Sämtliche Dramen
sei’n meine Augen,
Jetzt fühl’ ich meine Fesseln erst!
Palämon
.
Du liebst sie?
Arcites
.
Wer liebt sie nicht?
Palämon
.
Und möchtest sie besitzen?
Arcites
.
Ja, lieber noch als frei sein!
Palämon
.
Ich hab’ sie
Zuerst gesehn!
Arcites
.
Was kümmr’ ich darum mich!
Palämon
.
Du mußt!
Arcites
.
Ich sah sie auch!
Palämon
.
Doch sollst du sie
Nicht lieben!
Arcites
.
Nicht wie du, anbeten nicht,
Als eine segensreiche Himmelsgöttin.
Ich liebe sie als Weib, will sie besitzen,
So können wir sie beide lieben!
Palämon
.
Nein,
Du sollst sie gar nicht lieben!
Arcites
.
Gar nicht lieben?
Wer will es mir verwehren?
Palämon
.
Ich, der sie
Zuerst erblickte, der von diesen Reizen,
Die sie den Menschenkindern offenbart,
Zuerst Besitz ergriff mit meinen Augen.
Wenn du sie liebst, dich in den Weg mir stellst,
So bist du ein Verräther, bist ein Bube,
Falsch, wie dein Recht auf sie. Von Freundschaft, Blut,
Von allen Banden zwischen dir und mir
Sag’ ich mich los, wenn du an sie nur denkst!
Arcites
.
Ich liebe sie, und gälte es mein Leben,
Von ganzer Seele müßte ich sie lieben!
Verlier’ ich dadurch dich, leb’ wohl, Palämon!
Noch einmal sag’ ich dir, ich liebe sie,
Denn frei bin ich, bin würdig sie zu lieben,
Und hab’ dasselbe Recht auf ihre Schönheit,
Als irgendein Palämon, oder sonst
Ein andrer!
Palämon
.
Nannt’ ich je dich meinen Freund?
Arcites
.
Ja wohl, und hast mich immer so befunden!
Was bist du so erregt? Laß uns doch ruhig
Zusammen reden. Bin ich nicht ein Theil
Von deinem Blute wie von deiner Seele?
Hast du nicht selbst gesagt, ich sei Palämon
Und du Arcit?
Palämon
.
Ja wohl!
Arcites
.
Theil’ ich nicht alles
Als Freund mit dir, was dich erfreut, bekümmert,
Erzürnt und ängstigt?
Palämon
.
Ja, ich geb’ es zu!
Arcites
.
Und warum willst du nur im Punkt der Liebe
So selbstisch, feindlich, so unritterlich
Mit mir verfahren? Meinest du vielleicht
Ich sei nicht werth gewesen, sie zu sehn?
Palämon
.
O nein, doch gibt dir das allein kein Recht!
Arcites
.
Nimm an, ein andrer hätt’ den Feind zuerst
Erblickt, soll ich zum Schaden meiner Ehre
Mich etwa dann des Kampfs mit ihm enthalten?
Palämon
.
Ja, wenn’s nur Einer ist!
Arcites
.
Doch wenn der Eine
Mich grade sucht?
Palämon
.
So möge er es sagen,
Dann geb’ ich Freiheit dir, – doch wenn du sonst
Ihr nachstellt, bist du ein infamer Bube,
Ein Landverräther, ein verdammter Schurke!
Arcites
.
Du bist von Sinnen!
Palämon
.
Ja, gewiß, ich bin’s,
Bis du vernünftig wirst. ’s hat mich gepackt;
Es wär’ nicht zu verwundern, wenn ich mich,
Toll wie ich bin, an dir vergriffe!
Arcites
.
Pfui!
Du redest wie ein Kind. Ich will und werde
Und muß sie lieben; darauf wag’ ich es,
Es ist mein Recht!
Palämon
.
O, wär’ dein falsches Ich
Und wäre ich, dein Freund, nur Eine Stunde
In Freiheit, daß wir nach den Schwertern greifen
Und fechten könnten, – lehren wollt’ ich dich,
Was es bedeutet, andern Liebe stehlen.
Du bist ja schlechter als ein Beutelschneider!
Steck’ noch einmal durchs Fenster deinen Kopf,
So nagl’ ich ihn ans Brett, so wahr ich lebe!
Arcites
.
Das wagst und kannst du nicht, dazu bist du
Zu schwach. Nicht durch das Fenster meinen Kopf?
Den ganzen Leib steck’ ich hindurch und springe,
Wenn ich sie kommen sehe, in den Garten
Gerad in ihre Arme, dir zum Trotz!
Palämon
.
Genug! Der Kerkermeister kommt. Ich werde
Dir noch mit meinen Ketten das Gehirn
Einschlagen!
Arcites
.
Thu’s!
(Kerkermeister tritt auf.)
Kerkermeister
.
Verzeihet, edle Herrn, –
Palämon
.
Was gibt es, Kerkermeister?
Kerkermeister
.
Herzog Theseus
Verlangt nach Prinz Arcites. Was er will,
Kann ich nicht sagen!
Arcites
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Wohl, ich folge dir!
Kerkermeister
.
So muß ich Euren Freund Euch, Prinz, ein Weilchen
Entführen!
(Kerkermeister ab mit Arcites.)
Palämon
.
Nehmt ihn fort, auch mich meintwegen,
Und wenn’s zum Tode wäre. Doch weshalb
Schickt man nach ihm? Will man sie nicht vielleicht
Zum Weib ihm geben? Er ist wohl gestalt’t,
Sein Aussehn, seine Herkunft hat dem Herzog
Vielleicht gefallen? – Aber welche Falschheit!
Wie kann ein Freund so schlecht, so treulos sein?
Wenn er sich dadurch ein so herrlich Weib
Erringen kann, so mögen Ehrenmänner
Nur nicht mehr lieben. Könnt’ ich doch noch einmal
Die Holde sehn! O, du gelobter Garten,
Ihr Früchte, Blumen, wie seid ihr gesegnet,
Ihr
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