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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Einwilligung ausbitten, meine Leiden allein zu tragen. Es wär’ ein schlechter Lohn für Eure Liebe, Euch irgend etwas davon aufzubürden.
    Antonio
. Laßt mich doch noch wissen, wohin Ihr Euren Weg richtet.
    Sebastian
. Nein, Herr, verzeiht mir! Die Reise, die ich vor habe ist nichts als ein toller Einfall. Doch werde ich an Euch einen vortrefflichen Zug von Bescheidenheit gewahr, daß Ihr mir nicht abnötigen wollt, was ich zu verschweigen wünsche; um so eher verbindet mich gute Sitte, mich Euch zu offenbaren. Mein Vater war der Sebastian von Metelin, von dem Ihr, wie ich weiß, gehört habt. Er hinterließ mich und eine Schwester, beide in einer Stunde geboren: hätt’ es dem Himmel gefallen, so wollt’ ich, wir hätten auch so geendigt! Aber dem kamt Ihr zuvor: denn etwa eine Stunde, ehe Ihr mich aus dem Schiffbruch rettetet, war meine Schwester ertrunken.
    Antonio
. Guter Himmel!
    Sebastian
. Sie war ein Mädchen, das, ob man gleich sagte, sie sehe mir sehr ähnlich, von vielen für schön gehalten ward; aber konnt’ ich auch darin nicht mit so übertriebner Bewund’rung einstimmen, so darf ich doch kühnlich behaupten, ihr Gemüt war so geartet, daß der Neid es selbst schön nennen mußte. Sie ertrank in der salzigen Flut, ob ich gleich ihr Andenken von neuem damit zu ertränken scheine.
    Antonio
. Verzeiht mir, Herr, Eure schlechte Bewirtung!
    Sebastian
. O bester Antonio, vergebt mir Eure Beschwerden!
    Antonio
. Wenn Ihr mich nicht für meine Liebe umbringen wollt, so laßt mich Euern Diener sein!
    Sebastian
. Wenn Ihr nicht zerstören wollt, was Ihr getan, nämlich den umbringen, den Ihr gerettet habt, so verlangt es nicht! Lebt ein für allemal wohl! Mein Herz ist voller Zärtlichkeit, und ich habe noch so viel von der Art meiner Mutter an mir, – wenn Ihr mir noch den geringsten Anlaß gebt, werden meine Augen davon überfließen. Ich will zum Hofe des Grafen Orsino: lebt wohl! Ab.
    Antonio
.
    Mög’ aller Götter Milde dich geleiten! –
    Ich hab’ am Hof Orsinos viele Feinde,
    Sonst ging’ ich nächstens hin, dich dort zu sehn.
    Doch mag’s drum sein! Du liegst mir so am Herzen,
    Ich will zu dir, und mit Gefahren scherzen.
    Ab.
    ¶

Zweite Szene
    Eine Straße.
    Viola, Malvolio ihr nachgehend.
    Malvolio
. Wart Ihr nicht eben jetzt bei der Gräfin Olivia?
    Viola
. Eben jetzt, mein Herr; in einem mäßigen Schritte bin ich seitdem nur bis hieher gekommen.
    Malvolio
. Sie schickt Euch diesen Ring wieder, Herr; Ihr hättet mir die Mühe sparen können, wenn Ihr ihn selbst mitgenommen hättet. Sie fügt außerdem hinzu, Ihr solltet Euern Herrn aufs bündigste bedeuten, daß sie ihn nicht will. Noch eins: Ihr möchtet Euch niemals erdreisten, in seinen Angelegenheiten wieder zu ihr zu kommen, es wäre denn, um zu berichten, wie Euer Herr dies aufgenommen hat. So nehmt ihn hin!
    Viola
. Sie nahm den Ring von mir: ich will ihn nicht.
    Malvolio
. Hört, Ihr habt ihn ihr ungestüm hingeworfen, und ihr Wille ist, ich soll ihn ebenso zurückgeben. Ist es der Mühe wert, sich darnach zu bücken, so liegt er hier vor Euern Augen; wo nicht, so nehm’ ihn der erste, der ihn findet. Ab.
    Viola
.
    Ich ließ ihr keinen Ring: was meint dies Fräulein?
    Verhüte, daß mein Schein sie nicht betört!
    Sie faßt’ ins Auge mich; fürwahr so sehr,
    Als ließ sie ganz die Zunge aus den Augen.
    Sie sprach verwirrt in abgebrochnen Reden.
    Sie liebt mich, ja! Die Schlauheit ihrer Neigung
    Lädt mich durch diesen mürr’schen Boten ein.
    Der Ring von meinem Herrn? – Er schickt’ ihr keinen:
    Ich bin der Mann. – Wenn dem so ist, so täte
    Die Arme besser, einen Traum zu lieben.
    Verkleidung! Du bist eine Schalkheit, seh’ ich,
    Worin der list’ge Feind gar mächtig ist.
    Wie leicht wird’s hübschen Gleisnern nicht, ihr Bild
    Der Weiber weichen Herzen einzuprägen!
    Nicht wir sind schuld, ach! unsre Schwäch’ allein:
    Wie wir gemacht sind, müssen wir ja sein.
    Wie soll das gehn? Orsino liebt sie zärtlich;
    Ich armes Ding bin gleich verliebt in ihn,
    Und sie, Betrogne, scheint in mich vergafft.
    Was soll draus werden? Wenn ich Mann bin, muß
    Ich an der Liebe meines Herrn verzweifeln;
    Und wenn ich Weib bin: lieber Himmel, ach!
    Wie fruchtlos wird Olivia seufzen müssen!
    O Zeit! du selbst entwirre dies, nicht ich:
    Ein zu verschlungner Knoten ist’s für mich.
    Ab.
    ¶

Dritte Szene
    Ein Zimmer in Olivias Hause.
    Junker Tobias und Junker Christoph.
    Junker Tobias
. Kommt, Junker Christoph! Nach Mitternacht

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