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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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ihrem Gefolge ab.
    Oberon
.
    Gut, zieh’ nur hin! Du sollst aus diesem Walde
    Nicht eher, bis du mir den Trotz gebüßt.
    Mein guter Droll, komm her! Weißt du noch wohl,
    Wie ich einst saß auf einem Vorgebirge
    Und ’ne Sirene, die ein Delphin trug,
    So süße Harmonieen hauchen hörte,
    Daß die empörte See gehorsam ward,
    Daß Sterne wild aus ihren Kreisen fuhren,
    Der Nymphe Lied zu hören?
    Droll
.
    Ja, ich weiß.
    Oberon
.
    Zur selben Zeit sah ich (du konntest nicht)
    Cupido zwischen Mond und Erde fliegen
    In voller Wehr: er zielt’ auf eine holde
    Vestal’, in Westen thronend, scharfen Blicks,
    Und schnellte rasch den Liebespfeil vom Bogen,
    Als sollt’ er hunderttausend Herzen spalten;
    Allein ich sah das feurige Geschoß
    Im keuschen Strahl des feuchten Monds verlöschen;
    Die königliche Priesterin ging weiter,
    In sittsamer Betrachtung, liebefrei;
    Doch merkt’ ich auf den Pfeil, wohin er fiele.
    Er fiel gen Westen auf ein zartes Blümchen,
    Sonst milchweiß, purpurn nun durch Amors Wunde,
    Und Mädchen nennen’s: Lieb’ im Müßiggang.
    Hol’ mir die Blum’! Ich wies dir einst das Kraut;
    Ihr Saft, geträufelt auf entschlafne Wimpern,
    Macht Mann und Weib in jede Kreatur,
    Die sie zunächst erblicken, toll vergafft;
    Hol’ mir das Kraut; doch komm zurück, bevor
    Der Leviathan eine Meile schwimmt.
    Droll
.
    Rund um die Erde zieh’ ich einen Gürtel
    In viermal zehn Minuten.
    Ab.
    Oberon
.
    Hab’ ich nur
    Den Saft erst, so belausch’ ich, wenn sie schläft,
    Titanien, und träufl’ ihn ihr ins Auge.
    Was sie zunächst erblickt, wenn sie erwacht,
    Sei’s Löwe, sei es Bär, Wolf oder Stier,
    Ein naseweiser Aff’, ein Paviänchen:
    Sie soll’s verfolgen mit der Liebe Sinn;
    Und eh’ ich sie von diesem Zauber löse,
    Wie ich’s vermag mit einem andern Kraut,
    Muß sie mir ihren Edelknaben lassen.
    Doch still! wer kommt hier? Ich bin unsichtbar,
    Und will auf ihre Unterredung horchen.
    Demetrius und Helena treten auf.
    Demetrius
.
    Ich lieb’ dich nicht: verfolge mich nicht mehr! –
    Wo ist Lysander und die schöne Hermia?
    Ihn töten möcht’ ich gern; sie tötet mich.
    Du sagtest mir von ihrer Flucht hieher;
    Nun bin ich hier, bin in der Wildnis wild,
    Weil ich umsonst hier meine Hermia suche.
    Fort! heb’ dich weg, und folge mir nicht mehr!
    Helena
.
    Du ziehst mich an, hartherziger Magnet!
    Doch ziehest du nicht Eisen, denn mein Herz
    Ist echt wie Stahl. Laß ab, mich anzuziehn:
    So hab’ ich dir zu folgen keine Macht.
    Demetrius
.
    Lock’ ich Euch an, und tu’ ich schön mit Euch?
    Sag’ ich Euch nicht die Wahrheit rund heraus,
    Daß ich Euch nimmer lieb’ und lieben kann?
    Helena
.
    Und eben darum lieb’ ich Euch nur mehr! –
    Ich bin Eu’r Hündchen, und, Demetrius,
    Wenn Ihr mich schlagt, ich muß Euch dennoch schmeicheln,
    Begegnet mir wie Eurem Hündchen nur,
    Stoßt, schlagt mich, achtet mich gering, verliert mich:
    Vergönnt mir nur, unwürdig, wie ich bin,
    Euch zu begleiten. Welchen schlechtern Platz
    Kann ich mir wohl in Eurer Lieb’ erbitten
    (Und doch ein Platz von hohem Wert für mich!),
    Als daß Ihr so wie Euren Hund mich haltet?
    Demetrius
.
    Erreg’ nicht so den Abscheu meiner Seele!
    Mir ist schon übel, blick’ ich nur auf dich.
    Helena
.
    Und mir ist übel, blick’ ich nicht auf Euch.
    Demetrius
.
    Ihr tretet Eurer Sittsamkeit zu nah,
    Da Ihr die Stadt verlaßt und einem Mann
    Euch in die Hände gebt, der Euch nicht liebt,
    Da Ihr den Lockungen der stillen Nacht
    Und einer öden Stätte bösem Rat
    Das Kleinod Eures Mädchentums vertraut.
    Helena
.
    Zum Schutzbrief dienet Eure Tugend mir.
    Es ist nicht Nacht, wenn ich Eu’r Antlitz sehe;
    Drum glaub’ ich jetzt, es sei nicht Nacht um mich.
    Auch fehlt’s hier nicht an Welten von Gesellschaft,
    Denn Ihr seid ja für mich die ganze Welt.
    Wie kann man sagen nun, ich sei allein,
    Da doch die ganze Welt hier auf mich schaut?
    Demetrius
.
    Ich laufe fort, verberge mich im Busch,
    Und lasse dich der Gnade wilder Tiere.
    Helena
.
    Das wildeste hat nicht ein Herz wie du.
    Lauft, wenn Ihr wollt! Die Fabel kehrt sich um:
    Apollo flieht, und Daphne setzt ihm nach.
    Die Taube jagt den Greif; die sanfte Hindin
    Stürzt auf den Tiger sich. Vergebne Eil’!
    Verfolgt die Zagheit, flieht die Tapferkeit.
    Demetrius
.
    Ich steh’ nicht länger Rede: laß mich gehn!
    Wo du mir folgst, so glaube sicherlich,
    Ich tue dir im Walde Leides noch.
    Helena
.
    Ach, in der Stadt, im Tempel, auf dem Felde
    Tust du mir

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