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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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leben!
    Frankreich
.
    Ist es nur das? Ein Zaudern der Natur,
    Das oft die Tat unausgesprochen läßt,
    Die es zu tun denkt? – Herzog von Burgund,
    Was sagt Ihr zu der Braut? Lieb’ ist nicht Liebe,
    Wenn sie vermengt mit Rücksicht, die seitab
    Vom wahren Ziel sich wendet. Wollt Ihr sie?
    Sie selbst ist ihre Mitgift.
    Burgund
.
    Hoher Lear,
    Gebt mir den Anteil, den Ihr selbst bestimmt,
    Und hier nehm’ ich Cordelia bei der Hand
    Als Herzogin Burgunds.
    Lear
.
    Nichts! Ich beschwor’s, ich bleibe fest.
    Burgund
.
    Dann tut mir’s leid, daß Ihr zugleich den Vater
    Verliert und den Gemahl.
    Cordelia
.
    Fahr’ hin, Burgund! –
    Da Wunsch nur nach Besitz sein Lieben ist,
    Werd’ ich nie seine Gattin.
    Frankreich
.
    Schönste Cordelia, du bist arm höchst reich;
    Verbannt höchst wert; verachtet höchst geliebt! –
    Dich nehm’ ich in Besitz und deinen Wert:
    Gesetzlich sei, zu nehmen, was man wegwarf.
    Wie seltsam, Götter! Meiner Liebe Glühn
    Und Ehrfurcht muß aus kaltem Hohn erblühn.
    Sie mußte Erb’ und Glück bei dir verlieren,
    Um über uns und Frankreich zu regieren.
    Kein Herzog von Burgunds stromreichen Auen
    Erkauft von mir die teuerste der Frauen!
    Den Harten gib ein mildes Abschiedswort:
    Das Hier verlierst du für ein beßres Dort.
    Lear
.
    Du hast sie, Frankreich: sie sei dein; denn nie
    Hatt’ ich solch Kind, und nimmer grüße sie
    Mein altes Auge mehr! Folg’ deinen Wegen
    Ohn’ unsre Lieb’ und Gunst, ohn’ unsren Segen!
    Kommt, edler Fürst Burgund!
    Trompetengetön. Lear, Burgund, Cornwall, Albanien, Gloster und Gefolge gehn ab.
    Frankreich
.
    Sag deinen Schwestern Lebewohl!
    Cordelia
beiseit.
    Des Vaters Edelsteinen! –
    Laut.
    Nassen Blicks
    Verläßt Cordelia euch.
    Beiseit.
    Ich kenn’ euch wohl,
    Und nenn’ als Schwester eure Fehler nicht
    Beim wahren Namen.
    Laut.
    Liebt denn unsern Vater,
    Ich leg’ ihn euch ans vielberedte Herz: –
    Beiseit.
    Doch ach, wär’ ich ihm lieb noch wie vor Zeiten,
    Wollt’ ich ihm einen bessern Platz bereiten.
    Laut.
    So lebt denn beide wohl!
    Regan
.
    Lehr’ uns nicht unsre Pflichten!
    Goneril
.
    Dem Gemahl
    Such’ zu genügen, der als Glücksalmosen
    Dich aufnahm! Du verschmähst der Liebe Band,
    Mit Recht entzieht sich dir, was du verkannt.
    Cordelia
.
    Was List verborgen, wird ans Licht gebracht,
    Wer Fehler schminkt, wird einst mit Spott verlacht.
    Es geh’ euch wohl!
    Frankreich
.
    Komm, liebliche Cordelia!
    Frankreich und Cordelia gehn ab.
    Goneril
. Schwester, ich habe nicht wenig zu sagen, was uns beide sehr nahe angeht. Ich denke, unser Vater will heut abend fort.
    Regan
. Ja, gewiß, und zu dir; nächsten Monat zu uns.
    Goneril
. Du siehst, wie launisch sein Alter ist; was wir darüber beobachten konnten, war bedeutend. Er hat immer unsere Schwester am meisten geliebt, und mit wie armseligem Urteil er sie jetzt verstieß, ist zu auffallend.
    Regan
. ’s ist die Schwäche seines Alters: doch hat er sich von jeher nur obenhin gekannt.
    Goneril
. Schon in seiner besten und kräftigsten Zeit war er zu hastig: wir müssen also von seinen Jahren nicht nur die Unvollkommenheiten längst eingewurzelter Gewohnheiten erwarten, sondern außerdem noch den störrischen Eigensinn, den gebrechliches und reizbares Alter mit sich bringt.
    Regan
. Solch haltungsloses Auffahren wird uns nun auch bevorstehen, wie diese Verbannung Kents.
    Goneril
. Dergleichen Abschiedskomplimente wird’s noch mehr geben, wie zwischen Frankreich und ihm: bitt’ Euch, laßt uns zusammenhalten: Behauptet unser Vater sein Ansehn mit solchen Gesinnungen, so wird jene letzte Übertragung seiner Macht uns nur zur Kränkung.
    Regan
. Wir wollen es weiter überlegen.
    Goneril
. Es muß etwas geschehen, und in der ersten Hitze.
    Sie gehn ab.
    ¶

Zweite Szene
    Schloß des Grafen Gloster.
    Edmund mit einem Briefe.
    Edmund
.
    Natur, du meine Göttin! Deiner Satzung
    Gehorch’ ich einzig. Weshalb sollt’ ich dulden
    Die Plagen der Gewohnheit und gestatten,
    Daß mich der Völker Eigensinn enterbt,
    Weil ich ein zwölf, ein vierzehn Mond’ erschien
    Nach einem Bruder? – Was Bastard? Weshalb unecht?
    Wenn meiner Glieder Maß so stark gefügt,
    Mein Sinn so frei, so adlig meine Züge,
    Als einer Eh’gemahlin Frucht? Warum
    Mit unecht uns brandmarken? Bastard? Unecht?
    Uns, die im heißen Diebstahl der Natur
    Mehr Stoff empfahn und kräft’gern Feuergeist,
    Als in verdumpftem, trägem, schalem Bett
    Verwandt wird auf ein ganzes Heer von Tröpfen,
    Halb zwischen

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