Sachiko - Blutige Tränen (German Edition)
den großen Wohnraum.
Sachiko wurde immer kleiner in der cremeweißen Ledercouch.
„ Sie wollen mir jemanden zur Seite stellen, der mich auf die Rolle einer Vampirin vorbereiten soll!“
Amaya hielt sich den Bauch vor Lachen. „Gomen ne, tenshi … verzeih mir, mein Engel“, kicherte sie, als sie endlich wieder in der Lage war, verständliche Worte hervorzubringen, „aber das hieße ja wohl so viel wie … wie …“
Amaya fuchtelte mit ihren Händen in der Luft umher und suchte nach passenden Worten.
„ Eulen nach Athen zu tragen?“, half Sachiko Amaya schließlich auf die Sprünge. Sie fand die Situation nicht annähernd so komisch wie ihre Mutter.
„ Mr. Spade, der Regisseur, versprach mir sogar, dass ich genügend Zeit haben werde, einen grimmigeren Gesichtsausdruck einzustudieren.“
Erneut erklang Amayas Lachen.
„Aber vielleicht kann ich ja tatsächlich noch etwas lernen“, fuhr Sachiko stirnrunzelnd fort, „denn eigentlich bin ich ja gar kein richtiger Vampir.“
Amaya sah ihre Tochter liebevoll an.
„Was immer es ist, dass dich so besonders macht, Chiko, es hängt mit deiner Zeugung zusammen.“
„ Ich weiß, Oka san, Dad und du habt mir schon so oft von der Sonnenfinsternis erzählt.“
Wie von selbst glitt Sachikos Hand an die Stelle über ihrer rechten Brust, hin zu der Stelle an der ihr Herz schlug. Ihre sensiblen Finger ertasteten das leicht erhabene Mal, das sie seit ihrer Geburt trug … ein dunkler kreisrunder Punkt, ungefähr von der Größe eines Penny, der von einem strahlend hellen Leuchten eingerahmt wurde. Das Abbild einer Sonnenfinsternis.
Amaya schwelgte jetzt offensichtlich in Erinnerungen.
„ Bis zu diesem Tag konnten wir uns nur in der Dunkelheit bewegen. Die geringste Sonneneinstrahlung führte unweigerlich zu schweren Verbrennungen. Jeder Versuch, ins Sonnenlicht zu treten, hätte unseren sofortigen Tod zur Folge gehabt.“
Sachiko nickte ergeben. Sie wusste, dass sie jetzt zum wohl hundertsten Mal die Geschichte hören würde … und nichts dagegen tun konnte.
„Aber ich wollte unbedingt einmal die Sonne sehen.“ Amayas Augen glänzten verträumt.„Und als dein Dad davon erzählte, dass eine Sonnenfinsternis bevorstünde, schmiedeten wir Pläne, wie wir es anstellen könnten, sie anzusehen. Oh, ich weiß noch wie es war, als es uns tatsächlich gelungen ist, zum ersten Mal am Tage vor die Türe zu gehen. Ganz zaghaft hielt dein Dad seine Hand in die diffuse Helligkeit und als nichts geschah, tat ich es ihm gleich. Schritt für Schritt wagten wir uns weiter hinaus und als wir endlich ganz und gar im Freien standen, dort im hellen Licht des Tages … oh Chiko, du ahnst nicht, wie wir uns fühlten damals …“
Sachiko wollte es auch gar nicht so genau wissen, denn ihre Eltern hatten sich immerhin so gut gefühlt, dass sie gleich an Ort und Stelle mit der Familienplanung begonnen hatten und das mit vollem Erfolg. Das Ergebnis hatte dann dreiundzwanzig Wochen später das Licht der Welt … oder besser gesagt, die Dunkelheit des Schlosses … erblickt.
Ihre Eltern hatten in den ersten Wochen von Sachikos Leben die Hölle durchgemacht.
Chiko-Baby verweigerte nicht nur die Nahrungsaufnahme, die selbstverständlich aus Blut bestand, das fürsorglich auf exakt 36,7 Grad angewärmt war.
Sie weigerte sich auch, tagsüber zu schlafen – schlief dafür aber in der Nacht brav zwölf Stunden durch.
Dies alles brachte den Rhythmus ihrer Eltern so durcheinander, dass sie bereits in Erwägung gezogen hatten, Sachiko sich selbst zu überlassen oder in der Wildnis auszusetzen. Nur die Liebe, die sie für dieses winzige Baby empfanden, hielt sie von dieser krassen Maßnahme ab.
Doch nach vier Wochen, Sachiko konnte bereits krabbeln, kam der Tag, der ihrer aller Leben verändern sollte.
Amaya und Brendan waren vor Erschöpfung eingeschlafen, als Chiko-Baby einfach aus dem Bettchen kletterte und zur Türe hinauskrabbelte – hinein in den strahlenden Sonnenschein!
Als die entsetzten Eltern bemerkten, dass ihr Töchterchen verschwunden war, konnte auch die Sonne sie nicht davon abhalten, nach Sachiko zu suchen … und das Wunder geschah!
Auch ihnen machte die Sonne nichts mehr aus, der Himmel mochte wissen, warum.
Weitere drei Tage später begann Sachiko zu sprechen und teilte ihren verdutzten Eltern mit, dass sie gerne Cornflakes mit Milch zum Frühstück essen würde, denn noch länger würde ihr kleiner Körper ohne Nahrung nicht überleben können.
Natürlich war
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