Sämtliche Dramen
soll. Gebt acht, wie er ihn auslegt! Für heute nacht zu Bett, und laßt euch von der Kurzweil träumen! Adieu! Ab.
Junker Tobias
. Gute Nacht, Amazone!
Junker Christoph
. In meinen Augen ist sie ’ne brave Dirne.
Junker Tobias
. Sie ist ein artiges Kätzchen, und sie betet mich an: doch was will das sagen?
Junker Christoph
. Ich wurde auch einmal angebetet.
Junker Tobias
. Komm zu Bett, Junker! – Es täte not, daß du dir Geld kommen ließest.
Junker Christoph
. Wenn ich Eure Nichte nicht habhaft werden kann, so habe ich mich schlimm gebettet.
Junker Tobias
. Laß Geld kommen, Junker; wenn du sie nicht am Ende noch kriegst, so will ich Matz heißen.
Junker Christoph
. Wenn ich sie nicht kriege, so bin ich kein ehrlicher Kerl, nehmt’s, wie Ihr wollt.
Junker Tobias
. Komm, komm! Ich will gebrannten Wein zurecht machen; es ist jetzt zu spät, zu Bette zu gehn. Komm, Junker! komm, Junker! Ab.
¶
Vierte Szene
Ein Zimmer im Palaste des Herzogs.
Der Herzog, Viola, Curio und andre treten auf.
Herzog
.
Macht mir Musik! – Ei, guten Morgen, Freunde!-
Nun dann, Cesario, jenes Stückchen nur,
Das alte schlichte Lied von gestern abend!
Mich dünkt, es linderte den Gram mir sehr,
Mehr als gesuchte Wort’ und lust’ge Weisen
Aus dieser raschen, wirbelfüß’gen Zeit.
Kommt! eine Strophe nur!
Curio
.
Euer Gnaden verzeihn, der es singen sollte, ist nicht hier.
Herzog
. Wer war es?
Curio
. Fest, der Spaßmacher, gnädiger Herr; ein Narr, an dem Fräulein Olivias Vater großes Behagen fand. Er wird nicht weit von hier sein.
Herzog
.
So sucht ihn auf, und spielt die Weis’ indes!
Curio ab. Musik.
Komm näher, Junge! – Wenn du jemals liebst,
Gedenke meiner in den süßen Qualen:
Denn so wie ich sind alle Liebenden,
Unstät und launenhaft in jeder Regung,
Das stäte Bild des Wesens ausgenommen,
Das ganz geliebt wird. – Magst du diese Weise?
Viola
.
Sie gibt ein rechtes Echo jenem Sitz,
Wo Liebe thront.
Herzog
.
Du redest meisterhaft.
Mein Leben wett’ ich drauf, jung wie du bist,
Hat schon dein Aug’ um werte Gunst gebuhlt.
Nicht, Kleiner?
Viola
.
Ja, mit Eurer Gunst, ein wenig.
Herzog
.
Was für ein Mädchen ist’s?
Viola
.
Von Eurer Farbe.
Herzog
.
So ist sie dein nicht wert. Von welchem Alter?
Viola
.
Von Eurem etwa, gnäd’ger Herr.
Herzog
.
Zu alt, beim Himmel! Wähle doch das Weib
Sich einen Ältern stets! So fügt sie sich ihm an,
So herrscht sie dauernd in des Gatten Brust.
Denn, Knabe, wie wir uns auch preisen mögen,
Sind unsre Neigungen doch wankelmüt’ger,
Unsichrer, schwanker, leichter her und hin
Als die der Frau’n.
Viola
.
Ich glaub’ es, gnäd’ger Herr.
Herzog
.
So wähl’ dir eine jüngere Geliebte,
Sonst hält unmöglich deine Liebe stand.
Denn Mädchen sind wie Rosen: kaum entfaltet,
Ist ihre holde Blüte schon veraltet.
Viola
.
So sind sie auch: ach! muß ihr Los so sein,
Zu sterben, grad’ im herrlichsten Gedeihn?
Curio kommt zurück und der Narr.
Herzog
.
Komm, Bursch! Sing’ uns das Lied von gestern abend!
Gib acht, Cesario, es ist alt und schlicht;
Die Spinnerinnen in der freien Luft,
Die jungen Mägde, wenn sie Spitzen weben,
So pflegen sie’s zu singen; ’s ist einfältig,
Und tändelt mir der Unschuld süßer Liebe
So wie die alte Zeit.
Narr
. Seid Ihr bereit, Herr?
Herzog
. Ja, sing’, ich bitte dich.
Narr
singt.
Komm herbei, komm herbei, Tod!
Und versenk’ in Zypressen den Leib!
Laß mich frei, laß mich frei, Not!
Mich erschlägt ein holdseliges Weib.
Mit Rosmarin mein Leichenhemd,
O bestellt es!
Ob Lieb’ ans Herz mir tödlich kömmt,
Treu’ hält es.
Keine Blum’, keine Blum’ süß
Sei gestreut auf den schwärzlichen Sarg.
Keine Seel’, keine Seel’ grüß’
Mein Gebein, wo die Erd’ es verbarg.
Um Ach und Weh zu wenden ab,
Bergt alleine
Mich, wo kein Treuer wall’ ans Grab
Und weine.
Herzog
. Da hast du was für deine Mühe.
Narr
. Keine Mühe, Herr; ich finde Vergnügen am Singen.
Herzog
. So will ich dein Vergnügen bezahlen.
Narr
. Gut, Herr; das Vergnügen macht sich über kurz oder lang immer bezahlt.
Herzog
. Erlaube mir, dich zu beurlauben!
Narr
. Nun, der schwermütige Gott beschirme dich, und der Schneider mache dir ein Wams von Schillertaft, denn dein Gemüt ist ein Opal, der in alle Farben spielt! Leute von solcher Beständigkeit sollte man auf die See schicken, damit sie alle Dinge treiben und nach allen Winden steuern müßten; denn wenn man nicht
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