Sämtliche Dramen
es, Ihr waret selbst erweicht.
Ich war zu jung um die Zeit, sie zu schätzen;
Jetzt kenn’ ich sie: wenn sie verrät’risch ist,
So bin ich’s auch; wir schliefen stets beisammen,
Erwachten, lernten, spielten mit einander,
Und wo wir gingen, wie der Juno Schwäne,
Da gingen wir gepaart und unzertrennlich.
Herzog Friedrich
.
Sie ist zu fein für dich, und ihre Sanftmut,
Ihr Schweigen selbst und ihre Duldsamkeit,
Spricht zu dem Volk, und es bedauert sie.
Du Törin du! Sie stiehlt dir deinen Namen,
Und du scheinst glänzender und tugendreicher
Ist sie erst fort; drum öffne nicht den Mund:
Fest und unwiderruflich ist mein Spruch,
Der über sie erging: sie ist verbannt.
Celia
.
Sprecht denn dies Urteil über mich, mein Fürst:
Ich kann nicht leben außer ihrer Nähe.
Herzog Friedrich
.
Du bist ’ne Törin. – Nichte, seht Euch vor!
Wenn Ihr die Zeit versäumt: auf meine Ehre,
Und kraft der Würde meines Worts, Ihr sterbt.
Herzog und Gefolge ab.
Celia
.
O arme Rosalinde, wohin willst du?
Willst du die Väter tauschen? So nimm meinen!
Ich bitt’ dich, sei nicht trauriger als ich!
Rosalinde
.
Ich habe ja mehr Ursach’.
Celia
.
Nicht doch, Muhme!
Sei nur getrost! Weißt du nicht, daß mein Vater
Mich, seine Tochter, hat verbannt?
Rosalinde
.
Das nicht.
Celia
.
Das nicht? So fehlt die Liebe Rosalinden,
Die dich belehrt, daß du und ich nur eins?
Soll man uns trennen? Soll’n wir scheiden, Süße?
Nein, mag mein Vater andre Erben suchen.
Ersinne nur mit mir, wie wir entfliehn,
Wohin wir gehn, und was wir mit uns nehmen;
Und suche nicht die Last auf dich zu ziehn,
Dein Leid zu tragen und mich auszuschließen.
Bei diesem Himmel, bleich von unserm Gram,
Sag, was du willst, ich gehe doch mit dir.
Rosalinde
.
Wohl, wohin gehn wir?
Celia
.
Zu meinem Oheim im Ardenner Wald.
Rosalinde
.
Doch ach, was für Gefahr wird es uns bringen,
So weit zu reisen, Mädchen wie wir sind?
Schönheit lockt Diebe schneller noch als Gold.
Celia
.
Ich stecke mich in arme, niedre Kleidung,
Und streiche mein Gesicht mit Ocker an.
Tu’ eben das: so ziehn wir unsern Weg
Und reizen keine Räuber.
Rosalinde
.
Wär’s nicht besser,
Weil ich von mehr doch als gemeinem Wuchs,
Daß ich mich trüge völlig wie ein Mann?
Den schmucken kurzen Säbel an der Hüfte,
Den Jagdspieß in der Hand, und – läg’ im Herzen
Auch noch so viele Weiberfurcht versteckt –
Wir sähen kriegerisch und prahlend drein,
Wie manche andre Männermemmen auch,
Die mit dem Ansehn es zu zwingen wissen.
Celia
.
Wie willst du heißen, wenn du nun ein Mann bist?
Rosalinde
.
Nicht schlechter als der Page Jupiters;
Denk’ also dran, mich Ganymed zu nennen!
Doch wie willst du genannt sein?
Celia
.
Nach etwas, das auf meinen Zustand paßt:
Nicht länger Celia, sondern Aliena.
Rosalinde
.
Wie, Muhme, wenn von Eures Vaters Hof
Wir nun den Schalksnarr’n wegzustehlen suchten?
Wär’ er uns nicht ein Trost auf unsrer Reise?
Celia
.
Oh, der geht mit mir in die weite Welt,
Um den laß mich nur werben! Laß uns gehn,
Und unsern Schmuck und Kostbarkeiten sammeln,
Die beste Zeit und sichern Weg bedenken
Vor der Verfolgung, die nach meiner Flucht
Wird angestellt. So ziehn wir denn in Frieden,
Denn Freiheit ist uns, nicht der Bann beschieden.
Ab.
¶
ZWEITER AUFZUG
Erste Szene
Der Ardenner Wald.
Der Herzog, Amiens und andre Edelleute in Jägerkleidung.
Herzog
.
Nun, meine Brüder und des Banns Genossen,
Macht nicht Gewohnheit süßer dieses Leben
Als das gemalten Pomps? Sind diese Wälder
Nicht sorgenfreier als der falsche Hof?
Wir fühlen hier die Buße Adams nur,
Der Jahrszeit Wechsel; so den eis’gen Zahn
Und böses Schelten von des Winters Sturm.
Doch wenn er beißt und auf den Leib mir bläst,
Bis ich vor Kälte schaudre, sag’ ich lächelnd:
»Dies ist nicht Schmeichelei; Ratgeber sind’s,
Die fühlbar mir bezeugen, wer ich bin.«
Süß ist die Frucht der Widerwärtigkeit,
Die, gleich der Kröte, häßlich und voll Gift,
Ein köstliches Juwel im Haupte trägt.
Die unser Leben, vom Getümmel frei,
Gibt Bäumen Zungen, findet Schrift im Bach
In Steinen Lehre, Gutes überall.
Amiens
.
Ich tauscht’ es selbst nicht: glücklich ist Eu’r Hoheit,
Die auszulegen weiß des Schicksals Härte
In solchem ruhigen und milden Sinn.
Herzog
.
Kommt, soll’n wir gehen und uns Wildbret töten?
Doch reut mich’s, daß wir den gefleckten Narr’n,
Die Bürger sind in dieser öden
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