Sämtliche Dramen
außer für Euer bereitwilliges und herablassendes Ohr.
Junker Christoph
. »Düfte!« »Bereitwillig!« »Herablassend!«- Ich will mir alles dreies merken.
Olivia
.
Macht die Gartentür zu, und laßt mich ihm Gehör geben!
Junker Tobias, Junker Christoph und Maria ab.
Gebt mir die Hand, mein Herr!
Viola
.
Gebietet über meine Dienste, Fräulein!
Olivia
.
Wie ist Eu’r Name?
Viola
.
Reizende Prinzessin,
Cesario ist der Name Euers Dieners.
Olivia
.
Mein Diener, Herr? Die Welt war nimmer froh,
Seit niedres Heucheln galt für Artigkeit.
Ihr seid Orsinos Diener, junger Mann.
Viola
.
Und der ist Eurer; Eures Dieners Diener
Muß ja, mein Fräulein, auch der Eure sein.
Olivia
.
Sein denk’ ich nicht; wär’ sein Gedächtnis lieber
Ein leeres Blatt, als angefüllt mit mir!
Viola
.
Ich komm’, um Euer gütiges Gedächtnis
An ihn zu mahnen –
Olivia
.
O entschuldigt mich!
Ich hieß Euch niemals wieder von ihm reden.
Doch hättet Ihr sonst etwa ein Gesuch,
Ich hörte lieber, wenn Ihr das betriebt,
Als die Musik der Sphären.
Viola
.
Teures Fräulein –
Olivia
.
Ich bitt’, erlaubt! Nach der Bezauberung,
Die Ihr nur erst hier angestiftet, sandte
Ich einen Ring Euch nach; und täuschte so
Mich, meinen Diener, und ich fürcht’, auch Euch.
Nun steh’ ich Eurer harten Deutung bloß,
Weil ich Euch aufdrang mit unwürd’ger List,
Was, wie Ihr wußtet, doch nicht Euer war.
Was mochtet Ihr wohl denken? Machtet Ihr
Zu Eurem Ziele meine Ehre nicht,
Und hetztet jeglichen Verdacht auf sie,
Den ein tyrannisch Herz ersinnen kann?
Für einen, der behende faßt wie Ihr,
Zeigt’ ich genug; ein Flor, und nicht ein Busen,
Versteckt mein armes Herz: so sprecht nun auch!
Viola
.
Ihr dauert mich.
Olivia
.
Das ist ein Schritt zur Liebe.
Viola
.
Nein, nicht ein Fuß breit; die Erfahrung zeigt,
Daß man sich oft auch Feinde dauern läßt.
Olivia
.
So wär’s ja wohl zum Lächeln wieder Zeit.
O Welt! wie leicht wird doch der Arme stolz!
Soll man zur Beute werden, wie viel besser
Dem Löwen zuzufallen als dem Wolf!
Die Glocke schlägt.
Die Glocke wirft mir Zeitverschwendung vor. –
Seid ruhig, junger Freund! Ich will Euch nicht.
Und doch, kommt Witz und Jugend erst zur Reife,
So erntet Euer Weib ’nen feinen Mann.
Dorthin liegt Euer Weg, grad’ aus nach Westen!
Viola
.
Wohlauf, nach Westen!
Geleit’ Eu’r Gnaden Heil und froher Mut!
Ihr sagt mir, Fräulein, nichts für meinen Herrn?
Olivia
.
Bleib’!
Ich bitt’ dich, sage, was du von mir denkst.
Viola
.
Nun, daß Ihr denkt, Ihr seid nicht, was Ihr seid.
Olivia
.
Und denk’ ich so, denk’ ich von Euch dasselbe.
Viola
.
Da denkt Ihr recht: ich bin nicht, was ich bin.
Olivia
.
Ich wollt’, Ihr wärt, wie ich Euch haben wollte!
Viola
.
Wär’s etwas Bessers, Fräulein, als ich bin,
So wünsch ich’s auch; jetzt bin ich Euer Narr.
Olivia
.
O welch ein Maß von Hohn liebreizend steht
Im Zorn und der Verachtung seiner Lippe!
Verschämte Lieb’, ach! sie verrät sich schnell
Wie Blutschuld: ihre Nacht ist sonnenhell.
Cesario, bei des Frühlings Rosenjugend!
Bei jungfräulicher Sitt’ und Treu und Tugend!
So lieb’ ich dich, trotz meinem stolzen Sinn,
Daß ich des Herzens nicht mehr mächtig bin.
Verhärte nicht dich klügelnd durch den Schluß,
Du könntest schweigen, weil ich werben muß.
Nein, feßle lieber Gründe so mit Gründen:
Süß sei es, Lieb’ erflehn, doch süßer, Liebe finden.
Viola
.
Bei meiner Jugend! bei der Unschuld! nein!
Ein Herz, ein Busen, eine Treu’, ist mein,
Und die besitzt kein Weib; auch wird nie keine
Darüber herrschen, außer ich alleine.
Und Fräulein, so lebt wohl: nie klag’ ich Euerm Ohr
Die Seufzer meines Herren wieder vor.
Olivia
.
O komm zurück! Du magst dies Herz betören,
Ihn, dessen Lieb’ es haßt, noch zu erhören.
Beide ab.
¶
Zweite Szene
Ein Zimmer in Olivias Hause.
Junker Tobias, Junker Christoph und Fabio treten auf.
Junker Christoph
. Nein, wahrhaftig, ich bleibe keine Minute länger.
Junker Tobias
. Deinen Grund, lieber Ingrimm! sag deinen Grund!
Fabio
. Ihr müßt durchaus Euren Grund angeben, Junker Christoph.
Junker Christoph
. Ei, ich sah Eure Nichte mit des Grafen Diener freundlicher tun, als sie jemals gegen mich gewesen ist; drunten im Garten sah ich’s.
Junker Tobias
. Sah sie dich derweil auch, alter Knabe? Sag mir das!
Junker Christoph
. So deutlich, wie ich Euch jetzt sehe.
Fabio
. Das war ein großer
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