Sabine und die drei Millionen - Ein heiterer Roman, fast ein Krimi (German Edition)
plötzlich an den gemüt lichen alten Herrn, der sie so gut beraten hatte. "Und was macht er jetzt", fragte sie. "Ist ihm jetzt nicht furchtbar langweilig?"
"Aber ihm doch nicht", sagte Peter. "Der sitzt zum Beispiel mit großem Vergnügen stundenlang am Lui senplatz, trinkt Kaffee, raucht dicke Zigarren und beobach tet die Leute. Oder er macht eine ausge dehnte Urlaubsreise. Oder er stürzt sich in sonstige Vorhaben. Neulich hat er angedeu tet, dass er an einem Kriminalroman mitar beiten will."
"Halleluja", sagte Sabine. "Gott segne ihren On kel. Rufen sie ihn nur an! Sie werden bestimmt sehr interessante Dinge von ihm erfahren."
"Lügen haben eben doch sehr kurze Beine", setzte sie mit einer Art Galgenhumor für sich hinzu. Die Stunde, in der alles herauskommen würde, schien nun unauf haltsam näher zu rücken, denn sie würden bald wieder unten im Ort sein, und dann würde er den Onkel anrufen. Den Onkel, der eigentlich ihr Kom plice war. Der arme Peter! Erst verliebte er sich in die Verbrecherin, die er verfolgte, und dann entpuppte sich auch noch sein eigener Onkel als Helfershelfer. Und nicht zu vergessen sein Freund Leo.
Wie der Onkel es aufnehmen würde, wenn er es erfuhr? Sabine war sicher, dass der Onkel sehr bedrückt war, wohl auch deswegen, weil er sich um sie, Sabine, sorgte. Sie wusste aber auch, dass er über die ganze Geschichte herzlich lachen würde, insbesondere, wenn auch noch die letzte der drei Millionen Mark wieder auftauchte.
"Gehen wir?", fragte sie.
Sie schlenderten einige Treppen hinunter und ge rieten unversehens an den Eingang eines festlich geschmückten Ganges, wo zwei freundliche Popen sie baten, doch einzu treten. Heute wäre ein Fest des heiligen Johannes.
Sie folgten der Einladung.
Der breite Gang führte zu einem großen, festlich geschmückten Saal, der völlig leer war, abgesehen von Stühlen, die rundherum an allen vier Wänden stan den. Stuhl an Stuhl nebeneinander. Auf den Stühlen saßen Leute; jeder hielt eine Tasse Kaffee auf den Knien und ein Stück trockenes Brot in der Hand. Links vom Eingang, an einer der Schmalseiten, waren fünf Stühle auf einem erhöhten Podest aufgestellt. Der mittlere Stuhl, in diesem Fall ein Sessel, am höchsten. Rechts und links davon, etwas tiefer, standen zwei weitere Sessel und wiederum rechts und links daneben, noch einmal etwas tiefer, weitere zwei. Auf dem höchsten und den beiden unteren Sesseln saßen besonders würdige Popen. Die beiden mittleren waren leer.
"Ein Oberpope und zwei Unterpopen", bemerkte Peter respektlos. "Die Mittelpopen fehlen noch."
Freundliche Popen begrüßten sie und suchten Stühle für sie. Für Sabine fanden sie einen an der Längs seite gegenüber der Tür. Peter wurde jedoch, da sonst alles besetzt war, neben dem 'Oberpopen' auf den erhöhten Sessel eines der fehlenden 'Mittelpo pen' platziert, wo er sich unter seinen hochwürdigen Nachbarn nicht so recht heimisch fühlte, wie es Sabine schien, die ihn heiter gestimmt beobachtete und augenzwinkernd zu ihm hinüberlächelte.
Jungen in der Popenkutte (Peter würde 'Popen - Lehr linge' sagen, dachte Sabine) liefen geschäf tig umher und teilten Kaffee und trockenes Brot aus. Auch Peter und Sabine waren bald versorgt und genossen, die Kaffeetasse vorsichtig auf den Knien balancierend, die Gabe.
Peter hatte von seinem Platz aus eine gute Über sicht, und er sah es eher als Sabine. Sabi ne, deren Blick an Peter hing, bemerkte, wie er plötzlich erstarrte und zur Tür sah. Sie folgte seinem Blick.
Kitty!
Sie war in Beglei tung eines besonders würdig aus sehenden Popen hereingekommen und mit diesem in ein so angelegentliches Gespräch vertieft, dass sie Sabine, die gerade in ihrem Blickfeld saß und sie entgeistert anstarrte, nicht bemerkte. Gleich darauf kamen einige Popenlehrlinge und brach ten Stühle herein, die sie weiter weg im hinteren Teil des Raumes aufstellten, und der würdige Pope ge leitete Kitty zu einem Platz an der gleichen Wand, an der auch Sabine saß, und von dem aus Kitty Sabine nicht mehr sehen konnte. Und umge kehrt natürlich auch nicht.
Kittys Pope, trotz seiner unbestreitbaren Würde sehr jung und fröhlich aussehend, nahm links neben dem Oberpopen Platz, sozusagen als Pendant zu Peter. Er hatte kaum Platz genommen, als die Popenlehr linge auszuschwärmen begannen. Sie nahmen allen Leuten die Kaffeetassen und die Brotreste aus der Hand, und als das erledigt war, begann die Feier.
Zuerst hielt der Oberpope eine ernste,
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