Sämtliche Dramen
des gnädigen Fräuleins Haus zur Schenke machen, daß ihr eure Schuhflickermelodien mit so unbarmherziger Stimme herausquäkt? Könnt ihr weder Maß noch Ziel halten?
Junker Tobias
. Wir haben bei unserm Singen recht gut Maß gehalten. Geht zum Kuckuck!
Malvolio
. Junker Tobias, ich muß rein heraus mit Euch sprechen. Das gnädige Fräulein trug mir auf, Euch zu sagen: ob sie Euch gleich als Verwandten beherbergt, so habe sie doch nichts mit Euren Unordnungen zu schaffen. Wenn Ihr Euch von Eurer üblen Aufführung losmachen könnt, so seid Ihr in ihrem Hause willkommen. Wo nicht, und es beliebt Euch Abschied von ihr zu nehmen, so wird sie Euch sehr gern Lebewohl sagen.
Junker Tobias
singt.
»Leb wohl, mein Schatz, ich muß von hinnen gehn.«
Malvolio
. Ich bitt’ Euch, Junker Tobias!
Narr
singt.
Man sieht’s ihm an, bald ist’s um ihn geschehn.
Malvolio
. Wollt Ihr es durchaus nicht lassen?
Junker Tobias
singt.
»Ich sterbe nimmermehr.«
Narr
singt.
Da, Junker, lügt Ihr sehr.
Malvolio
. Es macht Euch wahrhaftig viel Ehre.
Junker Tobias
singt.
»Heiß’ ich gleich ihn gehn?«
Narr
singt.
Was wird daraus entstehn?
Junker Tobias
singt.
»Heiß’ ich gleich ihn gehn, den Wicht?«
Narr
singt.
Nein, nein, nein, Ihr wagt es nicht.
Junker Tobias
. Aus dem Takt, Kerl! Gelogen! – Bist du was mehr als ein Haushofmeister! Vermeinest du, weil du tugendhaft seiest, solle es in der Welt keine Torten und keinen Wein mehr geben?
Narr
. Das soll’s, bei Sankt Kathrinen! und der Ingwer soll Euch noch im Munde brennen.
Junker Tobias
. Du hast recht. – Geht, Herr, tut groß gegen das Gesinde! – Ein Stübchen Wein, Maria!
Malvolio
. Jungfer Maria, wenn Ihr Euch das Geringste aus der Gnade des Fräuleins machtet, so würdet Ihr diesem unfeinen Lebenswandel keinen Vorschub geben. Sie soll es wissen, bei meiner Ehre. Ab.
Maria
. Geh und brumme nach Herzenslust!
Junker Christoph
. Es wär’ ebenso ein gutes Werk, als zu trinken, wenn man hungrig ist, wenn ihn einer herausfoderte, und ihm dann sein Wort nicht hielte und ihn zum Narren hätte.
Junker Tobias
. Tu das, Junker; ich will dir eine Ausfoderung schreiben, oder ich will ihm deine Entrüstung mündlich kund tun.
Maria
. Lieber Junker Tobias, haltet Euch nur diese Nacht still: seit der junge Mann vom Grafen heute bei dem Fräulein war, ist sie sehr unruhig. Mit Musje Malvolio laßt mich nur machen: Wenn ich ihn nicht so foppe, daß er zum Sprichwort und zum allgemeinen Gelächter wird, so glaubt nur, daß ich nicht gescheit genug bin, um grade im Bett zu liegen. Ich bin meiner Sache gewiß.
Junker Tobias
. Laß hören! laß hören! Erzähle uns was von ihm!
Maria
. Nun, Herr, er ist manchmal eine Art von Pietisten.
Junker Christoph
. Oh, wenn ich das wüßte, so wollte ich ihn hundemäßig prügeln.
Junker Tobias
. Was? Weil er ein Pietist ist? Deine wohl erwognen Gründe, Herzensjunker?
Junker Christoph
. Wohl erwogen sind meine Gründe eben nicht, aber sie sind doch gut genug.
Maria
. Den Henker mag er ein Pietist, oder sonst etwas anders auf die Dauer sein, als einer, der den Mantel nach dem Winde hängt. Ein gezierter Esel, der vornehme Redensarten auswendig lernt und sie bei großen Brocken wieder von sich gibt; aufs beste mit sich selbst zufrieden; wie er meint, so ausgefüttert mit Vollkommenheiten, daß es ein Glaubensartikel bei ihm ist, wer ihn ansieht, müsse sich in ihn verlieben. Dies Laster an ihm wird meiner Rache vortrefflich zu statten kommen.
Junker Tobias
. Was hast du vor?
Maria
. Ich will ihm unverständliche Liebesbriefe in den Weg werfen, worin er sich nach der Farbe seines Bartes, dem Schnitt seiner Waden, der Weise seines Ganges, nach Augen, Stirn und Gesichtsfarbe handgreiflich abgeschildert finden soll. Ich kann genauso wie das Fräulein, Eure Nichte, schreiben: wenn uns ein Zettel über eine vergeßne Sache vorkommt, so können wir unsre Hände kaum unterscheiden.
Junker Tobias
. Herrlich! ich wittre den Pfiff.
Junker Christoph
. Er sticht mir auch in der Nase.
Junker Tobias
. Er soll denken, die Briefe, die du ihm in den Weg fallen lässest, kämen von meiner Nichte, und sie wäre in ihn verliebt.
Maria
. Ja, so sieht der Handel ungefähr aus.
Junker Christoph
. Oh, es wird prächtig sein!
Maria
. Ein königlicher Spaß, verlaßt euch drauf: ich weiß, mein Tränkchen wird bei ihm wirken. Ich will euch beide – der Narr kann den dritten Mann abgeben – auf die Lauer stellen, wo er den Brief finden
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