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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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sein,
    Tragt sie hinein. Was Menschenhülfe nur
    Kann leisten, leistet es um unsertwillen.
    Ich weiß, wie Schrecken, Wuth, der Freunde Drängen,
    Reizung der Liebe, Eifer, Müh’ um Frau’n,
    Wie Sehnsucht nach der Freiheit, Fieber, Wahnsinn
    Uns solche Ziele setzen, daß Natur
    Sie ohne großen Zwang nicht kann erreichen,
    Wobei dann Kraft des Willens und Vernunft
    Leicht Schiffbruch leiden. Darum thut für mich
    Und um Apollo’s Gnade, was Ihr könnt
    Und pflegt sie gut. Jetzt führt mich in die Stadt,
    Von wo ich, wenn ich alles dort geordnet,
    Fort eile nach Athen, dem Heer voraus.
    (Trompetenstöße. Alle ab.)
    ¶

Fünfte Szene
    (Ein anderer Theil desselben Feldes, etwas entfernter von Theben.)
    Die drei Königinnen mit den Todtenbahren ihrer Gatten, in feierlichem Zuge.
    Musik
    Erde, öffne deine Grüfte,
    Weihrauch steige in die Lüfte,
    Seufzer, Stöhnen, bittre Klag’,
    Ueberflort den lichten Tag.
    Lieber Tod als solche Schmerzen!
    Leichenöl und wunde Herzen,
    Opferkrüglein, voll von Thränen,
    Bringen wir und ruhlos Sehnen.
    Was nur trüb und schwarz erscheint
    Lustbegier’gem Aug’ ein Feind,
    Nahe uns, daß wir vereint
    Sei’n verbündet und befreund’t.
    Dritte Königin
.
    Auf jenem Wege dort gelanget Ihr
    Zu Eurer heimatlichen Todtenstätte.
    Mög’ Freud’ Euch wieder werden. Friede ihm!
    Zweite Königin
.
    Auf diesem ziehet Ihr!
    Erste Königin
.
    Auf diesem Ihr!
    So hat der Himmel wohl der Wege viel,
    Doch führen alle zu demselben Ziel.
    Dritte Königin
.
    Die Welt ist eine Stadt mit tausend Straßen,
    Zu Marktplatz Tod bringt jed’ uns gleichermaßen.
    (Alle nach verschiedenen Richtungen ab.)
    (Der Vorhang fällt.)
    ¶

ZWEITER AUFZUG
Erste Szene
    (Athen. Ein Garten; im Hintergrunde eine Burg.)
    Der Kerkermeister und der Freier seiner Tochter treten auf.
    Kerkermeister
. Bei meinen Lebzeiten kann ich nur wenig geben; etwas vielleicht, aber viel nicht. In das Gefängniß, dem ich vorstehe, schwimmt selten ein fetter Fisch herein, obschon es eigentlich nur für solche bestimmt ist. Fünfzig Gründlinge für einen Lachs. Man hält mich für reicher, als ich in der That bin. Ich wollte, ich wäre, wofür man mich hält. Doch alles, was ich habe (soviel es nun ist), soll meine Tochter nach meinem Tode bekommen.
    Freier
. Mehr verlange ich nicht. Dagegen sichere ich ihr alles das zu, was ich versprochen habe.
    Kerkermeister
. Nun gut. Nach dem Feste wollen wir weiter darüber reden. Aber habt Ihr auch ihre Zusage? Wenn das der Fall ist, so soll es an meiner Einwilligung nicht fehlen.
    Freier
. Die habe ich, Herr; da kommt sie selbst.
    Kerkermeister
. Dein Freund und ich sprachen hier eben von dir und der bewußten Angelegenheit. Aber jetzt nichts weiter davon. Wenn der Spectakel hier bei Hofe vorbei sein wird, wollen wir die Sache zu Ende bringen. Unterdessen laß dir die beiden Gefangenen angelegen sein. Ich kann dir sagen, es sind Prinzen.
    Tochter
. Dies Streuwerk ist für ihr Zimmer. Es ist wahrlich recht traurig, daß sie im Gefängniß sind; aber noch mehr sollte es mir leidthun, wenn sie nicht drin wären. Ich glaube, sie besitzen solch eine Geduld, daß sie alles ruhig ertragen würden; das Gefängniß kann stolz darauf sein. Sie wiegen die ganze Welt auf.
    Kerkermeister
. Ja, man sagt, sie wären ein paar ganz ungewöhnliche Leute.
    Tochter
. O, glaubt mir, das Gerücht stammelt nur ihren Ruhm. Sie stehen weit über allem, was man von ihnen sagt.
    Kerkermeister
. Ich hörte, so tapfer wie sie hätte keiner in der Schlacht gekämpft.
    Tochter
. Das traue ich ihnen zu; darum leiden sie auch so tapfer. Ich hätt’ sie erst als Sieger sehen mögen, da sie es so gut verstehen, sich selbst in der Gefangenschaft wie Freie zu betragen, über ihr Unglück zu scherzen und alle Traurigkeit hinwegzuspotten.
    Kerkermeister
. Thun sie das?
    Tochter
. Mir scheint, sie kümmern sich um ihre Gefangenschaft gerade so viel, wie ich mich um die Herrschaft Athens, – haben guten Appetit, sehen ganz vergnügt aus und sprechen von allem Möglichen, außer von ihrer unglücklichen Lage. Manchmal nur stößt einer von ihnen einen halbunterdrückten Seufzer aus, was der andere ihm dann so sanft verweist, daß man wünschen möchte, selbst so ein Seufzer zu sein, um so verwiesen, oder noch besser, solch ein Seufzender, um so getröstet zu werden.
    Freier
. Ich habe sie noch nicht gesehen.
    Kerkermeister
. Der Herzog kam ganz heimlich in der Nacht an und sie auch. Ich weiß nicht, was das bedeuten

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