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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Euch Euer Vater wert?
    Wie, oder seid Ihr gleich dem Gram im Bilde,
    Ein Antlitz ohne Herz?
    Laertes
.
    Wozu die Frage?
    König
.
    Nicht als ob ich dächte,
    Ihr hättet Euren Vater nicht geliebt.
    Doch weiß ich, durch die Zeit beginnt die Liebe,
    Und seh’ an Proben der Erfahrung auch,
    Daß Zeit derselben Glut und Funken mäßigt.
    Im Innersten der Liebesflamme lebt
    Eine Art von Docht und Schnuppe, die sie dämpft,
    Und nichts beharrt in gleicher Güte stets:
    Denn Güte, die vollblütig wird, erstirbt
    Im eignen Allzuviel. Was man will tun,
    Das soll man, wenn man will; denn dies »will« ändert sich,
    Und hat so mancherlei Verzug und Schwächung,
    Als es nur Zungen, Hände, Fälle gibt;
    Dann ist dies »soll« ein prasserischer Seufzer,
    Der lindernd schadet. Doch zum Kern der Sache!
    Hamlet kommt her: was wollt Ihr unternehmen,
    Um Euch zu zeigen Eures Vaters Sohn
    In Taten mehr als Worten?
    Laertes
.
    Ihn in der Kirch’ erwürgen.
    König
.
    Mord sollte freilich nirgends Freistatt finden,
    Und Rache keine Grenzen. Doch, Laertes,
    Wollt Ihr dies tun, so haltet Euch zu Haus:
    Wir lassen Eure Trefflichkeit ihm preisen
    Und doppelt überfirnissen den Ruhm,
    Den Euch der Franke gab; kurz, bringen euch zusammen,
    Und stellen Wetten an auf eure Köpfe.
    Er, achtlos, edel, frei von allem Arg,
    Wird die Rapiere nicht genau besehn;
    So könnt Ihr leicht mit ein paar kleinen Griffen
    Euch eine nicht gestumpfte Klinge wählen,
    Und ihn mit einem wohl geführten Stoß
    Für Euren Vater lohnen.
    Laertes
.
    Ich will’s tun,
    Und zu dem Endzweck meinen Degen salben.
    Ein Scharlatan verkaufte mir ein Mittel,
    So tödlich, taucht man nur ein Messer drein,
    Wo ’s Blut zieht, kann kein noch so köstlich Pflaster
    Von allen Kräutern unterm Mond, mit Kraft
    Gesegnet, das Geschöpf vom Tode retten,
    Das nur damit geritzt ist: mit dem Gift
    Will ich die Spitze meines Degens netzen,
    So daß es, streif’ ich ihn nur obenhin,
    Den Tod ihm bringt.
    König
.
    Bedenken wir dies ferner,
    Was für Begünstigung von Zeit und Mitteln
    Zu unserm Ziel kann führen: Schlägt dies fehl,
    Und blickt durch unsre schlechte Ausrührung
    Die Absicht, so wär’s besser nicht versucht:
    Drum muß der Plan noch einen Rückhalt haben,
    Der Stich hält, wenn er in der Probe birst.
    Still, laßt mich sehn! – Wir gehen feierlich
    Auf euer beider Stärke Wetten ein, –
    Ich hab’s:
    Wenn ihr vom Fechten heiß und durstig seid
    (Ihr müßt deshalb die Gänge heft’ger machen),
    Und er zu trinken fodert, soll ein Kelch
    Bereit stehn, der, wenn er davon nur nippt,
    Entging’ er etwa Eurem gift’gen Stich,
    Noch unsern Anschlag sichert. Aber still!
    Was für ein Lärm?
    Die Königin kommt.
    Nun, werte Königin?
    Königin
.
    Ein Leiden tritt dem andern auf die Fersen,
    So schleunig folgen sie:
    Laertes, Eure Schwester ist ertrunken.
    Laertes
.
    Ertrunken, sagt Ihr? Wo?
    Königin
.
    Es neigt ein Weidenbaum sich übern Bach
    Und zeigt im klaren Strom sein graues Laub,
    Mit welchem sie phantastisch Kränze wand
    Von Hahnfuß, Nesseln, Maßlieb, Kuckucksblumen.
    Dort, als sie aufklomm, um ihr Laubgewinde
    An den gesenkten Ästen aufzuhängen,
    Zerbrach ein falscher Zweig, und nieder fielen
    Die rankenden Trophäen und sie selbst
    Ins weinende Gewässer. Ihre Kleider
    Verbreiteten sich weit und trugen sie
    Sirenengleich ein Weilchen noch empor,
    Indes sie Stellen alter Weisen sang,
    Als ob sie nicht die eigne Not begriffe,
    Wie ein Geschöpf, geboren und begabt
    Für dieses Element. Doch lange währt’ es nicht,
    Bis ihre Kleider, die sich schwer getrunken,
    Das arme Kind von ihren Melodien
    Hinunterzogen in den schlamm’gen Tod.
    Laertes
.
    Ach, ist sie denn ertrunken?
    Königin
.
    Ertrunken.
    Laertes
.
    Zu viel des Wassers hast du, arme Schwester!
    Drum halt’ ich meine Tränen auf. Und doch
    Ist’s unsre Art; Natur hält ihre Sitte,
    Was Scham auch sagen mag: sind die erst fort,
    So ist das Weib heraus. – Lebt wohl, mein Fürst!
    Ich habe Flammenworte, welche gern
    Auflodern möchten, wenn nur diese Torheit
    Sie nicht ertränkte.
    Ab.
    König
.
    Laßt uns folgen, Gertrud!
    Wie hatt’ ich Mühe, seine Wut zu stillen!
    Nun, fürcht’ ich, bricht dies wieder ihre Schranken:
    Drum laßt uns folgen!
    Ab.
    ¶

FÜNFTER AUFZUG
Erste Szene
    Ein Kirchhof.
    Zwei Totengräber kommen mit Spaten u.s.w.
    Erster Totengräber
. Soll die ein christlich Begräbnis erhalten, die vorsätzlich ihre eigne Seligkeit sucht?
    Zweiter Totengräber
. Ich sage dir, sie

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