Saat des Himmels
dem Haus keine
Menschenseele aufhielt. Schwere Läden lagen vor den
Fenstern, und auch die Tiere befanden sich nicht auf der
Liegenschaft. Spuren einer Gewalteinwirkung zeigten sich
nicht, sodass VonEtali annehmen konnte, Eltern samt Kind
haben die Gegend verlassen und sind wahrscheinlich in
Sicherheit.
Obwohl sie ihre Mission mit Erfolg beendet glaubte,
begab sich VonEtali voller schwermütiger Gedanken auf
den Heimweg. Und ein weiteres Mal überfielen sie tiefe
Zweifel an AmUlzos Vorhaben. Aber ein Ausweg fiel ihr
nicht ein, und die Konsequenzen blieben unüberschaubar.
Schwindel suchte sie heim, als sie daran dachte, was noch
alles an schmerzlich Unwägbarem sie nicht bedacht haben
mochten, das grausam, wie dieses Kindesmassaker, auf sie
zurückschlagen würde.
Am Abend bat VonEtali in der Zentrale, eine Verbindung
zum Orbit herzustellen, zu AmUlzo. Sie überlegte, solange
der Diensthabende hantierte, wie sie den Gefährten
informieren, beruhigen könnte, ohne Einzelheiten
preiszugeben und Mithörende misstrauisch zu machen – so
wie auch er seine Anfrage neutral gehalten hatte, sie und
AusGarmi dennoch das nur für sie bestimmte dringende
Anliegen heraushören konnten. „Hallo, AmUlzo. Ich bin
wieder gesund“, meldete sie dann, als er besorgt blickend
auf dem Schirm erschien. „Ich war ein Stück in der Wüste,
in der Sonne, das hat mir gut getan. Dabei habe ich auch
diese possierliche Springmaus mit ihren Jungen wieder
ausgesetzt; es fehlt mir hier an der Zeit, mich um die Tiere
zu kümmern. Ich hatte den Eindruck, sie fühlten sich
wohl…“
AmUlzo lächelte. „Wir fangen bei Gelegenheit neue“,
sagte er. „Ich freue mich, dass es dir wieder gut geht.
Übrigens, ich durfte mich zurückverwandeln, bin also
maskulin.“ Sein Lächeln hatte sich verstärkt.
„Na fein! Das nützt mir gewaltig! – Also, lass dir deinen
Dienst nicht auf die Nerven gehen. Ich stelle ihn mir recht
langweilig vor.“
„Er ist so uninteressant nicht. Wir durchkämmen mit allen
möglichen Sensoren die Oberfläche des Planeten
systematisch auf Siedlungsgebiete. Es ist erstaunlich, wie
weit die Rasse Mensch verbreitet ist. Denkbar ist, dass
daran die Unseren von der OZEANA oder andere
Raumfahrer nicht ganz unbeteiligt waren. Viel Erfolg und –
ich mag dich!“ Er unterbrach die Verbindung.
Gedankenvoll wandte VonEtali sich ab, verließ die
Zentrale. „Ich mag dich auch, AmUlzo“, dachte sie
wehmütig. Und ihr fiel ihre Behauptung ein, die sie vor
ganz kurzer Zeit gegenüber AusGarmi gebraucht hatte: „Ich
beende das Spiel, sobald durch unser Zutun jemandem Leid
widerfährt.“ Und VonEtali wusste in diesem Augenblick,
dass sie AmUlzo nicht im Stich lassen würde, nicht
AmUlzo und nicht jene, die nach seiner Idee in diese Welt
gesetzt worden waren.
2. Teil
1.
Sie ruhten auf noch warmem Fels, VonEtali, AmUlzo
und AusGarmi. Blätter aufragender Äste des
Buschwaldes warfen in den Strahlen der schon tief
stehenden Sonne kräuselnde Schatten.
Vor ihnen im Blickfeld aber, fremdkörperlich klotzig vor
der grünen Kulisse, hoben kurz hintereinander langsam die
beiden Lander vom Boden ab, standen gleichsam
Augenblicke, das Licht schmerzhaft reflektierend, in der
Luft, als wären sie unschlüssig, wohin sie sich wenden
sollten. Dann nahmen sie schwerfällig Fahrt auf, wurden
schneller und scheinbar kleiner. Die eckigen sichtbaren
Flächen verwandelten sich in zwei Sterne, die jedoch, noch
beachtlich groß, hinter der Horizontlinie des Berges
verschwanden.
Ein leichter Hauch erzeugte in den Büschen ein Rascheln;
entfernt geigte eine Zikade ihr frühes Abendlied.
Die drei ruhten schweigend.
AmUlzo hatte nach den Tentakeln der beiden Frauen
gegriffen.
Sie saßen noch wie erstarrt, als sie der Kernschatten das
Waldes längst eingehüllt hatte.
„Es wird kühl“, sagte AusGarmi, und sie löste ihre Greifer
aus denen AmUlzos.
„Wenn’s so weit ist, tut’s halt doch ein bisschen weh.“
VonEtali richtete sich auf. „Lasst uns aufbrechen. Wir
erreichen den Fluss noch, bevor die Sonne endgültig
untergegangen ist.“
„Morgen – in ein paar Tagen – hast du VomLagero und
die anderen vergessen, so wie sie dich vergessen haben
werden“, tröstete AmUlzo, und er versuchte ein Lächeln. Er
breitete die Tentakel, richtete sich hoch auf und rief:
„Genieße das, VonEtali
– das strotzende Leben, die
wärmende Sonne, unser lohnendes Ziel und bald friedvolle,
zufriedene und fröhliche Menschen. Um nichts möchte ich
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