteig. Bevor jemand starb. Als die Nächte noch voller billigem Wein und anhaltendem, heftigem Gelächter waren – Gelächter, das mir den Atem raubte und ihn ganz oben in meiner Brust festhielt, bis ich das Gefühl hatte, in dunklem, schwindelerregendem Vergessen zu ersticken.
    Cora und ich hatten schon fast eine ganze Flasche Wein geleert, bevor die Jungs kamen, als Belohnung dafür, dass wir unsere Studentenbude gründlich geputzt, Papiergirlanden aufgehängt und die Zeitschriften und die Post unters Sofa geschoben hatten. Unsere Mütter wären ausnahmsweise stolz auf uns gewesen.
    Es war Coras zwanzigster Geburtstag, und sie trug ein erstaunlich glänzendes, knappes, orangerotes Cocktailkleid, mit dem sie mir die Schau zu stehlen versuchte. Nichts, was Cora trug, wirkte jemals wirklich angemessen. Hatte ich meine Schuldigkeit getan, indem ich angedeutet hatte, das Kleid sei vielleicht ein bisschen zu schick? Ein bisschen zu eng? Die Farbe etwas zu gewagt? Aber es entsprach nun einmal Coras bürgerlicher Vorstellung von sexy und flippig. Und sie hatte einen Monat lang auf ebendieses Kleid gespart, hatte wochenlang fast ausschließlich von Dosenthunfisch auf Mikrowellenkartoffeln, Kellogg’s Frosties und hin und wieder einem KitKat gelebt, um es sich leisten zu können.
    Wir waren zwar noch zu jung und ungeübt, um zu wissen, wie man sich richtig schminkt, aber aus heutiger Sicht finde ich trotzdem, dass wir nie wieder so jung, so strahlend, so allwissend – so sehr wie Freundinnen – aussahen.
    Auf dem 10 x 15 cm-Abzug, der uns für immer im Damals einfriert, legt Cora den Arm um mich, schmiegt sich mit herausgestreckter Brust und zurückgenommenen Schultern an meine Seite und strahlt in die Kamera.
    Ich sitze leicht von der Kamera abgewandt, habe den Blick unter dem blonden Bob gesenkt und schiele für denjenigen, der die gar nicht so billige Geburtstagskamera hält, aus großen blauen Augen hinauf in die Blende. Vermutlich eine Pose, die ich von irgendeiner Zeitschrift abgeschaut hatte. Vielleicht aber auch einfach nur zu viel Martini.
    Das Ergebnis ist niederschmetternd – weil es so voller Verheißungen steckt. Beste Freundinnen vor einem Tapetenhintergrund aus explodierenden violetten Blumen und einem Poster von Tom Cruise in Cocktail.
    Es handelt sich eindeutig nicht um Schwestern, denn eins der Mädchen ist groß und blond und trägt ein weites, weißes Baumwollkleid mit Blumenmuster in Rot und Schwarz. Es umspielt die Knöchel und ist vorne bis zum Brustbein geknöpft, darunter nackte Beine in flachen Sandalen, kein Schmuck. Fast trendy für die damalige Zeit.
    Die andere junge Frau ist kleiner, dunkler. Sie trägt einen Schlauch aus etwas zu

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